Meinung

Abiball – krönender Abschluss oder überbewertet?

Tanzende Menschen beim Abiball in einem dunklen Club mit Discokugeln und strahlendem Licht im Hintergrund.
Der letzte Tanz zu Schulzeiten, der Abiball, ist für viele junge Menschen mit hohen Erwartungen verbunden.
Antonia Braun, funky-Jugendreporterin

Es ist Mittwoch und die letzten Schulveranstaltungen lassen sich jetzt an der Hand abzählen. Notenbekanntgabe und Abistreich liegen schon hinter uns, in zwei Tagen findet der Abiball statt. Danach sind wir offiziell keine Schülerinnen und Schüler mehr und unsere Wege werden sich trennen. Es ist eine besondere Phase, in der ich mich befinde. Unterricht und Prüfungen sind vorbei, die Stimmung ist gut, man hat sich kennen und schätzen gelernt. Gleichzeitig schwebt das Ende der Abiturientenidylle drohend über diesem Sommer wie eine Gewitterwolke.

Der Abiball ist nun der krönende und offizielle Abschluss und verbindet somit Feierfreude und Wehmut. Ein letztes Fest, ehe man sich aus den Augen verliert. Etwas amerikanischer Prom-Glamour und die Hoffnung auf Abenteuer schwingen mit. Die Frage nach Outfit, Schuhen und Haaren wird auch in meiner Freundesgruppe ausgiebig diskutiert. So aufgeregt wie bei dem Ball in der zehnten Klasse ist man aber nicht. Es geht nicht darum, wer mit wem tanzt, sondern man versucht, alle ein letztes Mal zu sehen – manche bestimmt zum allerletzten Mal.

Ist das ganze Spektakel überbewertet und unnötig emotionalisiert? Nichts als ein Hirngespinst, an das sich ausgebrannte Abiturientinnen und Abiturienten während der Lernphasen klammern? Auf Reddit antwortet ein User auf die Frage, wie sehr man sich an den Abiball erinnert: „Ich persönlich hatte eine ganz normale Schulzeit und denke nie an den Abiball zurück. Im Nachhinein kommt es mir ein bisschen so vor, als wäre der damals nur von Leuten abgekultet worden, für die das wohl der Höhepunkt im Leben gewesen ist.“ „So richtig Nostalgie und bedeutungsschwere Stimmung war es für mich nicht, eigentlich wie jedes andere Jahrgangstreffen auch, nur eben in aufregenden Outfits“, erinnert sich auch eine Freundin aus Berlin.

Nun es ist es soweit: Es ist Samstagmorgen, ich wache auf und der Abiball ist vorbei. Mein Fazit? Das Essen war schlecht, die Band spielte mit Playback und der Saal verwandelte sich in eine Sauna. Ich konnte nicht mit allen Klassenkameradinnen und -kameraden reden, obwohl ich es mir fest vorgenommen hatte. Dafür wurde ausgiebig mit den Lehrern gefeiert (auch anschließend im Club), mit denen wir fortan per du sind.

War das nun der Höhepunkt meiner achtjährigen Gymnasialzeit? Noch kann ich es nicht mit Sicherheit sagen. Jetzt, am Morgen danach, bin ich noch zu müde und mein brummender Schädel realisiert nicht ganz, dass das das Ende gewesen sein soll. Viele Leute aus meinem kleinen Ort kann ich eigentlich noch sehen. Am See, auf Partys und Dorffesten.

Im Herbst, wenn ich meinen Heimatort verlasse, werde ich vielleicht an den Abiball zurückdenken. Weil er für mich den Anfang des Abschiednehmens darstellt. Und das fällt trotz Ballkleid und Diskokugel schwer.

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