Die Lebensrealitäten in der Stadt und auf dem Land unterscheiden sich teilweise gravierend – insbesondere für junge Menschen. Vom Schulweg über die Wochenenden bis hin zum Thema Religion: Unsere beiden Jugendreporterinnen Alicia Homann und Larissa Menne erzählen von ihrem Alltag auf dem Land beziehungsweise in der Stadt.
Felix Krassa, funky-Jugendreporter
Es ist Montagmorgen – eine neue Woche beginnt und du musst zur Schule, Arbeit oder zur Uni. Wie sieht dein Weg dahin aus? Larissa Menne: Da ich in einem kleinen Ort wohne, fahre ich mit dem Fahrrad zum Bahnhof. Von dort aus nehme ich den Zug zur Unistadt und dann brauche ich vom Zielbahnhof aus noch einmal zehn Minuten bis zur Uni. Insgesamt bin ich ungefähr eine Stunde unterwegs.
Larissa Menne
Alicia Homann: Ich gehe aus dem Haus, dann warte ich zwei bis drei Minuten auf die U-Bahn und fahre eine gute halbe Stunde bis ans andere Ende der Stadt. Dann laufe ich noch einmal zehn Minuten und bin auf der Arbeit. Ich brauche ungefähr eine Dreiviertelstunde von Tür zu Tür.
Eine Familienfeier steht vor der Tür. Wie sieht das Treffen aus?
Larissa: Meistens treffen wir uns bei meiner Oma, sie wohnt im gleichen Dorf wie ich und meine Familie. Wir spielen meistens Brettspiele oder tauschen Erinnerungen aus. Manchmal werden auch Fotoalben angeschaut.
Alicia: Mit meinen Eltern, die getrennt leben, unternehme ich meistens zu meinem Geburtstag etwas. Dann gehen wir ganz entspannt irgendwo essen. Ansonsten koche ich viel mit meiner Familie, wir gehen manchmal ins Theater oder ins Kino. Wenn aber meine restliche Familie aus anderen Städten mal nach Berlin kommt, wollen sie sich Sehenswürdigkeiten anschauen und abends gehen wir ins Restaurant, meistens etwas, das es in unserer Region nicht gibt, zum Beispiel sudanesisch.
Alicia Homann
Es ist Samstagabend und du hast etwas mit Freund:innen vor. Was macht ihr? Larissa: Wir gehen essen oder ins Kino. Zum Ziel kommen wir entweder mit dem Zug oder eine von uns fährt mit dem Auto und sammelt die anderen ein. Der Zug fährt aber nur jede Stunde und abends fährt er zum letzten Mal um 22:30 Uhr. Das wird dann bei der letzten Vorstellung im Kino schon schwierig, da bleibt einem gar nichts anderes übrig als mit dem Auto zu fahren.
Alicia: Meine Freundesgruppe verabredet sich meistens sehr spontan. Man schreibt sich am selben Tag und fragt, was am Abend so anliegt. Dann diskutieren wir lange hin und her und am Ende gehen wir immer in unsere Stammbar in Schöneberg, eine von den alteingesessenen Berliner Bars. Irgendwann später am Abend geht man vielleicht noch in den Club. Im Sommer sind wir auch oft im Park und spielen dort Bierball.
Du kommst abends spät nach Hause, öffnest hungrig die Kühlschranktür und merkst, es ist nichts mehr zu essen da. Was tust du? Larissa: Improvisieren. Vielleicht hat man noch irgendwas Eingefrorenes da. Eine andere Notfalllösung wäre der Pizzalieferservice, obwohl das auch nur bis Mitternacht geht.
Alicia: Ich würde zum Dönerladen gehen, der hat sehr wahrscheinlich noch offen. Ich glaube sogar bis vier Uhr morgens.
„Ich habe mich geweigert, die Konfirmation zu machen.“
Alicia
Es ist spät geworden und du musst nachts nach Hause. Empfindest du deinen Heimweg als sicher? Larissa: Ja, auf jeden Fall. Ich kenne mich gut aus und weiß, welche Wege ich gehen muss. Bei uns in der Gegend ist es sehr ruhig und es gibt wenig Autoverkehr. Da fühle ich mich sicherer, als wenn viele Menschen unterwegs sind. Größtenteils ist das bestimmt auch Gewöhnungssache, weil es meine vertraute Umgebung ist.
Alicia: Es kommt darauf an, von wo aus ich fahre. Einige Gegenden sind sicherer als andere. Öffentliche Verkehrsmittel, also Nachtbus, U-Bahn oder S-Bahn sind nicht gerade leer. Die Frage ist aber, wie sicher man sich fühlen kann, wenn man mit vielen betrunkenen Menschen in einer Bahn sitzt. Wenn ich mich ganz unsicher fühle, würde ich mir ein Taxi rufen. Die E-Roller gibt es auch noch.
