Meinung

Ist Eskapismus die Lösung?

Junge guckt in sein Handy und sieht genervt aus.
Gezielt konstruktive Medienbeiträge zu konsumieren, ist ein wichtiger Ansatz.
Maja Göhmann, funky-Jugendreporterin

Kriege, Klimawandel und die Pandemie – die täglichen Nachrichten sind voll mit negativen Schlagzeilen, die sowohl psychisch als auch physisch belasten können. Viele junge Menschen sehen dagegen nur einen Weg: Die Berichterstattung schlichtweg nicht mehr zu verfolgen. Doch kann dieser Eskapismus eine Lösung sein – und gibt es Möglichkeiten, das Weltgeschehen weiterzuverfolgen, ohne zu verzweifeln? 

Es ist früh am Morgen, der Wecker klingelt und der erste Griff geht zu meinem Handy. Ich scrolle durch die aktuellen Nachrichten und bekomme schon jetzt ein ungutes Gefühl – denn sie sind erschreckend, traurig und besorgniserregend. Stoße ich auf eine gute Nachricht, bleibt diese mir häufig weniger im Gedächtnis hängen. Dieses Phänomen wird „Negativity Bias” genannt, also Negativitätsverzerrung. Hier sehen Nachrichtenredaktionen ihre Chance: Sie setzen vermehrt auf schlechte Nachrichten, die Konsumentinnen und Konsumenten mit stärkeren Reaktionen zurücklassen und bündeln so die Aufmerksamkeit, was in der Folge zum Weiterlesen animiert.

Der Nachrichtenkonsum, der vermehrt digital stattfindet, fördert ein Phänomen zutage: das Doomscrolling. Beim sogenannten Doomscrolling klickt man sich immer weiter durch düstere Nachrichten, obwohl dabei keine neuen Informationen aufgenommen und nur negative Emotionen ausgelöst werden. Dieses Verhalten wird häufig durch reißerische und schreckliche Überschriften in Medien provoziert, die auf eine gewisse Art „süchtig“ machen. „Fast News“ gehen mit diesen Überschriften einher: Die Nachrichten-Häppchen ohne Kontext bilden das Problem nur ab, indem Vergleiche zu anderen Katastrophen gezogen werden. 

Diese Art und Weise der Berichterstattung schlägt Kapital aus dem menschlichen Bedürfnis, nichts zu verpassen zu wollen und eröffnet gleichsam einen Teufelskreislauf. Sie setzt auf den angeborenen menschlichen Hang zu negativen Nachrichten. Der Stress, der mit dem Konsum immer negativer Nachrichten einhergeht, kann auf Dauer zu gesundheitlichen Problemen führen. Laut einer Studie von Bryan McLaughlin von der Texas Tech University leiden Personen mit einem problematischen Nachrichtenkonsum häufiger an körperlichem oder mentalem Unwohlsein als jene, die sich Nachrichten konstruktiv und gesund einteilen. Zu den Folgen zählen insbesondere Schlaflosigkeit, Unruhe und Depressionen. 

Ich finde es in Anbetracht der Auswirkungen von Bad News ist sehr verständlich, dass insbesondere junge Menschen sich zunehmend dazu entscheiden, kaum bis gar keine Nachrichten mehr zu verfolgen. Doch dieser reine Eskapismus ist der falsche Ansatz. Wann war es schon mal hilfreich, den Kopf in den Sand zu stecken? Auch wenn es schwerfällt, sich mit den unüberschaubaren Ereignissen auf der Welt auseinanderzusetzen, ist es wichtig, sich zu informieren, seriöser Berichterstattung zu folgen und aufmerksam zu bleiben. Nur so ich ein Teil der Gesellschaft sein – und nur so kann ich auch etwas ändern. Dabei kommt es auf die richtige Balance an. Indem wir jungen Menschen lernen, uns bewusst mit Geschehnissen zu befassen, bewahren wir wichtige Grundsteine der Meinungsbildung und Demokratie. 

Gezielt konstruktive Medienbeiträge zu konsumieren, ist beispielsweise ein wichtiger Ansatz. Sie bilden nicht nur die Katastrophe ab, sondern verweisen auf Hilfsangebote und behandeln Themen multiperspektivisch. Das heißt, nicht nur schreckliche Bilder und reißerische Überschriften zu sehen und zu lesen, sondern beispielsweise durch Podcasts Menschen über Themen reden zu hören. Auch Apps wie „Good News“ können helfen, den positiven Blickwinkel auf die Welt nicht zu verlieren. Sie bietet bewusst nur gute Meldungen an.

Zu guter Letzt kann es die Selbstwirksamkeit fördern, Lösungsansätze wahrzunehmen. Gerade dann, wenn sich die Ereignisse überschlagen oder Geschehnisse am anderen Ende der Welt einen großen Einfluss auf uns haben, fühlt man sich ohnmächtig und den schlechten Nachrichten „ausgeliefert“. Mein Tipp: Beiträge konsumieren, die in die Zukunft blicken und realistische Lösungsansätze thematisieren.

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