Ist die Ehe noch zeitgemäß?

Zwei Eheringe
Die Ehe - ein Bund aus alten Zeiten mit Aktualitätswert?
Marley Ebelt und Lena Enders, funky-Jugendreporterinnen

In einem Punkt sind sich wohl alle einig: Es wird immer Menschen geben, mit denen man sich uneinig ist. In dieser Rubrik diskutieren junge Menschen über Themen, die für ordentlich Zündstoff sorgen. Heute geht es darum, ob die Ehe noch zeitgemäß ist.

Die Ehe hat viele Gesichter: Als heiliges Sakrament oder größter Liebesbeweis kommt ihr eine wichtige gesellschaftliche Funktion zu. Andere Paare wiederum heiraten aus finanziellen oder pragmatischen Gründen. So oder so stellt sich angesichts der nachlassenden Begeisterung bei jungen Menschen die Frage, ob das Heiraten nicht ein schon längst überholtes Konzept ist und ob die Ehe den gesellschaftlichen Veränderungen noch standhalten kann. Die funky-Jugendreporterinnen Marley und Lena diskutieren über die damit verbundenen Zwänge und Pflichten, aber auch über Verbindlichkeit und das Tragen von Verantwortung.

Pro: Die Ehe im Wandel

Das Konzept der Ehe kämpft sich aus den veralteten Zwängen heraus und passt sich an eine sich stetig wandelnde Gesellschaft an. Seit 2007 treten in Deutschland im Vergleich zu den Jahren davor sogar wieder mehr Paare vor den Traualtar. Das liegt nicht nur an der Einführung der Ehe für alle, sondern auch an vielseitigen Heiratsmustern im Allgemeinen. Dazu zählt zum einen das gestiegene Heiratsalter, aber auch die Möglichkeit, mehrere Male zu heiraten.

Waren ledige Männer bei einer Heirat Anfang der 70er-Jahre im Durchschnitt noch etwa 25 Jahre und Frauen etwa 23 Jahre alt, so ist das Erstheiratsalter mittlerweile auf knapp 35 Jahre bei den Männern und auf 32 Jahre bei den Frauen gestiegen. Darüber hinaus hat sich das Konzept der Ehe dahin gehend gewandelt, dass beliebig oft geheiratet werden kann und auch eine Scheidung nicht ausgeschlossen ist.

Und natürlich ist die Ehe auch immer noch ein Symbol der Liebe und das Versprechen einer gemeinsamen Zukunft, das sich viele Paare öffentlich geben wollen, um diesem Gewicht zu verleihen. Darüber hinaus geht mit der Eheschließung auch eine Verantwortung für eine andere Person einher, der gerade in Zeiten der Unverbindlichkeit, des Nicht-Festlegens und der unsicheren Zukunft eine besondere Funktion zufällt. Man lässt sich darauf ein, Freud und Leid eines anderen Menschen zu einem gewissen Maß zu teilen und mitzutragen. Dabei spendet man Sicherheit in dem gleichen Maße, in dem man sie erhält.

Ob nun also aus romantischen, finanziellen oder pragmatischen Gründen – die Eheschließung ist nicht zwangsweise obsolet oder überholt. Sie passt sich den Gegebenheiten der modernen Gesellschaft an. Letztlich bleibt sie eine individuelle Entscheidung und geht glücklicherweise inzwischen mit der gesellschaftlichen Freiheit einher, auch auf sie verzichten zu können.       Lena Enders, funky-Jugendreporterin

Contra: Die Ehe ist überholt

Nicht in allen Kulturkreisen konnte weltweit ein Rückgang der Eheschließungen verzeichnet werden – und das nicht zuletzt wegen des gesellschaftlichen Drucks, der viele junge Menschen in ein Konstrukt presst, das sie unglücklich macht. Auch heute wird der gesellschaftliche Wert eines Menschen häufig an seinem Beziehungsstatus festgemacht. Das vermittelt den Eindruck, dass man ohne einen Ehepartner oder eine Ehepartnerin als minderwertig gilt. Die Heirat als hohes Gut, das zum Muss wird? Darauf könnten wohl die meisten verzichten.

Und dann ist da noch der religiöse Aspekt: Durch das christliche Sakrament der Ehe beispielsweise wird auch die Multikulturalität unterdrückt. So wird zumindest von kirchlicher Seite aus verhindert, dass Menschen mit unterschiedlichen religiösen Überzeugungen nicht heiraten können. In diesem Sinne scheint das Konzept des Heiratens nur so lange zu funktionieren, wie Traditionen großgeschrieben werden.

Ein anschauliches Beispiel für das Festhalten an veralteten Traditionen ist die Ehe für alle: Erst 2017 legalisierte man in Deutschland die Heirat für alle Paare (und das nur von staatlicher Seite aus – der kirchliche Segen ist noch immer nicht in Reichweite). Darüber hinaus werden durch die klassische Vorstellung von der Ehe Polyamorie und andere Beziehungsformen oft immer noch als minderwertig dargestellt.

Es steht also fest, dass es nicht immer das Beste ist, an Traditionen festzuhalten, so unveränderlich sie einem auch erscheinen mögen. Es gibt immer andere Möglichkeiten, um seine Liebe zu zeigen. Wege, die ohne veraltete Traditionen und religiöse Zwänge auskommen und in eine tolerante und vielfältige Welt führen.       Marley Ebelt, funky-Jugendreporterin

funky-instagram-banner

Du willst mehr? Du bekommst mehr!

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.