Welche Rolle spielt Religion bei dir zu Hause? Larissa: Ich bin mit dem christlichen Glauben aufgewachsen. Ich war bei den Pfadfindern und Messdienerin, sodass es für mich persönlich auf jeden Fall eine Rolle spielt.
Alicia: Gar keine. Ich habe mich geweigert, die Konfirmation zu machen. Das fanden meine Eltern zwar nicht so gut, aber sie konnten mich ja nicht zwingen.
„Für Leute auf dem Land ist es schwieriger, das 9-Euro-Ticket überhaupt nutzen zu können.“
Larissa
In letzter Zeit wird viel darüber debattiert, ob Menschen, die auf dem Land leben, in unserer Gesellschaft ins Abseits geraten. Wie nimmst du das wahr? Larissa: Es kommt auf das Alter an. Junge Menschen eher als Ältere. Viele Neuentwicklungen sind auf dem Land erst später oder gar nicht nutzbar. Beim 9-Euro-Ticket hat man das gemerkt. Generell haben es wahrscheinlich mehr junge als alte Menschen genutzt, aber für Leute auf dem Land ist es schwieriger, es überhaupt nutzen zu können. Das Gleiche gilt für den öffentlichen Nahverkehr oder die Gesundheitsversorgung. Aber auch die Schulen sind oft schlechter ausgestattet und haben teilweise nicht einmal WLAN.
Alicia: Ich würde schon sagen, dass es große Vorteile hat, in der Stadt zu leben. Der ÖPNV ist in ländlichen Gebieten nicht gut ausgebaut. Auch wenn man sich um das Klima sorgt, hat man dort ja praktisch keine andere Wahl, als das Auto zu nehmen, wenn der Bus nur einmal am Tag kommt. Ein anderer Punkt sind Freizeitangebote. Ich bin im Jugendclub des Deutschen Theaters, das ist ein Schauspielkurs, für den man sich bewerben kann. Solche Angebote gibt es vor allem in Städten. Wenn du im Dorf wohnst, gibt es vielleicht überhaupt kein Theater in der Nähe. Solche Möglichkeiten zu haben, ist, denke ich, schon wichtig, um Abwechslung im Alltag zu haben. Das ist aus meiner Sicht ein Nachteil für Jugendliche auf dem Land. Ich muss dazu sagen: Meine Sichtweise ist auch eine privilegierte und ich kann nicht für alle Menschen aus der Stadt sprechen.
Die Lebensrealitäten in der Stadt und auf dem Land unterscheiden sich teilweise gravierend – insbesondere für junge Menschen. Vom Schulweg über die Wochenenden bis hin zum Thema Religion: Unsere beiden Jugendreporterinnen Alicia Homann und Larissa Menne erzählen von ihrem Alltag auf dem Land beziehungsweise in der Stadt.
Es ist Montagmorgen – eine neue Woche beginnt und du musst zur Schule, Arbeit oder zur Uni. Wie sieht dein Weg dahin aus?
Larissa Menne: Da ich in einem kleinen Ort wohne, fahre ich mit dem Fahrrad zum Bahnhof. Von dort aus nehme ich den Zug zur Unistadt und dann brauche ich vom Zielbahnhof aus noch einmal zehn Minuten bis zur Uni. Insgesamt bin ich ungefähr eine Stunde unterwegs.
Alicia Homann: Ich gehe aus dem Haus, dann warte ich zwei bis drei Minuten auf die U-Bahn und fahre eine gute halbe Stunde bis ans andere Ende der Stadt. Dann laufe ich noch einmal zehn Minuten und bin auf der Arbeit. Ich brauche ungefähr eine Dreiviertelstunde von Tür zu Tür.
Eine Familienfeier steht vor der Tür. Wie sieht das Treffen aus?
Larissa: Meistens treffen wir uns bei meiner Oma, sie wohnt im gleichen Dorf wie ich und meine Familie. Wir spielen meistens Brettspiele oder tauschen Erinnerungen aus. Manchmal werden auch Fotoalben angeschaut.
Alicia: Mit meinen Eltern, die getrennt leben, unternehme ich meistens zu meinem Geburtstag etwas. Dann gehen wir ganz entspannt irgendwo essen. Ansonsten koche ich viel mit meiner Familie, wir gehen manchmal ins Theater oder ins Kino. Wenn aber meine restliche Familie aus anderen Städten mal nach Berlin kommt, wollen sie sich Sehenswürdigkeiten anschauen und abends gehen wir ins Restaurant, meistens etwas, das es in unserer Region nicht gibt, zum Beispiel sudanesisch.
Es ist Samstagabend und du hast etwas mit Freund:innen vor. Was macht ihr?
