Jan-Malte Wortmann, funky-Jugendreporter
Es kann sich anfühlen wie ein Schlag in den Magen: Gerade noch hatte man eine gute und entspannte Zeit mit der Schulfreundin oder dem Kumpel aus Jugendzeiten, da haut er oder sie plötzlich – nebenbei und ganz subtil – einen Satz raus, der einen erstarren lässt: Hat sie das gerade wirklich gesagt? Hat er wirklich dieses rassistische, queer-feindliche, antisemitische oder sonst wie menschenfeindliche Argument gebraucht? Seit vielen Jahren glaubt man sich in- und auswendig zu kennen, doch das Bild der Freund:in ist innerhalb von Sekunden erschüttert. Wie geht man damit um?
Zum ersten Mal dürften viele so etwas während der Pandemie erlebt haben, als die Freund:in, die schon immer gerne düstere Geschichten über die Machenschaften der CIA oder sonst wem erzählt hat, sich nicht impfen lassen wollte. Häufig sind es dieselben Personen, die Donald Trump für einen „raffinierten Geschäftsmann“ und Putin für „missverstanden“ halten oder meinen, man müsse Kinder vor der „queeren Ideologie“ schützen. Bis sie anfangen, mit der AfD zu sympathisieren. Und so wird einem klar: Hinter dem Rechtsruck in Deutschland stecken viele Einzelpersonen – und manchmal kennen wir sie besser, als uns lieb ist.
In einer solchen Situation ist es nicht einfach, souverän zu reagieren. Aufzustehen und zu gehen oder sich gegenseitig anzuschreien, ist sicherlich nicht die beste Lösung. Die folgenden Möglichkeiten bestehen.
Flucht nach vorn: Argumente sammeln und ausdiskutieren
Die Diskussion zu suchen und in der Folge auch auszuhalten, ist zweifellos die schwierigste Variante. Schnell können hier die Emotionen hochkochen. Ein solches Gespräch ist unangenehm, herausfordernd und wahnsinnig anstrengend. Aber wenn es sich bei der politisch verirrten Person tatsächlich um eine Freund:in oder eine nahe Verwandte handelt, ist es die Mühe womöglich wert.
Hilfreich ist, selbst genügend Argumente, Fakten und Zahlen parat zu haben. Wenn sich die Diskussion schon etwas länger abgezeichnet hat, kann man auch im Vorfeld üben. Das gibt Sicherheit und erleichtert es, während des Gesprächs ruhig zu bleiben. Denn das ist grundsätzlich sehr wichtig: den Streit möglichst auf einer sachlichen Ebene zu halten. Moralische Vorwürfe führen im Zweifel eher dazu, dass die Person dicht macht. Stattdessen kann man versuchen, möglichst viele Gegenfragen zu stellen, um ihre Argumentation nachzuvollziehen und ehrliches Interesse zu bekunden.
Sich die Position der Gegenseite und die Unsicherheiten oder Zukunftsängste, aus denen sie entstanden ist, aufrichtig anzuhören, heißt noch lange nicht, ihr Recht zu geben. Es zeugt aber von Respekt und führt im besten Fall dazu, dass das Gegenüber sich wiederum offen zeigt für die eigenen Argumente. Nur so besteht die Chance auf eine konstruktive Diskussion, in der man bestenfalls noch jemanden überzeugen kann – vorausgesetzt, die andere Person ist auch dazu bereit.
Flucht zurück: Politische Gesprächsthemen vermeiden
Leider kommt es in der Realität nur selten zu einem solchen fruchtbaren Meinungsaustausch. Wenn sich das Gegenüber den eigenen Argumenten völlig verschließt, muss man sich die Frage stellen: Lohnt die Diskussion überhaupt? Im Zweifel saugt sie nur Energie und führt zu gegenseitigen persönlichen Angriffen.
Hier gilt es, abzuwägen. Ist mir die andere Person so wichtig, dass ich die Differenz aushalte? Für wie schwerwiegend halte ich ihre politischen Entgleisungen? Wer in dem Disput noch keinen Grund sieht, den Kontakt abzubrechen, kann politische Gesprächsthemen einfach zu meiden versuchen. Etwa, indem man der anderen Person klarmacht: Ich mag dich, auch wenn ich diese Meinung nicht akzeptieren kann. Manchmal hilft es auch, die Diskussion auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, an dem man sich kraftvoller oder besser gewappnet fühlt.
Rückzug: Den Kontakt abbrechen
Wenn die andere Person zu keinem konstruktiven Gespräch bereit und völlig festgefahren in ihren Ansichten ist, im schlimmsten Fall schon tief im rechtsextremen Sumpf steckt, hilft häufig, so schwer es fällt, nur der Kontaktabbruch. So wahrt man die eigenen Grenzen, die durch die Aussagen der anderen Person wiederholt überschritten wurden.
Das mag sich wie eine Niederlage anfühlen und unglaublich traurig mit anzusehen sein. Wenn man aber merkt, dass einem die ständige Konfrontation mit menschenfeindlichen Narrativen nicht guttut, gilt es, mit der eigenen Energie richtig zu haushalten.
Du willst mehr? Du bekommst mehr!
