Meine Mutter, ihr Freund, mein Halbbruder und ich: Urlaub mit der Patchworkfamilie

Urlaub
Letztendlich hängt es an den Menschen, ob ein Urlaub gelingen kann.
Marley Ebelt, funky-Jugendreporterin

Was für viele wie der Titel einer schlechten Familienkomödie klingt, gehört für die 15-jährige Naomi* zum Alltag. Sie lebt mit ihrer Mutter Rebecca, deren Freund Liam und ihrem zweijährigen Halbbruder David in einer Patchworkfamilie. Und gerade in der Ferienzeit bringt das eine große Herausforderung mit sich – den Urlaub.

Doch inwiefern unterscheidet sich der Urlaub in der neuen Konstellation von den Ferien mit der „klassischen“ Familie? „Dadurch, dass ich nicht Liams leibliches Kind bin, komme ich mir oft wie ein nerviges Anhängsel vor“, erzählt Naomi. „Aber generell ist es, glaube ich, egal, ob man mit seiner leiblichen Familie oder einer Patchworkfamilie in den Urlaub fährt – Konflikte gibt es immer.“ So wurde ihr beispielsweise oft Handyverbot erteilt und sowohl ihre Mutter als auch Liam schrien sie an – Naomi zufolge häufig auch ohne Grund. Das sei aber gar nicht unbedingt nur im Urlaub so, auch wenn es hier zusätzlich noch an Rückzugsorten mangelt.

Probleme gäbe es jedoch sowohl im Urlaub als auch zu Hause, und zwar in jeder Familie. Für Naomi ist vor allem eines schwer zu ertragen: „Alle konzentrieren sich immer nur auf David und seine Probleme. Einfach, weil er ein so kleines Kind ist. Früher habe ich noch versucht, meine Mutter auf meine Probleme anzusprechen oder ihr zu sagen, dass ich mich benachteiligt fühle. Sie hat mir nicht zugehört. Es hat niemanden wirklich interessiert, deswegen habe ich es dann gelassen und mich selbst darum gekümmert.“

Manchmal muss Naoimi auch auf David aufpassen –  aber das gehöre ja nun mal dazu. Sie gibt nicht ihm die Schuld daran, dass es für sie und ihre Probleme weniger Raum zu geben scheint: „Ich kenne das auch aus anderen Familien mit deutlich jüngeren Kindern, da wird die Aufmerksamkeit einfach ungleich aufgeteilt.“ In den letzten Jahren war es auch eher eine Seltenheit, mehrere Tage am Stück mit ihrer Mutter allein zu verbringen. „Einmal war ich mit ihr allein im Urlaub. Aber das ist schon Jahre her“, erinnert sich Naomi. „Dabei finde ich es schön, Zeit mit meiner Mutter zu verbringen. Nur leider passt das oft nicht in den Alltag hinein.“

In den Familienurlauben zieht sich Naomi auch mal zurück. Die ganze Zeit aufeinander zu hängen birgt einfach zu viel Konfliktpotenzial.  „Und es gibt auch Tage, an denen meine Mutter auch mal Zeit für sich allein haben will“, erzählt sie. Egal, ob im Urlaub oder im Alltag – für Naomi ist das Patchworkfamilienleben herausfordernd und manchmal sogar ganz schön schwierig.  „Ich bin mir aber sicher, dass auch Kinder, die mit ihren leiblichen Eltern Ferien machen, ähnliche Probleme haben“, räumt sie ein. Letzten Endes hängt  es wohl auch weniger von der Familienform ab, wie ein gemeinsamer Urlaub verläuft, sondern vor allem von den Menschen, die dabei sind. Ein richtiges Familiengefühl kommt bei Naomi jedoch nur selten auf: „Meine Mutter und David –  ja, das ist für mich Familie. Liam – keine Ahnung. Aber auch Familie kann man sich nicht aussuchen, schätze ich.“


*Alle Namen von der Redaktion geändert

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