Interview

Teuterekordz im Interview: „Wir machen nicht auf Ghetto, wenn wir nicht aus dem Ghetto kommen“

Gruppenbild von Teuterekordz.
Dispo, Eddy-T, Modus, Beko, Sechser und Lucky sind Teuterekordz, eine Rap-Gruppe aus Prezlauer Berg.
Lukas Breit, funky-Jugendreporter

Beko, Dispo, Eddy T, Modus, Lucky und Sechser sind Teuterekordz, sechs „rappende Atzen“ aus dem Herzen Berlins. Die Jungs, allesamt Mitte 20, stehen für eine Generation, die inmitten einer Großstadt unter guten Verhältnissen aufgewachsen ist. In ihren Texten geht es unter anderem um Party und ihre Haltung gegen Rechts. Stellvertretend für die Rap-Gruppe vom Teutoburger Platz sprechen Modus, Dispo und Sechser im Interview über ihre Jugend im Prenzlauer Berg, ihren Alkoholkonsum und ihr zweites Album „Kein Nirvana“, das am 30. September erschienen ist.

Ihr habt hier in der Gegend eine Marktlücke gefunden: Mittelschicht, aber asozial verpackt mit Rap. War euch das von Anfang an bewusst?
Sechser: Wir haben eben die Musik gemacht, die wir selbst cool fanden und die uns ausdrückt. Man will eben auch nicht Musik machen, die es schon gibt, sondern etwas Neues schaffen. Dass es so viel Anklang gefunden hat, ist Zufall.

Modus: Geplant war es jetzt nicht, das sind einfach wir. Wir machen nicht auf Ghetto, wenn wir nicht aus dem Ghetto kommen – aber unsere Eltern sind jetzt auch nicht reich. In Zukunft wollen wir unseren Bezirk auch noch mehr in den Vordergrund stellen. Wir müssen „P’berg“ in Deutschland noch bekannter machen.

Dispo: Wir machen ehrliche Musik, rappen über Alkohol und über Partys. Das spiegelt unsere Realität wider.

Wer hatte die Idee mit dem Namen „Teuterekordz“?
Dispo: Ich weiß nicht mehr so richtig, wer letztendlich auf den Namen gekommen ist. Wir haben viel am Teutoburger Platz gechillt, daher war es naheliegend. Sechser und ich haben dort unsere komplette Kindheit verbracht.

Habt ihr euch früher auch aus eurer Gegend herausbewegt?
Dispo: Das ist bei jedem anders. Ich würde sagen: Bornholmer Straße war oben die harte Grenze, nach unten war der Rosenthaler Platz das Ende. Nach Osten hin hat man auch noch am Kollwitzplatz gechillt. Im Westen war bei der Bernauer Straße das Ende erreicht.

Modus: Wir haben schon sehr viel Zeit in P’Berg und Mitte verbracht. Dadurch, dass wir auch viel zu Techno-Musik feiern waren, haben wir uns aber auch in der ganzen Stadt herumgetrieben.

Prenzlauer Berg gilt deutschlandweit als Synonym für die Gentrifizierung. Worin besteht für euch der Charme des Bezirks?
Modus: Das ist mittlerweile eine sehr gute Frage. Im Endeffekt besteht für mich der Charme darin, sich hier asi zu benehmen.

Dispo: Bei mir sind es vor allem die guten Erinnerungen. Wir wohnen ja auch gar nicht mehr hier. Die Plätze sehen immer noch so aus wie früher und es gibt viele schöne Altbauten. Ich würde hier allerdings nicht mehr hinziehen wollen. Man kennt aber noch viele Leute hier und ich gehe abends immer noch gerne zur Eberswalder Straße.

Sechser: Ich finde, dass die Menschen hier schon noch korrekt sind. Zumindest die Generation, mit der wir hier aufgewachsen sind.

Beschreibt mal das Gefühl, wenn ihr früher alle zusammen am Teutoburger Platz gesessen habt.
Modus: Sich ein bisschen weniger Sorgen um die Miete, Steuern und Versicherungen machen. Einfach schauen, wo abends die nächste Party steigt. Der Fokus war schon ganz klar Scheiße bauen, um auch ein bisschen gegen die Gentrifizierung zu rebellieren.

