Nele Heimann, funky-Jugendreporterin
Wer die sozialen Medien öffnet, dem springen Hautpflege-Routinen von Influencerinnen und Werbung für Rotlichtmasken, Gua Shas und Seren entgegen. Auch das Angebot in den Drogerien ist schier überwältigend. Wer soll da den Überblick behalten? Die Dermatologin Ruo-Xi Yu klärt auf ihrer Instagram-Seite über Hautgesundheit auf und hostet mit ihrer Kollegin Johanna Meinhard den Podcast „Hautgeschichten – Der Podcast für Dermatologie“, in dem sie unter anderem über Akne oder die Reaktion der Haut auf Tätowierungen und Piercings thematisieren. Im Interview stellt sich die Dermatologin den Fragen rund um die richtige Hautpflege.
Liebe Ruo-Xi, der Skincare-Markt boomt, ständig gibt es neue Trends, denen man folgen sollte, wenn man endlich die reinste Haut haben möchte. Wie siehst du als Dermatologin diese Entwicklung?
Ruo-Xi Yu: Dass sich Menschen mit ihrer Hautgesundheit auseinandersetzen, finde ich grundsätzlich positiv. Gleichzeitig haben wir es mit einer großen Informationsflut zu tun und ich glaube, das führt teilweise auch zu Unsicherheiten und Überforderung.
Es gibt viele ‚Skinfluencer‘, die Produkte gezielt empfehlen und über Wirkstoffe aufklären. Auch du klärst über Skincare auf. Wie kann man sich im Dschungel der Empfehlungen am besten zurechtfinden?
Das ist tatsächlich schwierig. Ein Stichwort wäre wissenschaftliche Evidenz oder eine gewisse Autorität in dem Bereich, wie Fachärzt:innen oder Chemiker:innen sie haben. Es gibt viele Titel, die nichts heißen, auf Social Media findet sich oft die Bezeichnung „Expert:in für gesunde Haut“. Hellhörig sollte man auch bei Aussagen werden, die zu gut klingen, um wahr zu sein, wie „Warum dir dein Arzt diesen einen Trick nicht zeigt“.
Wie finde ich heraus, was mein Hauttyp ist – und muss die Hautpflege-Routine darauf abgestimmt werden?
Der Hauttyp ist nicht immer eindeutig, es handelt sich um ein Spektrum. Mischhaut ist etwas, das im Grunde jeder und jede ht. Es gibt unterschiedliche Gesichtsareale, die unterschiedlich viel Talg produzieren – die Nase glänzt zum Beispiel mehr als das Augenlid. Empfindliche Haut lässt sich dadurch abgrenzen, dass man bestimmte Sachen auf diesen Partien nicht verträgt, die andere problemlos vertragen. Zur Hautpflege-Routine: Je trockener die Haut ist, desto mehr Fett braucht sie, beispielsweise reichhaltige Cremes. Wenn sie eher fettig ist, muss sie entfettet und gründlich gewaschen werden. Manchmal muss man ein wenig herumprobieren, um zu herauszufinden, was der Haut guttut.
Jeder, der sagt ,Lass dieses eine Lebensmittel weg‘, hat unrecht – das gibt es nicht.
Ruo-Xi Yu
Welchen Trend findest du besonders bedenklich?
Den DIY-Trend, wie selbstgemachte chemische Peelings oder auch Sonnenschutzprodukte. Das kann auch super hautschädigend sein – nicht alles, was aus der eigenen Küche kommt, ist ohne Bedenken anzuwenden. Nicht umsonst gibt es große Labore, in denen die Produkte zusammengemischt werden.
Viele Kosmetika wie Fruchtsäuren oder Retinol sind frei erhältlich, können aber bei falscher Anwendung reizend sein. Wie gelingt der sichere Umgang?
In den freiverkäuflichen Pflegeprodukten gibt es Maximalwerte. Wenn man fettige Haut hat, die nicht empfindlich ist, kann man die Produkte in der Regel gut nutzen. Aber wenn man sehr trockene Haut hat oder eine Hauterkrankung wie Neurodermitis, sollte man damit sehr vorsichtig sein. Auf vielen Produkten ist der Hauttyp vermerkt, das hilft schon etwas weiter.
