Interview

Live Action Role Playing: Heute schüchterne Elfe, morgen mutige Teamleaderin

Beim Live Action Roleplaying kann man immer wieder in fremde Welten eintauchen.
Beim Live Action Roleplaying kann man immer wieder in fremde Welten eintauchen.

Larissa Menne, funky-Jugendreporterin

Für eine kurze Zeit mal jemand anderes zu sein und in fremde Welten abzutauchen, ist für viele Menschen eine spannende Vorstellung und ein willkommener Bruch mit dem Alltag. Das Hobby Live Action Role Playing, kurz LARP, lässt diese Fantasie Wirklichkeit werden. Auch Jessika Ständer, 28, und Mercedes Buyala, 48, schlüpfen in ihrer Freizeit mit Vorliebe in andere Rollen und veranstalten als Mitglieder der LARP-Community „Twilight-Team“ in Köln, aber auch deutschlandweit selbst Rollenspiele. Im Interview erzählen die beiden, woher sie Ideen für die ausgefallenen Outfits nehmen und was man braucht, um selbst mit dem „Larpen“ loslegen zu können.

Mercedes Buyala
(c) Frederik Klaus

Liebe Jessika und Mercedes, was genau ist eigentlich Live Action Role Playing?
Mercedes Buyala: Beim Live Action Role Playing schlüpft man in eine Rolle und erlebt in einer fiktiven Welt Abenteuer. Dabei interagiert man miteinander und denkt sich für den eigenen Charakter eine Geschichte aus. Es ist möglich, dass man vom Spielleiter oder der Spielleiterin eine Rolle zugeteilt bekommt, die man nur einmal spielt, man kann sich aber auch selbst eine Rolle ausdenken und diese dann über Jahre hinweg entwickeln. Neben dem Rollenspiel selbst gehört auch das Entwerfen von Gewandungen – so heißen die Outfits bei uns – dazu. Thematisch sind die Rollenspiele sehr weit gefächert, von Mittelalter bis Harry Potter ist bei den deutschlandweit 1000 Veranstaltungen im Jahr alles dabei.

Was begeistert euch am LARP?
Jessika Ständer: Es ist ein sehr kreatives Hobby, vom Entwickeln der Handlungsideen bis hin zum Entwerfen und Nähen der Gewandung. Das ist unglaublich vielseitig und ermöglicht eine Persönlichkeitsentwicklung ­– sowohl für mich selbst, da ich  ganz neue Facetten meines Charakters kennengelernt habe, als auch für die Rolle, die ich spiele, und die innerhalb des Rollenspiels viele unterschiedliche Situationen erlebt.

Mercedes: Mich fasziniert das gemeinsame Eintauchen in eine andere Welt und das miteinander agieren. Der eigene Background spielt keine Rolle. Es kann durchaus vorkommen, dass eine Bäckerin Anfang 20 mit einem 60-jährigen Zahnarzt und einem Grundschüler gemeinsam am Lagerfeuer sitzt und dabei tolle Begegnungen entstehen. LARP verbindet Menschen über Generationen hinweg. Die Altersspanne reicht von Kindern bis zu über 70-Jährigen und es entsteht ein ganz besonderes Teamgefühl, das im Alltag so nicht entsehen würde.

Wie seid ihr zu „Larper“ geworden?
Jessika: In der Schule ist mir eine Freundin mit einem coolen Outfit aufgefallen. Sie hat mir erzählt, dass es sich dabei um ihre LARP-Gewandung handelt. Sie mich zu einer Veranstaltung mitgenommen und ich habe es selbst ausprobiert. Es hat mir großen Spaß gemacht und als Spielleitung, die als eine Art Regisseur alles koordiniert, konnte ich nach und nach die Vielseitigkeit des Hobbys kennenlernen.

