Meinung

Fünf journalistische Glossen, die man 2025 echt nicht mehr braucht

Einige journalistische Glossen haben definitiv ausgedient.
Einige journalistische Glossen haben definitiv ausgedient.
Judith Abrahams, funky-Jugendreporterin

Ich mag Sprache. Ich mag Journalismus. Und ich mag Humor – solange er nicht auf Kosten von Menschen geht, die sowieso schon ständig zur Zielscheibe werden. Was ich nicht mag: Glossen, die so vorhersehbar sind wie der erste Kommentar unter einem feministischen Instagram-Reel und Texte, die vorgeben, kritisch zu sein, in Wirklichkeit aber nur müde Pointen abliefern – oft auf dem Rücken von Leuten wie mir: weiblich, nicht weiß, jung. Diese fünf Glossen haben 2025 wirklich ausgedient.

1. Die „Früher war alles besser – sogar der Humor“-Glosse

Perlen wie diese kommen meistens aus Redaktionen, die sich selbst für wahnsinnig klug halten. Der Plot: Damals konnte man noch „alles sagen“, heute sei „Wokeness“ der Untergang der freien Meinungsäußerung. Dabei geht’s ziemlich selten um Humor – und ziemlich oft um Macht. Oder die Angst, sie nicht mehr unkommentiert ausspielen zu dürfen.

2. Die „TikTok ist das Ende der Zivilisation“-Glosse

Es wird unangenehm, wenn Menschen über 40 TikTok analysieren. Wirklich.

Diese Glossen schwanken zwischen Kulturpessimismus und dem peinlichem Versuch, jugendlich zu klingen. Statt sich über Tanzvideos lustig zu machen, könnte man mal schauen, was auf TikTok sonst noch passiert: Aktivismus, Bildung, Perspektiven, die im Print oft keinen Platz finden.

Vielleicht liegt das Problem also nicht bei der App, sondern am Blickwinkel.

3. Die „Gendern zerstört unsere Sprache“-Glosse

Diese Glosse ist der „Klassiker“ schlechthin, der sich hartnäckiger hält als jede alte Rechtschreibregel. Immer wieder dieselbe Argumentation: unnatürlich, unästhetisch, übertrieben. Aber meistens geht es gar nicht um Sprache, sondern darum, dass sich durch das Gendern plötzlich gesellschaftliche Verhältnisse verschieben – wer mitgedacht wird, wer sichtbar wird. Und das ist dann wohl das eigentliche Problem.

4. Die „Woke ist das neue Böse“-Glosse

„Woke“ ist mittlerweile das Lieblingswort aller, die sich über alles aufregen, was nicht weiß, männlich und unpolitisch ist. Diese Glossen tun so, als würde es die Meinungsfreiheit bedrohen, wenn man keine rassistischen Witze mehr machen darf. Als wäre Satire nur dann mutig, wenn sie auf Menschen tritt, die keine Lobby haben. Breaking News: Guter Humor tritt nach oben – nicht nach unten.

5. Die „Jugend hat keine Werte mehr“-Glosse

Solche Gedanken werden meistens von Leuten formuliert, die nicht mit uns jungen Menschen reden, sondern nur über uns schreiben. Der Plot: Die „Generation Z“ sei zu weich, zu sensibel, zu wenig belastbar. Keine Disziplin, kein Durchhaltevermögen – aber ständig Triggerwarnungen und Mental-Health-Pausen. Dabei ist es keine Schwäche, Dinge zu hinterfragen, die früher als „normal“ galten. Das nennt sich Bewusstsein. Und ehrlich gesagt: Wer den Klimawandel, soziale Ungleichheit und psychischen Druck gleichzeitig stemmen soll, darf auch mal müde sein.

Also, liebe Redaktionen, hört doch bitte endlich auf, auf abgenutzte Witze zu setzen, die längst niemanden mehr zum Schmunzeln bringen, und beweist doch stattdessen mal Mut zu einer echten, zeitgemäßen Auseinandersetzung mit der Welt von heute!

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Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.