Eine Skincare-Routine kann aus bis zu sieben Schritten bestehen. Wann braucht es das?
Weniger ist mehr. Ich würde nicht mit 20 neuen Produkten anfangen. Da lässt sich am Ende gar nicht sagen, was mir davon guttut und was nicht, sollte eine Reaktion auftreten. Wenn man etwas Bestimmtes erreichen will, wie weniger Pickel, dann können Retinoide genutzt werden. Aber wenn man eine normale Haut, keine Hautkrankheit und keine Beschwerden hat, dann ist es nicht notwendig, eine lange Routine zu etablieren.
Was für eine Basic-Hautpflegeroutine empfiehlt sich?
Morgens Reinigung und auf jeden Fall Sonnenschutz. Eine zusätzliche Creme ist bei vielen gar nicht unbedingt nötig. Abends dann Reinigung und – je nach Hautproblem – eine mehr oder weniger reichhaltige Creme.
Die meisten Produkte werden mithilfe von Dermatologinnen und Dermatologen entwickelt. Kann man dem Versprechen vertrauen? Worauf sollte man achten?
Das ist kein geschützter Begriff und kann zum Beispiel auch heißen: Mein Freund hat eine Kosmetiklinie, gibt mir die Tube in die Hand und ich sage ihm die Schrift auf der Verpackung gefällt mir nicht. Auch in diesem Fall hätten wir das Produkt zusammen entwickelt. Mehr sagt das nicht aus. Gut ist, wenn ein Produkt das Siegel „klinisch getestet“ trägt. Dann wurde zumindest eine Studie durchgeführt. Ein Begriff, den man sich merken kann, ist: nicht-komedogen – nicht Akne fördernd.
Für wie sinnvoll hältst du die stark beworbenen Rotlichtmasken?
Es gibt ein wenig Evidenz dafür, das Rotlicht und Nah-Infrarotlichtlicht zu einem Anti-Aging Effekt führt, also die Kollagenproduktion anregt. Viele der Masken, die man kaufen kann, sind aber im Grunde viel zu schwach.
Welcher ist dein liebster Skincare-Trend ?
Das Sonnenschutz jetzt in ist und Bräune nicht mehr. Das ist nicht nur für die Schönheit wichtig, sondern auch als Schutz vor Hautkrebs.
Was ist deiner Meinung nach der häufigste Fehler, den Menschen bei ihrer Skincare-Routine machen?
Was viele falsch machen: Sachen viel zu kurz auszuprobieren. Ich verabrede mich zum Beispiel mit Patientinnen und Patienten nach zwei bis drei Monaten, um zu gucken, wie die verschriebenen Pflegeprodukte anschlagen. Gerade bei Mädchen und Frauen kann es sehr zyklusabhängig sein, wie die Haut reagiert. Ein Tipp: maximal zwei neue Produkte zur gleichen Zeit einführen.
Kann die persönliche Hautpflege einen Besuch bei der professionellen Kosmetik oder bei der/dem Dermatolog*in ersetzen?
Man kann es selbst in den Griff bekommen, wenn es um Mitesser, leichte Akne oder eine kleine Optimierung des Hautbilds geht. Eine Dermatolgin oder ein Dermatologe sollte immer dann ins Spiel kommen, wenn sich das Hautbild plötzlich verändert oder wenn man mit Pflege allein nicht zurechtkommt.
Worauf sollte man bei der Ernährung achten?
Jeder, der sagt „Lass dieses eine Lebensmittel weg“, hat unrecht – das gibt es nicht. Eine Ausnahme sind Milchprodukte, die bei Akne einen Negativeffekt haben können. Aber das ist auch nicht immer so.
Gibt es den idealen Zeitpunkt, um mit Skincare anzufangen?
Die Basics – Pflege und Sonnencreme je nach Hauttyp – gelten für jedes Alter. Aber ab der Pubertät sollte für die meisten die Reinigung hinzukommen. Alles andere ist bei nicht krankhafter Haut kein Must-Have. Bei Kindern, die auch schon im jüngeren Alter zu Akne neigen, können Retinoide und Fruchtsäuren helfen.
Du willst mehr? Du bekommst mehr!
