Wie wirken die großen Klassiker aus vergangenen Jahrzehnten aus heutiger Sicht? In dieser Rubrik widmen sich junge Augen alter Kunst.
Wann hast du dich das letzte Mal bewusst hingesetzt und ein komplettes Album von vorne bis hinten durchgehört? Bei mir ist das schon eine ganze Weile her. Inzwischen höre ich fast nur noch einen wilden Mix aus Genres und Künstler:innen in diversen Playlists. Dabei ist das Musikhören nicht eine aktive Beschäftigung, sondern viel mehr Hintergrundgeräusch beim Kochen, Aufräumen oder Lesen.
In der Generation meiner Eltern sah das noch anders aus. Ich erinnere mich an Erzählungen meines Vaters, wie er mit seinen Freund:innen mucksmäuschenstill den Klängen ihrer Lieblingsbands und -künstler:innen lauschte. Musikhören war also keine nebensächliche Tätigkeit, sondern ein ganz bewusster Genuss. Genau das möchte ich ausprobieren: Mich auf nichts anderes zu konzentrieren als die Musik und ein ganzes Album von vorne bis hinten durchhören. Für ein besonders authentisches Erlebnis habe ich meinen Vater nach seinen Lieblingsalben von früher gefragt. Der Gewinner: „Deep Purple in Rock“ aus dem Jahr 1970 der britischen Rockband „Deep Purple“.
Reingehört in „Deep Purple in Rock“
Schon bei den ersten Tönen der Platte merke ich: Das ist etwas ganz anderes, als ich es von heute kenne. Es geht mit einem fulminanten Gitarrensolo los, das einem direkt zu Beginn richtig einheizt. Diese Musik entspannt im Hintergrund hören? Das geht nicht. Sie verlangt förmlich danach, die volle Aufmerksamkeit seiner Hörer:innen zu bekommen. So wie es angefangen hat, geht es auf dem Rest des Albums weiter: Ständig wird der Rhythmus gewechselt und es gibt zahlreiche reinen Instrumentalparts. Viele Songs klingen zwischendurch wie ganz andere Lieder, es ist kaum eine eingängliche Melodie oder eine klare Struktur erkennbar. Auch die Texte lassen sich nicht auf ein Thema festlegen und Spielen mit einer Abwechslung aus leichten und ernsten Themen. Der Titel „Child in Time“ etwa ist mit Zeilen wie „See the blind man shooting at the world / Bullets flying, oh, taking toll“ als Anti-Vietnamkrieg-Hymne bekannt. In anderen Liedern geht es um Liebesbeziehungen oder die guten alten Zeiten des Rock’n’Roll. Es ist, als würde „Deep Purple“ einen mit auf eine Achterbahnfahrt mitnehmen, bei der man nie weiß, in welche Richtung es als nächstes geht. Die Songs lassen sich Zeit damit, sich zu entfalten, manche dauern sogar sieben oder zehn Minuten. Nicht zu vergleichen mit beliebten Tracks von heute.
Ganze Geschichten statt einzelner Kapitel
Nach insgesamt 43 Minuten und 29 Senkungen ist das Hörerlebnis dann auch schon wieder vorbei. Diese Musik fordert, dass man sich auf sie einlässt und aufmerksam zuhört. Als Hintergrundgeräusch, um von den eigenen Gedanken bei alltäglichen Beschäftigungen abgelenkt zu werden, ist sie nicht geeignet. Zu experimentell, zu abwechslungsreich, zu heraufordernd. Auch wenn es nicht meine Musik ist, würde ich mir in den Songs von heute vielleicht auch wieder etwas mehr Varianz und Mut wünschen, von der Formel Strophe, Bridge, Refrain abzuweichen. Vielleicht würde ich dann auch eher wieder ganze Alben bewusst anhören. Ich brauche nicht in jedem Track das Drama und eine Vielzahl an Instrumentalparts wie bei „Deep Purple“, sondern möchte mit einem Album wieder einer Geschichte lauschen, die nicht nur aus zusammenhangslosen Kapiteln besteht, sondern als Ganzes funktioniert.
