Interview

Lotte vom Poppie Mag im Interview: „Wir bringen frischen Wind in die Skateszene“

Lea Uhle, Carlotta Seibert und Beata von Boguslawski sitzen mit ihren Skateboards auf einer Treppe.,
Lea Uhle (Lea), Carlotta Seibert (Lotte) und Beata von Boguslawski (Bea) sind die Crew vor der Kamera von Poppie Mag.
Lena Enders, funky-Jugendreporterin
Lotte (Carlotta Seibert)
macht einen Heelflip.
Foto: rbb/Lilly Extra

Poppie Mag steht für Skills, Style und Sisterhood. Es bietet einen Ort zum Austausch für junge Skater*innen und Anfänger*innen. Gemeinsam mit der Redaktion wollen die Skaterinnen Lea, Bea und Lotte mehr weibliche Perspektiven in den Skatekosmos bringen. Dabei geht es nicht nur um Skateboarding selbst, sondern darum, Dinge offen anzusprechen und sich gegenseitig zu motivieren und zu stärken. Wie genau das Poppie Mag Veränderungen in der Skateszene vorantreibt, erzählt uns Lotte im Interview.

Liebe Lotte, was ist eigentlich das Poppie Mag?
Wir sind ein Skateboarding-Format von Fritz (rbb), das auf Instagram und Tik Tok zu finden ist. Natürlich produzieren wir Skate-Content, weil das der erste Punkt ist, mit dem man sich identifizieren kann, wenn man auf unseren Kanal stößt. Wir machen eine Mischung aus lustigem Content und Tipps- und Tricks für Einsteiger*innen. Die meisten Skate-Inhalte werden primär von Männern für Männer gemacht. Und um da frischen Wind reinzubringen, machen wir Inhalte vor allem für diejenigen, die bisher zu wenig angesprochen werden und unterrepräsentiert sind. Wir wollen diese Menschen dadurch innerhalb der Skateszene inspirieren und stärken.

Uns fehlt die Sichtbarkeit und die Repräsentation genau dieser Menschen – und damit auch von uns selbst – im öffentlichen Skatekosmos.

Warum habt ihr das Poppie Mag gegründet?
Uns ist aufgefallen, wie wenig Skate-Formate es gibt, die sich an weiblich gelesene und queere Personen richten. Uns fehlt die Sichtbarkeit und die Repräsentation genau dieser Menschen – und damit auch von uns selbst – im öffentlichen Skatekosmos. Damit sind nicht nur Skateparks gemeint, sondern vor allem die Aufmerksamkeit im öffentlichen Raum allgemein. Wir hoffen, dass durch unsere Plattform, genau diese Menschen die notwendige Repräsentation finden können und durch uns ein Sprachrohr erhalten.

Was macht ihr konkret, um mehr weibliche Perspektiven in den Skatekosmos zu bringen?
Zuallererst besteht unsere Redaktion nur aus weiblich gelesenen und queeren Personen. Allein das schafft bereits eine andere Sichtweise auf die Skateszene: Unsere Themen spiegeln authentisch unsere Perspektiven wieder. Darüber hinaus wollen wir, dass sich Anfänger*innen auf unserer Plattform wohlfühlen, Fragen stellen können und Tipps erhalten. Seit Kurzem versuchen wir uns mit anderen Non-Profit-Organisationen in Berlin zu vernetzen. Denn hier gibt es Vereine, die in der Skateszene tolle Arbeit leisten. Dabei geht es nicht nur um die Stärkung neuer Perspektiven in Online-Formaten, sondern auch darum, Skate-Sessions zu organisieren, um die Repräsentation von FLINTA*s in den Skateparks zu fördern.

Lea, Lotte und Bea wollen Anfänger*innen in der Skateszene stärken und inspirieren.
FLINTA* steht für Frauen,
Lesben, Inter, Non-Binary, Trans und agender* und ist der Versuch einen Ausdruck für eine Personengruppe zu finden, die nicht cis männlich ist.

Was sind die nervigsten Klischees, die es über Skater*innen gibt?
Einige denken, dass weiblich gelesene Personen in den Skatepark gehen, um jemanden aufzureißen oder, um cool sein zu wollen – ohne wirklich die Absicht zu haben, skaten zu lernen. Dabei wollen Skater*innen einfach nur die Sportart ausüben, ihren Raum im Skatepark bekommen oder sich mit anderen austauschen.

Was muss sich deiner Meinung nach in der jungen Skateszene verändern?
Es muss definitiv mehr Vorbilder aller Geschlechter geben. Ohne Zweifel ist es wichtig, über Inklusion und Diversität der Geschlechter zu sprechen, um aufzuklären. Doch dieser Inklusionsgedanke muss für Kinder und Jugendliche sichtbar und spürbar sein, damit er wirklich funktioniert: Und zwar durch mehr weibliche gelesene, queere Menschen und BIPoCs als Skateboard-Trainer*innen und Skater*innen in der Skatewelt. Profi-Skaterinnen sollten genauso gefördert und gesponsert werden wie männliche Profi-Skater.

