Elternfragen

Eltern fragen Elternfragen: Welchen Einfluss hat unsere vorgelebte Beziehung auf euch?

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Eltern fragen - die funky Redaktion antwortet.

Im Laufe der Zeit stellen Kinder ihren Eltern tausendundeine Frage. In dieser Rubrik soll der Spieß einfach mal umgedreht werden – und Eltern dürfen all das fragen, was sie schon immer über Jugendliche wissen wollten.

Hannah Kämpfer, funky-Jugendreporterin

Die Mutter einer 16-jährigen Tochter fragt: Welchen Einfluss hat unsere vorgelebte Beziehung auf euch?

Hannah aus der Jugendredaktion antwortet: Dass die vorgelebte Beziehung der eigenen Eltern einen Einfluss auf uns Kinder hat, ist unbestreitbar. Da Eltern für die meisten Kinder die ersten Bezugspersonen sind, orientieren sie sich an deren Verhalten und Vorlieben und übernehmen Maßstäbe, die als zunächst gegeben wahrgenommen werden.  Bis zum heutigen Tag ist es nicht untypisch, dass Kinder ähnliche oder sogar die gleichen Berufe ausüben wie ihre Eltern. In einer Welt mit einem Übermaß an Möglichkeiten gibt einem bereits Bekanntes ein Gefühl der Sicherheit, denn das Vorgelebte ist nicht nur theoretisch, sondern eindeutig möglich. 

Wird aber deutlich, dass die Beziehung der eigenen Eltern von fehlendem Vertrauen geprägt ist, kann das ebenfalls das Beziehungsleben des Kindes beeinflussen. Schließlich ist Vertrauen wichtig, um tiefgehende Bindungen aufzubauen. Auch eine Beziehung, die von viel Streit geprägt ist, kann dafür sorgen, dass Kinder ein unsicheres Umfeld gewohnt sind und diese Unsicherheit auch in späteren Beziehungen suchen. Und wenn zum Beispiel Schreien die primäre Kommunikationsform der Eltern ist, vermittelt das häufig den Eindruck, dies sei die einzige Möglichkeit, sich „bemerkbar“ zu machen und seine Bedürfnisse mitzuteilen – und wird so weitergegeben. 

Auch die vorgelebte Rollenverteilung wird als Orientierung herangezogen – zumindest bis man beginnt, sie zu hinterfragen. Klassische Familienbilder wie Vater-Mutter-Kind sind in der Regel der erste Bezugspunkt. Wenn die eigenen Gefühle dieser vorgelebten heteronormativen Beziehung nicht entsprechen, kann das dazu führen, dass an der Richtigkeit der Gefühle gezweifelt wird. Die eigene sexuelle Identität zu finden kann möglicherweise etwas länger dauern, wenn die Eltern nicht selbst Teil der LGBTQ+-Community sind. Kommunikation scheint hier ein wichtiges Stichwort zu sein, aber auch Bücher, Podcasts und andere Medien können dabei helfen, den eigenen Horizont zu erweitern.

Eltern als Fixpunkte können dann ins Wanken geraten, wenn Kinder mit anderen Lebensmodellen konfrontiert werden und in der Lage sind, zu reflektieren, was sich für sie selbst gut und richtig anfühlt. Und schließlich gibt es nicht nur euch, liebe Eltern: Auch andere Bezugspersonen können Beziehungsmuster beeinflussen, beispielsweise Freundinnen und Freunde.

Und auch im Generationsvergleich tut sich momentan einiges: Während viele Beziehungen der Elterngeneration noch monogam funktionierten – oder eben auch nicht –, wird heute eine Vielzahl an Beziehungsmodellen gelebt, die alle ihre Daseinsberechtigung haben. Offene und polyamoröse Beziehungen sind schon lange keine „untypischen“ Beziehungsmodelle mehr. Und auch die zunehmende Häufigkeit von „Bindungsproblemen“ scheint eher ein Problem der jüngeren Generation zu sein, als zwangsläufig nur die „Schuld“ der Eltern: Die Optionen scheinen endlos, um die Ecke wartet immer noch jemand Interessanteres.

Also: Ja, eure Beziehungen definieren unsere erste Vorstellung vom Miteinander. Doch wir sind nicht nur eure Kinder, sondern auch ein Produkt unserer Generation. Und die Vorstellung „Ich will das besser machen als meine Eltern“ scheint sowieso in jeder Elterngeneration vertreten zu sein. Aber sicherlich schadet es nicht, die eigene Rolle und zwischenmenschliche Verhaltensmuster ab und zu zu hinterfragen – schließlich müssen wir das als eure Kinder auch, wenn wir in die Welt hinausgehen. 

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