Wie wirken die großen Klassiker aus vergangenen Jahrzehnten aus heutiger Sicht? In dieser Rubrik widmen sich junge Augen alter Kunst.
Wann hast du dich das letzte Mal bewusst hingesetzt und ein komplettes Album von vorne bis hinten durchgehört? Bei mir ist das schon eine ganze Weile her. Inzwischen höre ich fast nur noch einen wilden Mix aus Genres und Künstler:innen in diversen Playlists. Dabei ist das Musikhören nicht eine aktive Beschäftigung, sondern viel mehr Hintergrundgeräusch beim Kochen, Aufräumen oder Lesen.
In der Generation meiner Eltern sah das noch anders aus. Ich erinnere mich an Erzählungen meines Vaters, wie er mit seinen Freund:innen mucksmäuschenstill den Klängen ihrer Lieblingsbands und -künstler:innen lauschte. Musikhören war also keine nebensächliche Tätigkeit, sondern ein ganz bewusster Genuss. Genau das möchte ich ausprobieren: Mich auf nichts anderes zu konzentrieren als die Musik und ein ganzes Album von vorne bis hinten durchhören. Für ein besonders authentisches Erlebnis habe ich meinen Vater nach seinen Lieblingsalben von früher gefragt. Der Gewinner: „Deep Purple in Rock“ aus dem Jahr 1970 der britischen Rockband „Deep Purple“.
Reingehört in „Deep Purple in Rock“
Schon bei den ersten Tönen der Platte merke ich: Das ist etwas ganz anderes, als ich es von heute kenne. Es geht mit einem fulminanten Gitarrensolo los, das einem direkt zu Beginn richtig einheizt. Diese Musik entspannt im Hintergrund hören? Das geht nicht. Sie verlangt förmlich danach, die volle Aufmerksamkeit seiner Hörer:innen zu bekommen. So wie es angefangen hat, geht es auf dem Rest des Albums weiter: Ständig wird der Rhythmus gewechselt und es gibt zahlreiche reinen Instrumentalparts. Viele Songs klingen zwischendurch wie ganz andere Lieder, es ist kaum eine eingängliche Melodie oder eine klare Struktur erkennbar. Auch die Texte lassen sich nicht auf ein Thema festlegen und Spielen mit einer Abwechslung aus leichten und ernsten Themen. Der Titel „Child in Time“ etwa ist mit Zeilen wie „See the blind man shooting at the world / Bullets flying, oh, taking toll“ als Anti-Vietnamkrieg-Hymne bekannt. In anderen Liedern geht es um Liebesbeziehungen oder die guten alten Zeiten des Rock’n’Roll. Es ist, als würde „Deep Purple“ einen mit auf eine Achterbahnfahrt mitnehmen, bei der man nie weiß, in welche Richtung es als nächstes geht. Die Songs lassen sich Zeit damit, sich zu entfalten, manche dauern sogar sieben oder zehn Minuten. Nicht zu vergleichen mit beliebten Tracks von heute.
Ganze Geschichten statt einzelner Kapitel
Nach insgesamt 43 Minuten und 29 Senkungen ist das Hörerlebnis dann auch schon wieder vorbei. Diese Musik fordert, dass man sich auf sie einlässt und aufmerksam zuhört. Als Hintergrundgeräusch, um von den eigenen Gedanken bei alltäglichen Beschäftigungen abgelenkt zu werden, ist sie nicht geeignet. Zu experimentell, zu abwechslungsreich, zu heraufordernd. Auch wenn es nicht meine Musik ist, würde ich mir in den Songs von heute vielleicht auch wieder etwas mehr Varianz und Mut wünschen, von der Formel Strophe, Bridge, Refrain abzuweichen. Vielleicht würde ich dann auch eher wieder ganze Alben bewusst anhören. Ich brauche nicht in jedem Track das Drama und eine Vielzahl an Instrumentalparts wie bei „Deep Purple“, sondern möchte mit einem Album wieder einer Geschichte lauschen, die nicht nur aus zusammenhangslosen Kapiteln besteht, sondern als Ganzes funktioniert.
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