Mercedes: Ich habe meine ersten LARP-Erfahrungen auch gemeinsam mit Freunden gesammelt. Wir sind über Flyer auf die Veranstaltungen aufmerksam geworden. Ich erinnere mich, dass mein erstes Rollenspiel im November in einem Wald stattfand, wo Zelte aufgebaut waren. Obwohl es ziemlich ungemütlich war, hat es mir sehr viel Spaß gemacht und mich hat die Abenteuerlust vollends gepackt.

Woher nehmt ihr Themenideen für Veranstaltungen oder Gewandungen?
Jessika: Häufig mache ich mir Gedanken, welche Charaktereigenschaft ich gerne einmal ausprobieren möchte und schaue dann, welche Figur dazu passen könnte. Da kann von der schüchternen Elfe bis zum mutigen Teamleader alles dabei sein. So entstehen immer wieder neue Ideen. Natürlich ziehen wir unsere Inspirationen auch aus Computerspielen, Filmen und Büchern.

Jessika Ständer beim LARP
(c) Mark Schwott

Gibt es viele Vorurteile über das „Larpen“? Wie steht ihr dazu?
Jessika: Häufig hören wir, es sei ein sehr nerdiges Hobby, aber das stimmt nicht. Alle Gesellschafts- und Altersschichten sind vertreten. Es bietet sich immer an, einfach mal vorurteilsfrei reinzuschnuppern und die Mischung aus Abenteuer und Gemeinschaft selbst zu erleben.

Mercedes: Sich verkleiden und mit Schaumstoffwaffen herumlaufen, das ist doch nur etwas für Kinder – so etwas höre ich häufig. Dabei ist Spielen etwas Urmenschliches und ermöglicht es, vom Alltag abzuschalten und auch das Handy einfach mal wegzulegen.

Wie viel Zeit investiert ihr in das Hobby?
Mercedes: Das kann man handhaben, wie man möchte. Man kann nur ein- oder zweimal im Jahr zu einer Veranstaltung gehen oder jede Woche. Dazu kommt dann die Zeit, in der man seine Rolle entwickelt und an der Gewandung arbeitet. Manche schreiben auch Tagebuch über die Erlebnisse ihres Charakters oder stellen Requisiten selbst her. Wenn man wie wir auch an der Organisation von Veranstaltungen beteiligt ist, erfordert das noch sehr viel mehr Zeit. Dazu zählen das Schreiben von Geschichten, die Planung des Ablaufs bis hin zur Koordination von An- und Abreise. Da steckt ganz viel Ehrenamt und Leidenschaft dahinter.

Was macht euch bei den Veranstaltungen am meisten Spaß?
Jessika: Tatsächlich sind es die kleinen Erlebnisse, beispielsweise, wenn man sieht, wie sich eine einzigartige Welt aus einer Idee entfaltet. Hinzu kommt für mich, dass ich mich kreativ ausleben und mit ganz unterschiedlichen Menschen interagieren kann.

Mercedes: Da kann ich nur zustimmen. Das Hobby bringt Menschen zusammen, die gemeinsam verschiedene Situationen erleben und ihre Ideen teilen. Kurz gesagt: LARP ist nicht ergebnis-, sondern erlebnisorientiert und jedes Mal sehr vielseitig.

Welche Tipps habt ihr für Interessierte, die auch gerne mit dem Live Action Role Playing anfangen möchten?
Mercedes: Am besten schaut ihr erst einmal im Internet bei larp.net nach Veranstaltungen in eurer Nähe und schnuppert hinein. Es lohnt sich, über den eigenen Schatten zu springen und sich zu trauen, um wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Häufig gibt es auch Events eigens für Anfängerinnen und Anfänger, wo Interessierte in die LARP-Welt mitgenommen werden.

Jessika: Genau! Um anzufangen braucht ihr gar nicht viel, außer Interesse und ein wenig Mut. Gewandungen kann man auch ausleihen oder gemeinsam entwickeln. Auch wer nicht von Anfang an selbst in eine andere Rolle schlüpfen möchte, kann sich beim Make-up oder bei der Technik engagieren und so erste Eindrücke sammeln.

Du willst mehr? Du bekommst mehr!

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.