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Wer die sozialen Medien öffnet, dem springen Hautpflege-Routinen von Influencerinnen und Werbung für Rotlichtmasken, Gua Shas und Seren entgegen. Auch das Angebot in den Drogerien ist schier überwältigend. Wer soll da den Überblick behalten? Die Dermatologin Ruo-Xi Yu klärt auf ihrer Instagram-Seite über Hautgesundheit auf und hostet mit ihrer Kollegin Johanna Meinhard den Podcast „Hautgeschichten – Der Podcast für Dermatologie“, in dem sie unter anderem über Akne oder die Reaktion der Haut auf Tätowierungen und Piercings thematisieren. Im Interview stellt sich die Dermatologin den Fragen rund um die richtige Hautpflege.
Liebe Ruo-Xi, der Skincare-Markt boomt, ständig gibt es neue Trends, denen man folgen sollte, wenn man endlich die reinste Haut haben möchte. Wie siehst du als Dermatologin diese Entwicklung?
Ruo-Xi Yu: Dass sich Menschen mit ihrer Hautgesundheit auseinandersetzen, finde ich grundsätzlich positiv. Gleichzeitig haben wir es mit einer großen Informationsflut zu tun und ich glaube, das führt teilweise auch zu Unsicherheiten und Überforderung.
Es gibt viele ‚Skinfluencer‘, die Produkte gezielt empfehlen und über Wirkstoffe aufklären. Auch du klärst über Skincare auf. Wie kann man sich im Dschungel der Empfehlungen am besten zurechtfinden?
Das ist tatsächlich schwierig. Ein Stichwort wäre wissenschaftliche Evidenz oder eine gewisse Autorität in dem Bereich, wie Fachärzt:innen oder Chemiker:innen sie haben. Es gibt viele Titel, die nichts heißen, auf Social Media findet sich oft die Bezeichnung „Expert:in für gesunde Haut“. Hellhörig sollte man auch bei Aussagen werden, die zu gut klingen, um wahr zu sein, wie „Warum dir dein Arzt diesen einen Trick nicht zeigt“.
Wie finde ich heraus, was mein Hauttyp ist – und muss die Hautpflege-Routine darauf abgestimmt werden?
Der Hauttyp ist nicht immer eindeutig, es handelt sich um ein Spektrum. Mischhaut ist etwas, das im Grunde jeder und jede ht. Es gibt unterschiedliche Gesichtsareale, die unterschiedlich viel Talg produzieren – die Nase glänzt zum Beispiel mehr als das Augenlid. Empfindliche Haut lässt sich dadurch abgrenzen, dass man bestimmte Sachen auf diesen Partien nicht verträgt, die andere problemlos vertragen. Zur Hautpflege-Routine: Je trockener die Haut ist, desto mehr Fett braucht sie, beispielsweise reichhaltige Cremes. Wenn sie eher fettig ist, muss sie entfettet und gründlich gewaschen werden. Manchmal muss man ein wenig herumprobieren, um zu herauszufinden, was der Haut guttut.
Welchen Trend findest du besonders bedenklich?
Den DIY-Trend, wie selbstgemachte chemische Peelings oder auch Sonnenschutzprodukte. Das kann auch super hautschädigend sein – nicht alles, was aus der eigenen Küche kommt, ist ohne Bedenken anzuwenden. Nicht umsonst gibt es große Labore, in denen die Produkte zusammengemischt werden.
Viele Kosmetika wie Fruchtsäuren oder Retinol sind frei erhältlich, können aber bei falscher Anwendung reizend sein. Wie gelingt der sichere Umgang?
In den freiverkäuflichen Pflegeprodukten gibt es Maximalwerte. Wenn man fettige Haut hat, die nicht empfindlich ist, kann man die Produkte in der Regel gut nutzen. Aber wenn man sehr trockene Haut hat oder eine Hauterkrankung wie Neurodermitis, sollte man damit sehr vorsichtig sein. Auf vielen Produkten ist der Hauttyp vermerkt, das hilft schon etwas weiter.
Eine Skincare-Routine kann aus bis zu sieben Schritten bestehen. Wann braucht es das?
Weniger ist mehr. Ich würde nicht mit 20 neuen Produkten anfangen. Da lässt sich am Ende gar nicht sagen, was mir davon guttut und was nicht, sollte eine Reaktion auftreten. Wenn man etwas Bestimmtes erreichen will, wie weniger Pickel, dann können Retinoide genutzt werden. Aber wenn man eine normale Haut, keine Hautkrankheit und keine Beschwerden hat, dann ist es nicht notwendig, eine lange Routine zu etablieren.
