Interview

Initiative #IchStehAuf: „Es reicht nicht, einmal aufzustehen“

Am #IchStehAuf-Aktionstag fanden bunte Aktionen statt.
Am #IchStehAuf-Aktionstag fanden bunte Aktionen statt.

Wie kann gute Bildung Eingang in das System finden? Mit dieser Frage beschäftigt sich Andrea Preußker, Teamleiterin des Bildungsbereichs bei der Robert Bosch Stiftung. Unter anderem verantwortet sie seit vielen Jahren den Deutschen Schulpreis, der gerade im Kontrast zu den Pisa-Studien zeigen soll: Es gibt gute Schulen in Deutschland! Diese Best-Practice-Beispiele sind ein wichtiger Schlüssel, um in der Bildungswissenschaft und im Bildungssystem neue Weichen zu stellen. Auch die von der Stiftung entwickelte #IchStehAuf-Initiative sorgte im vergangenen Jahr für Aufsehen: Mehr als 1.700 Schulen in ganz Deutschland bekannten mit bunten Aktionen Farbe für Demokratie und Vielfalt. Im Interview erinnert sich Andrea Preußker an Aktionen, die bei ihr für Gänsehaut sorgten, und erörtert, wie die Schule von morgen aussehen sollte

Andrea Preußker setzt sich für die Demokratiebildung an Schulen ein. © Andrea Preußker

Frau Preußker, worum geht es bei der #IchStehAuf-Initiative?
Andrea Preußker: Wir haben die Initiative im vergangenen Jahr ins Leben gerufen, nachdem viele Menschen deutschlandweit für die Demokratie auf die Straße gegangen sind. In der Schule treffen jeden Tag Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Geschichten, Meinungen und Erfahrungen aufeinander. Letztendlich findet man dort die Gesellschaft im Kleinen. Wir begreifen die Schule als zentralen Lern- und Lebensraum. Deshalb wollen wir dabei unterstützen, die Lehrkräfte mit Kompetenzen auszustatten, damit Kinder und Jugendliche in der Schule Demokratiebildung erfahren können. Der Bundespräsident hat es auf der Preisverleihung des Deutschen Schulpreises 2023 treffend formuliert: „Jede Schule in Deutschland muss eine Schule der Demokratie sein.“ Das hat uns nicht mehr losgelassen und den Anstoß für eine Kampagne mit einer ganz einfachen Idee gegeben: Wir stehen auf für die Demokratie und für Vielfalt. Wir stehen ein für diese gemeinsamen Werte. Wir haben die Schulen dazu motiviert, sich einzubringen und auf kreative, vielfältige Weise aufzustehen. Am Aktionstag selbst haben wir ganz vielfältige und bunte Aktionen erlebt. Über 1.700 Schulen haben sich beteiligt. Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich daran denke. Von Flashmobs über Demonstrationen bis hin zu Projekttagen und Menschenketten war alles dabei.

Welche Aktionen haben bei Ihnen für Gänsehaut gesorgt?
Beispielsweise eine Menschenkette, sie reichte von der Schule bis zum Rathausplatz. Die Kinder und Jugendlichen hatten T-Shirts in bunten Farben mit dem Schriftzug „#IchStehAuf“ an. Das war ein tolles Bild. Eine andere Schule hat eine Lehrerin dazu gebracht, ihr Auto zur Verfügung zu stellen. Sie haben das Auto mit den Werten bemalt, besprüht und beschriftet, die ihnen wichtig sind, und eine laute und fröhliche Party um das Auto herum gefeiert.

IchStehAuf gibt es auch in diesem Jahr. In welcher Form kann man am Projekt teilnehmen?
Wir entwickeln #IchStehAuf gerade weiter. Es reicht nicht, einmal aufzustehen – wir wollen stehenbleiben. #IchStehAuf soll zu einer Marke für Demokratiebildung werden. Wir bieten das ganze Jahr Impulse an. Lehrkräfte aller Schulformen sollen Inspiration und Unterstützung finden, um sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. In einem regelmäßigen Newsletter weisen wir auf aktuelle Veranstaltungen hin. Wir haben ein Presse- und Social-Media-Kit entwickelt, das direkt in der Schule eingesetzt werden kann. Auf dem Deutschen Schulportal – einer Plattform, die sich vorrangig an Lehrkräfte richtet – bieten wir kostenlose Online-Fortbildungen an. Wir stellen Unterrichtsmaterialien für sämtliche Fächer und natürlich auch Aktionsmaterial zur Verfügung. Dieses Jahr wird im Rahmen des Deutschen Schulpreises außerdem der Themenpreis Demokratiebildung verliehen, um Best-Practice-Beispiele sichtbar zu machen. Gleichzeitig wollen wir auf den Bedarf und die Realität der Schulen eingehen.

Warum ist es denn gerade für junge Menschen wichtig, Demokratiebildung zu erleben?
Was man in der Jugend lernt, ist die Grundlage für das spätere Leben und eine aktive und verantwortungsbewusste Teilhabe in der Gesellschaft. Kinder und Jugendliche erfahren durch Demokratiebildung, dass ihre Handlungen und Meinungen einen Einfluss auf die Gesellschaft haben. Das ist ein wichtiger Baustein, der in der Schule durch Diskussionen und Präsentationen entwickelt werden kann. Es ist entscheidend, dass junge Menschen möglichst früh lernen, das Privileg zu schätzen, in einer Demokratie zu leben, in der Meinungsvielfalt und Pressefreiheit bestehen und die Menschenrechte hochgehalten werden.

Wie wird das Thema momentan in den Schulen behandelt?
Demokratiebildung ist in den Bildungsplänen verankert. Es gibt Fächer wie Sozialkunde, Gemeinschaftskunde und Politik, in denen Demokratiekompetenzen vermittelt werden. Wir wollen dazu beitragen, dass Demokratiebildung als Querschnittsaufgabe gesehen wird und auf allen Ebenen der Schule gelebt und unterstützt wird. Dazu muss das Thema in der Schul- und Unterrichtsentwicklung verankert werden. Die Mehrheit der Lehrkräfte würde sich im Unterricht mehr mit dem Thema auseinandersetzen, das zeigt die Befragung von Lehrkräften im Deutschen Schulbarometer. Doch meistens scheitert es an fehlender Zeit. Gleichzeitig erleben wir eine große Unsicherheit bei den Lehrkräften: Was darf ich eigentlich sagen? Wann ist meine Meinung parteipolitisch gefärbt? Wir wollen unterstützen und Handlungssicherheit geben.

Wie sieht die Schule von morgen aus?
Die eindrucksvollsten Schulen sind die, die den Anspruch haben, allen ihren Kindern und Jugendlichen gerecht zu werden. Nicht die Schülerinnen und Schüler müssen sich an die Schule anpassen, sondern die Schule an die Bedürfnisse und Potenziale der Kinder und Jugendlichen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Schule von morgen eine ganzheitliche Bildung bieten sollte, die sowohl fachliche als auch überfachliche Kompetenzen umfasst. Sie sollte flexibel und anpassungsfähig sein. Sie sollte die Schülerinnen und Schüler auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten. Ziel muss es sein, alle Lernenden dazu zu befähigen, aktiv an der Gestaltung einer offenen, vielfältigen, digitalen und nachhaltigen Gesellschaft mitwirken zu können. Das ist natürlich eine große Aufgabe. Dazu wollen wir unseren kleinen Teil beitragen.

Du willst mehr? Du bekommst mehr!

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.