Larissa: Wir gehen essen oder ins Kino. Zum Ziel kommen wir entweder mit dem Zug oder eine von uns fährt mit dem Auto und sammelt die anderen ein. Der Zug fährt aber nur jede Stunde und abends fährt er zum letzten Mal um 22:30 Uhr. Das wird dann bei der letzten Vorstellung im Kino schon schwierig, da bleibt einem gar nichts anderes übrig als mit dem Auto zu fahren.
Alicia: Meine Freundesgruppe verabredet sich meistens sehr spontan. Man schreibt sich am selben Tag und fragt, was am Abend so anliegt. Dann diskutieren wir lange hin und her und am Ende gehen wir immer in unsere Stammbar in Schöneberg, eine von den alteingesessenen Berliner Bars. Irgendwann später am Abend geht man vielleicht noch in den Club. Im Sommer sind wir auch oft im Park und spielen dort Bierball.
Du kommst abends spät nach Hause, öffnest hungrig die Kühlschranktür und merkst, es ist nichts mehr zu essen da. Was tust du?
Larissa: Improvisieren. Vielleicht hat man noch irgendwas Eingefrorenes da. Eine andere Notfalllösung wäre der Pizzalieferservice, obwohl das auch nur bis Mitternacht geht.
Alicia: Ich würde zum Dönerladen gehen, der hat sehr wahrscheinlich noch offen. Ich glaube sogar bis vier Uhr morgens.
Es ist spät geworden und du musst nachts nach Hause. Empfindest du deinen Heimweg als sicher?
Larissa: Ja, auf jeden Fall. Ich kenne mich gut aus und weiß, welche Wege ich gehen muss. Bei uns in der Gegend ist es sehr ruhig und es gibt wenig Autoverkehr. Da fühle ich mich sicherer, als wenn viele Menschen unterwegs sind. Größtenteils ist das bestimmt auch Gewöhnungssache, weil es meine vertraute Umgebung ist.
Alicia: Es kommt darauf an, von wo aus ich fahre. Einige Gegenden sind sicherer als andere. Öffentliche Verkehrsmittel, also Nachtbus, U-Bahn oder S-Bahn sind nicht gerade leer. Die Frage ist aber, wie sicher man sich fühlen kann, wenn man mit vielen betrunkenen Menschen in einer Bahn sitzt. Wenn ich mich ganz unsicher fühle, würde ich mir ein Taxi rufen. Die E-Roller gibt es auch noch.
Welche Rolle spielt Religion bei dir zu Hause?
Larissa: Ich bin mit dem christlichen Glauben aufgewachsen. Ich war bei den Pfadfindern und Messdienerin, sodass es für mich persönlich auf jeden Fall eine Rolle spielt.
Alicia: Gar keine. Ich habe mich geweigert, die Konfirmation zu machen. Das fanden meine Eltern zwar nicht so gut, aber sie konnten mich ja nicht zwingen.
In letzter Zeit wird viel darüber debattiert, ob Menschen, die auf dem Land leben, in unserer Gesellschaft ins Abseits geraten. Wie nimmst du das wahr?
Larissa: Es kommt auf das Alter an. Junge Menschen eher als Ältere. Viele Neuentwicklungen sind auf dem Land erst später oder gar nicht nutzbar. Beim 9-Euro-Ticket hat man das gemerkt. Generell haben es wahrscheinlich mehr junge als alte Menschen genutzt, aber für Leute auf dem Land ist es schwieriger, es überhaupt nutzen zu können. Das Gleiche gilt für den öffentlichen Nahverkehr oder die Gesundheitsversorgung. Aber auch die Schulen sind oft schlechter ausgestattet und haben teilweise nicht einmal WLAN.
Alicia: Ich würde schon sagen, dass es große Vorteile hat, in der Stadt zu leben. Der ÖPNV ist in ländlichen Gebieten nicht gut ausgebaut. Auch wenn man sich um das Klima sorgt, hat man dort ja praktisch keine andere Wahl, als das Auto zu nehmen, wenn der Bus nur einmal am Tag kommt. Ein anderer Punkt sind Freizeitangebote. Ich bin im Jugendclub des Deutschen Theaters, das ist ein Schauspielkurs, für den man sich bewerben kann. Solche Angebote gibt es vor allem in Städten. Wenn du im Dorf wohnst, gibt es vielleicht überhaupt kein Theater in der Nähe. Solche Möglichkeiten zu haben, ist, denke ich, schon wichtig, um Abwechslung im Alltag zu haben. Das ist aus meiner Sicht ein Nachteil für Jugendliche auf dem Land. Ich muss dazu sagen: Meine Sichtweise ist auch eine privilegierte und ich kann nicht für alle Menschen aus der Stadt sprechen.
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