Was für eine Basic-Hautpflegeroutine empfiehlt sich?
Morgens Reinigung und auf jeden Fall Sonnenschutz. Eine zusätzliche Creme ist bei vielen gar nicht unbedingt nötig. Abends dann Reinigung und – je nach Hautproblem – eine mehr oder weniger reichhaltige Creme.
Die meisten Produkte werden mithilfe von Dermatologinnen und Dermatologen entwickelt. Kann man dem Versprechen vertrauen? Worauf sollte man achten?
Das ist kein geschützter Begriff und kann zum Beispiel auch heißen: Mein Freund hat eine Kosmetiklinie, gibt mir die Tube in die Hand und ich sage ihm die Schrift auf der Verpackung gefällt mir nicht. Auch in diesem Fall hätten wir das Produkt zusammen entwickelt. Mehr sagt das nicht aus. Gut ist, wenn ein Produkt das Siegel „klinisch getestet“ trägt. Dann wurde zumindest eine Studie durchgeführt. Ein Begriff, den man sich merken kann, ist: nicht-komedogen – nicht Akne fördernd.
Für wie sinnvoll hältst du die stark beworbenen Rotlichtmasken?
Es gibt ein wenig Evidenz dafür, das Rotlicht und Nah-Infrarotlichtlicht zu einem Anti-Aging Effekt führt, also die Kollagenproduktion anregt. Viele der Masken, die man kaufen kann, sind aber im Grunde viel zu schwach.
Welcher ist dein liebster Skincare-Trend ?
Das Sonnenschutz jetzt in ist und Bräune nicht mehr. Das ist nicht nur für die Schönheit wichtig, sondern auch als Schutz vor Hautkrebs.
Was ist deiner Meinung nach der häufigste Fehler, den Menschen bei ihrer Skincare-Routine machen?
Was viele falsch machen: Sachen viel zu kurz auszuprobieren. Ich verabrede mich zum Beispiel mit Patientinnen und Patienten nach zwei bis drei Monaten, um zu gucken, wie die verschriebenen Pflegeprodukte anschlagen. Gerade bei Mädchen und Frauen kann es sehr zyklusabhängig sein, wie die Haut reagiert. Ein Tipp: maximal zwei neue Produkte zur gleichen Zeit einführen.
Kann die persönliche Hautpflege einen Besuch bei der professionellen Kosmetik oder bei der/dem Dermatolog*in ersetzen?
Man kann es selbst in den Griff bekommen, wenn es um Mitesser, leichte Akne oder eine kleine Optimierung des Hautbilds geht. Eine Dermatolgin oder ein Dermatologe sollte immer dann ins Spiel kommen, wenn sich das Hautbild plötzlich verändert oder wenn man mit Pflege allein nicht zurechtkommt.
Worauf sollte man bei der Ernährung achten?
Jeder, der sagt „Lass dieses eine Lebensmittel weg“, hat unrecht – das gibt es nicht. Eine Ausnahme sind Milchprodukte, die bei Akne einen Negativeffekt haben können. Aber das ist auch nicht immer so.
Gibt es den idealen Zeitpunkt, um mit Skincare anzufangen?
Die Basics – Pflege und Sonnencreme je nach Hauttyp – gelten für jedes Alter. Aber ab der Pubertät sollte für die meisten die Reinigung hinzukommen. Alles andere ist bei nicht krankhafter Haut kein Must-Have. Bei Kindern, die auch schon im jüngeren Alter zu Akne neigen, können Retinoide und Fruchtsäuren helfen.
Du willst mehr? Du bekommst mehr!
Skincare ist zu einem echten Hype geworden. Eine gründliche Gesichtspflege ist wichtig, aber braucht es…
Selbstdiagnosen zu mentaler Gesundheit werden auf Social Media immer beliebter. Der Psychologe Lukas Maher über…
Welchen Einfluss hat Unordnung auf die Psyche und wie lässt sich zusätzlicher Stress zuhause vermeiden?…
Der Trend zum Bed Rotting kursiert auf Social Media. Selbstfürsorge oder eine Gefahr für die…