Sechser: Man hat sich einfach mit seinen Leuten getroffen und hatte das Gefühl, dass einfach alles Erdenkliche passieren kann.

Was habt ihr euch beim Albumtitel „Kein Nirvana“ und dem dazugehörigen Cover gedacht?
Modus: Das Albumcover ist Teil eines richtigen Öl-Gemäldes von einem unserer Kumpels, Gustav Sonntag. Das Gute an Bildern ist, dass jeder etwas anderes hineininterpretieren kann. Es kann alles bedeuten. So ist auch der Titel gemeint. Wir wollen ihn gar nicht mit langen Sätzen erklären.

Sechser: Nach unserer Show in Leipzig haben wir bei Gustav auch noch eine schöne Aftershow-Party gemacht. Das spiegelt diese Zeit sehr gut wider. Wir sind jetzt nicht mehr nur noch in Prenzlauer Berg und Mitte unterwegs, sondern auch über die Grenzen Berlins hinaus.

Ist es schwer, wenn man zu sechst Entscheidungen treffen muss?
Dispo: Na klar, alleine ist das deutlich einfacher. Aber es muss ja auch nicht jeder zu allem seinen Senf abgeben.

Sechser: Zu sechst kommt man aber auch auf mehr gute Ideen.

Beschreibt mal den Sound von „Kein Nirvana“.
Modus: Es ist sehr facettenreich. Es gibt sowohl Tracks zum Tanzen, aber auch HipHop. Wir wollten den Leuten zeigen, dass wir nicht nur die stumpfen Kneipen-Atzen sind, die den ganzen Tag Bier trinken. Ich habe das Gefühl, dass die tiefgründigeren Rap-Nummern bei den Leuten derzeit mehr Anklang finden.

Was ist eure Lieblingszeile auf dem Album?
Dispo: Die erste Zeile auf „Soplica“ von Eddy T sticht auf jeden Fall heraus: „Wenn deine Mama dich fragt, was du machst, sagst du besser nicht, dass du Rapper bist, weil eigentlich ist das lächerlich.“

Ihr seid für eure Live-Shows bekannt und wart gerade erst auf Tour. War euch von Anfang an klar, dass eure Musik auf Live-Shows ausgelegt wird?
Modus: Es ist kein Geheimnis, dass Berlin die Partyhochburg Deutschlands ist und wir müssen uns in puncto Partyabriss auch nicht verstecken. Wir sind einfach die Richtigen, wenn es heißt, dass man mit den Leuten eine gute Party feiert. Es ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man auf der Bühne steht.

Werdet ihr oft angesprochen, wenn ihr in Prenzlauer Berg seid?
Dispo: Hier im P’berg manchmal schon, beispielsweise wenn wir den ganzen Tag im Mauerpark chillen. Sonst in Berlin eigentlich nicht.

Sechser: Auf einer Party, einer Demo oder einem Festival schon manchmal.

Denkt ihr, dass ihr die Jugend beeinflusst, wenn ihr so viel über das Thema Alkohol rappt?
Dispo: Diese Frage kann man ernst oder spaßig beantworten. Wenn man es ernst angeht, würden natürlich viele Menschen sagen, dass das Thema in unserer Musik stark verharmlost wird. Es ist unser Laster, das verstehen die Leute auch. Wir rappen ja auch über die Nachteile des Konsums.

Sechser: Wir propagieren ja vor allem, dass man scheiße sein kann zu Nazis, Bonzen und seinem eigenen Körper, aber nicht zu anderen Leuten, die es nicht verdient haben.

Zu sechst ist es schwer, von der Musik zu leben. Was habt ihr für Jobs?
Modus: Jeder, der einen gesunden Menschenverstand hat, kann sich denken, dass wir bisher nicht von der Musik leben können. Auch, wenn die Leute das gerne denken.

Was ist eure Lieblingsbar in Prenzlauer Berg?
Sechser: Shoutouts müssen auf jeden Fall an die Baiz gehen.

Modus: Schönhauser Allee Ecke Wörther Straße!

Wer ist der Fleißigste von euch und auf wen muss man bei einer Studiosession am längsten warten?
Sechser: Das ist mit Arkona ein und dieselbe Person.

Dispo: Er kommt immer zu spät und macht dafür aber auch mit Abstand am meisten.

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