Meinung

Mythos Überbevölkerung: Wir sind nicht „zu viele“

Viele Menschen gehen über einen Zebrastreifen.
Bevölkerungswachstum eindämmen, um Klimaneutralität zu erreichen. Diese Aussage ist nicht nur eine Falschinformation, sondern auch menschenfeindlich.

In ihrer Kolumne „faircheckt“ beschäftigt sich Sonja alle vier Wochen mit Themen aus dem Bereich der sozialen Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.

Sonja Walke, funky-Jugendreporterin
Sonja_Walke

Vielleicht bist du in Diskussionen über Klimaschutz auch schon mal der Ansicht begegnet, dass einfach zu viele Menschen auf der Erde leben und wir uns auf dem Weg zur Klimaneutralität damit auseinandersetzen müssten, wie man das Bevölkerungswachstum eindämmen könnte. Woher diese Erzählung stammt und weshalb sie nicht haltbar ist, hat sich unsere Jugendreporterin Sonja einmal angeschaut.

Dass Umweltschutz nicht nur von „woken“ Klimaaktivist*innen betrieben wird, sondern auch von rechtsgesinnten Personen(gruppen) zum Leitthema erklärt werden kann, war mir ja bewusst. Trotzdem finde ich es immer wieder erschreckend, wie menschenfeindliche Aussagen, Erzählungen und Forderungen sich ihren Weg in den Mainstream bahnen. Ein Beispiel dafür ist das vermeintliche Problem der Überbevölkerung.

Zurückverfolgen lässt sich diese Überlegung bis zu Paul Ehrlichs Buch The Population Bomb von 1968 sowie zu Thomas Robert MalthusEssay on the Principle of Population“ von 1798. Oft geht sie mit der Forderung einher, das Bevölkerungswachstum – vor allem in den weniger reichen Ländern des Globalen Südens – zu kontrollieren.

Diese Forderung ist meiner Auffassung nach nicht nur menschenfeindlich, sondern beruht auch auf falschen Annahmen. Das wird spätestens dann deutlich, wenn man den CO2-Ausstoß verschiedener Länder und Personen betrachtet. Denn dann fällt auf, dass Menschen in Ländern wie Kanada, den USA und Deutschland im Schnitt deutlich mehr klimaschädliche Treibhausgase ausstoßen als Menschen in Indien, Afghanistan oder Ghana. Studien von Oxfam, aber auch die Berichte des Weltklimarats IPCC zeigen: Verantwortlich für den Großteil der weltweiten Emissionen sind vor allem einige wenige reiche Menschen und ihr Lebensstil. Dem Bevölkerungswachstum im Globalen Süden entgegenzuwirken, würde uns bei der Bewältigung der Klimakrise daher vermutlich gar nicht weiterbringen.

Heißt das also, wir sollten zumindest in reicheren Ländern die Zahl der Geburten regulieren? Ich finde: Nein, denn flächendeckend wäre das nur über politische Regulierungen zu erreichen, zum Beispiel durch die Einführung einer „Ein-Kind-Politik“ oder schlimmstenfalls durch Zwangs-Sterilisationen. Doch Menschen vorzuschreiben, ob und wie viele Kinder sie bekommen, ist mit den Menschenrechten schlichtweg nicht vereinbar – und die sind nicht verhandelbar.

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