Selbstversuch: Endgegner Bildschirmzeit

Zu sehen ist ein Handy in der Hand.
Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren verbringen rund 44 Stunden wöchentlich am Handy.
Larissa Menne, funky-Jugendreporterin

44 Stunden – so viel Zeit verbringen Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren laut der Postbank-Digitalstudie 2022 wöchentlich am Handy. Das sind mehr als sechs Stunden täglich. In der Altersklasse der unter 40-Jährigen entspricht das knapp 32 Stunden wöchentlicher und ungefähr vier Stunden täglicher Handynutzung.

Diese Zahlen schockieren. Ein Blick in die Einstellungen meines Smartphones verrät mir, dass auch meine durchschnittliche Nutzungszeit in der letzten Woche bei etwa drei Stunden pro Tag lag. Ziemlich viel, wenn man bedenkt, wie viel Zeit für „Offline-Aktivitäten“ dadurch verloren geht. Deshalb nehme ich mir vor, meine „Screentime“ in der nächsten Woche drastisch zu reduzieren, bestenfalls zu halbieren. Das bedeutet: Nicht mehr als anderthalb Stunden am Tag das Handy zu nutzen. Ob mir das gelingen wird?

Bei einer kurzen Internetrecherche zum Thema lese ich häufig von sogenannten „Detox-Apps“, die einen täglichen Überblick über die Handynutzung geben. Ich entscheide mich gegen eine solche App, da ich am Ende der Woche zunächst einmal meine neue Bildschirmzeit sehen möchte. Auch „Limits“ für einzelne Apps setze ich mir daher bewusst nicht. 

Was ich jedoch mache: Ich schalte die Benachrichtigungen aus und auf lautlos, um dadurch nicht abgelenkt zu werden. Weiterhin stelle ich ein, dass mein Handy abends ab 20 Uhr in den „Schlafenszeitmodus“ wechselt und der Bildschirm folglich nur noch schwarz-weiß angezeigt wird. So will ich verhindern, vor dem Schlafen noch viel Zeit am Smartphone zu verbringen.

Am ersten Tag meines Experiments – ein Montag – fällt mir auf, wie häufig ich mein Handy eigentlich benutze. Schon bevor ich das Haus verlasse, stelle ich den Wecker aus, lese die wichtigsten Nachrichten, höre Musik und schaue, ob mein Zug pünktlich fährt. Als dem dann nicht so ist, überlege ich, die unverhoffte Wartezeit auf Social Media zu verbringen, entscheide mich aber dagegen und beobachte stattdessen das Treiben um mich herum.

Auch die Mittagspause, die ich sonst häufig am Handy verbringe, nutze ich zur Interaktion mit meinen Mitmenschen. Am Ende der Woche fällt mir auf, dass ich viel mehr von meinem Umfeld mitbekomme, wenn ich weniger auf das Handy schaue.

Während mir das „Detox“ tagsüber noch recht leichtfällt, wird es abends vor dem Schlafengehen deutlich schwerer. Noch einmal „kurz“ durch TikTok scrollen und die neuesten WhatsApp-Nachrichten lesen – wer kennt es nicht? Da mein Handy abends auf schwarz-weiß gestellt ist, kann ich der Versuchung der sozialen Medien ab Tag zwei ganz gut widerstehen. Stattdessen lese ich ein Buch, das habe ich lange nicht mehr gemacht.

Insgesamt merke ich, dass ich durch die neu gewonnene Zeit viel mehr anderen Aktivitäten nachgehe, die ich sonst dem Handykonsum nicht vorziehe. Ich habe außerdem nicht das Gefühl, etwas zu verpassen, und genieße tatsächlich die Zeit mit geringerer Reizüberflutung. Trotzdem verspüre ich häufig das Bedürfnis, auf das Smartphone zu schauen, zum Beispiel, wenn ich auf irgendetwas warte oder alleine esse. Ganz gelingt es mir nicht, auf das Handy zu verzichten, aber immerhin nutze ich es wesentlich weniger als sonst – hoffe ich zumindest.

Am Sonntagabend folgt dann der Realitäts-Check: 1 Stunde und 19 Minuten betrug meine durchschnittliche Bildschirmzeit pro Tag. Damit habe ich mein Ziel von 1,5 Stunden tatsächlich erreicht und es war erstaunlicherweise sogar leichter, als ich es mir vorgestellt habe. Natürlich habe ich nicht gänzlich auf das Handy verzichtet, sondern die Screentime nur halbiert. Es fühlt sich trotzdem nach einem Erfolg an. Lachen muss ich bei dem Blick auf meine meistgenutzte App: nicht Instagram oder TikTok, sondern der DB Navigator sicherte sich den ersten Platz. 

Da mir das Experiment gut getan hat, nehme ich mir vor, meine Bildschirmzeit in den nächsten Wochen weiter zu verringern. Vielleicht gelingt es mir auch, einen handyfreien Sonntag einzuführen. Weiterhin hat mir der Selbstversuch gezeigt, wie viele Apps ich eigentlich gar nicht brauche und wie viel zusätzliche Zeit ich habe, wenn ich die Handynutzung reduziere. Es lohnt sich, dieses Experiment mal auszuprobieren. Schon zehn Minuten weniger pro Tag ermöglichen am Ende der Woche eine zusätzliche Stunde für andere Dinge, für die man sich sonst keine Zeit nimmt.

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Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.