BIPoC ist ein Begriff, der sich auf Schwarze, Indigene und People of Color bezieht. Mit dem Begriff sollen explizit Schwarze und indigene Identitäten sichtbar gemacht werden.

Welche positiven Entwicklungen hat die Szene deiner Meinung nach schon gemacht?
Es gibt immer mehr Akzeptanz und Aufklärung. Bei Skate-Contests, ist der sogenannte Run – eine Person fährt alleine und wird bewertet – vorwiegend geschlechtergetrennt. Doch in manchen, nicht-offiziellen Contests können sich mittlerweile alle Geschlechter in den sogenannten „Mixed Runs“ beteiligen. Da kann aber noch viel mehr passieren, denn im Skateboarding generell sollten alle Geschlechter inkludiert werden. Neue Perspektiven in der Skateszene sind besonders in großen Städten spürbar. Leider sieht das in kleineren Städten und Dörfern noch anders aus: Uns schreiben Leute, die gerne skaten würden, aber keine Gleichgesinnten finden, mit denen sie sich austauschen können. In Berlin ist das relativ einfach, es gibt Veranstaltungen, auf denen man direkt Leute kennenlernt, die auch anfangen zu skaten.

Darüber hinaus kommt mit dem Skaten auch die Community – neue Freundschaften und Kontakte.

Was begeistert dich als junge (weiblich gelesene) Person am Skaten?
Skaten ist nicht nur ein Sport. Natürlich kann es einen körperlichen Ausgleich für Arbeit, Uni oder Schule bieten: Man kann sich auspowern. Darüber hinaus kommt mit dem Skaten auch die Community – neue Freundschaften und Kontakte. Skaten geht also weit über ein Hobby hinaus. Außerdem bedeutet es für mich Freiheit. Wenn man im Verein Fußball oder Volleyball spielt, dann spielt man in einem Team, das bestimmte Regeln befolgt. Beim Skaten kannst du deine Kreativität ausleben, Tricks üben oder ganz neue Sachen ausprobieren oder auch mal gar nichts machen. Manchmal gehe ich mit meinem Skateboard in den Park, liege da aber nur herum und quatsche mit meinen Freund*innen.

Was ist dein Lieblingstrick?
Momentan ist es ein Feebel in der Quarterpipe. Den Trick habe ich relativ schnell gelernt, er lag mir immer schon. Man fährt die Rampe hoch und oben ist das Coping, eine runde Metallkante, auf das man mit der hinteren Achse aufsetzt und das vordere Teil des Skateboards hängt in der Luft – und dann geht es wieder zurück in die Rampe.

Hast du ein Vorbild?
Ich finde Briana King total cool. Wir von Poppie Mag durften sie sogar treffen und waren alle total begeistert. Sie gibt Skatekurse in den USA vor allem für queere Personen und BIPoCs. In Berlin gibt es außerdem zwei Organisationen, Skatesencia und Hera, die bereits viel Arbeit geleistet haben, um in der Skateszene Spaces zu schaffen, wo sich alle treffen können und auch Anfänger*innen willkommen sind, um sich auszutauschen. Ich fände es toll, wenn wir unser Format in diese Richtung entwickeln können.

Es war ein Erfolgserlebnis und richtig erfüllend, wenn man am Ende des Tages den Trick dann endlich geschafft hat.

Was würdest du jungen Skate-Anfänger*innen mit auf den Weg geben?
Trau dich einfach in den Skatepark oder auf Skate-Events zu gehen. Bleib offen und kommuniziere mit den Leuten dort, dann findest du schnell Anschluss. Es macht riesigen Spaß, gemeinsam mit anderen Anfänger*innen das Skaten zu lernen. Das hat mich am Anfang auch total gestärkt: Mit anderen, die auf einem ähnlichen Niveau sind, habe ich neue Dinge gelernt. Es war ein Erfolgserlebnis und richtig erfüllend, wenn man am Ende des Tages den Trick dann endlich geschafft hat. Natürlich kann man auch allein anfangen zu skaten. Manche fühlen sich damit wohler und das ist auch völlig okay. Doch ich denke, wenn man Kontakte knüpft und sich mit anderen Skater*innen verbindet, ist die Chance höher, dranzubleiben. Man kann sich gegenseitig motivieren und es macht viel mehr Spaß gemeinsam zu skaten.


Falls ihr Lust bekommen habt, das Skaten auszuprobieren: Am 15. Oktober organisiert das Poppie Mag eine Beginner*innen-Session in der Skatehalle Berlin.

Du willst mehr? Du bekommst mehr!

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.