-
Du hast das Gefühl, das eine Freundschaft zu deinem besten Freund oder Freundin auseinanderläuft und…
-
In sozialen Netzwerken und Online-Games gibt es viele rechtsextreme Codes, die kaum als solche erkennbar…
-
Maica Vierkant, Aktionsbündnis Brandenburg, und Jannis Bruder vom Landesrats der Schüler:innen Brandenburg über Rechtsextremismus an…
-
Liebesbeziehungen werden anders geführt als Freundschaften. Sie können sich aber von platonischen Beziehungen ein paar…
Es kann sich anfühlen wie ein Schlag in den Magen: Gerade noch hatte man eine gute und entspannte Zeit mit der Schulfreundin oder dem Kumpel aus Jugendzeiten, da haut er oder sie plötzlich – nebenbei und ganz subtil – einen Satz raus, der einen erstarren lässt: Hat sie das gerade wirklich gesagt? Hat er wirklich dieses rassistische, queer-feindliche, antisemitische oder sonst wie menschenfeindliche Argument gebraucht? Seit vielen Jahren glaubt man sich in- und auswendig zu kennen, doch das Bild der Freund:in ist innerhalb von Sekunden erschüttert. Wie geht man damit um?
Zum ersten Mal dürften viele so etwas während der Pandemie erlebt haben, als die Freund:in, die schon immer gerne düstere Geschichten über die Machenschaften der CIA oder sonst wem erzählt hat, sich nicht impfen lassen wollte. Häufig sind es dieselben Personen, die Donald Trump für einen „raffinierten Geschäftsmann“ und Putin für „missverstanden“ halten oder meinen, man müsse Kinder vor der „queeren Ideologie“ schützen. Bis sie anfangen, mit der AfD zu sympathisieren. Und so wird einem klar: Hinter dem Rechtsruck in Deutschland stecken viele Einzelpersonen – und manchmal kennen wir sie besser, als uns lieb ist.
In einer solchen Situation ist es nicht einfach, souverän zu reagieren. Aufzustehen und zu gehen oder sich gegenseitig anzuschreien, ist sicherlich nicht die beste Lösung. Die folgenden Möglichkeiten bestehen.
Flucht nach vorn: Argumente sammeln und ausdiskutieren
Die Diskussion zu suchen und in der Folge auch auszuhalten, ist zweifellos die schwierigste Variante. Schnell können hier die Emotionen hochkochen. Ein solches Gespräch ist unangenehm, herausfordernd und wahnsinnig anstrengend. Aber wenn es sich bei der politisch verirrten Person tatsächlich um eine Freund:in oder eine nahe Verwandte handelt, ist es die Mühe womöglich wert.
Hilfreich ist, selbst genügend Argumente, Fakten und Zahlen parat zu haben. Wenn sich die Diskussion schon etwas länger abgezeichnet hat, kann man auch im Vorfeld üben. Das gibt Sicherheit und erleichtert es, während des Gesprächs ruhig zu bleiben. Denn das ist grundsätzlich sehr wichtig: den Streit möglichst auf einer sachlichen Ebene zu halten. Moralische Vorwürfe führen im Zweifel eher dazu, dass die Person dicht macht. Stattdessen kann man versuchen, möglichst viele Gegenfragen zu stellen, um ihre Argumentation nachzuvollziehen und ehrliches Interesse zu bekunden.
Sich die Position der Gegenseite und die Unsicherheiten oder Zukunftsängste, aus denen sie entstanden ist, aufrichtig anzuhören, heißt noch lange nicht, ihr Recht zu geben. Es zeugt aber von Respekt und führt im besten Fall dazu, dass das Gegenüber sich wiederum offen zeigt für die eigenen Argumente. Nur so besteht die Chance auf eine konstruktive Diskussion, in der man bestenfalls noch jemanden überzeugen kann – vorausgesetzt, die andere Person ist auch dazu bereit.
Flucht zurück: Politische Gesprächsthemen vermeiden
Leider kommt es in der Realität nur selten zu einem solchen fruchtbaren Meinungsaustausch. Wenn sich das Gegenüber den eigenen Argumenten völlig verschließt, muss man sich die Frage stellen: Lohnt die Diskussion überhaupt? Im Zweifel saugt sie nur Energie und führt zu gegenseitigen persönlichen Angriffen.
Hier gilt es, abzuwägen. Ist mir die andere Person so wichtig, dass ich die Differenz aushalte? Für wie schwerwiegend halte ich ihre politischen Entgleisungen? Wer in dem Disput noch keinen Grund sieht, den Kontakt abzubrechen, kann politische Gesprächsthemen einfach zu meiden versuchen. Etwa, indem man der anderen Person klarmacht: Ich mag dich, auch wenn ich diese Meinung nicht akzeptieren kann. Manchmal hilft es auch, die Diskussion auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, an dem man sich kraftvoller oder besser gewappnet fühlt.
Rückzug: Den Kontakt abbrechen
Wenn die andere Person zu keinem konstruktiven Gespräch bereit und völlig festgefahren in ihren Ansichten ist, im schlimmsten Fall schon tief im rechtsextremen Sumpf steckt, hilft häufig, so schwer es fällt, nur der Kontaktabbruch. So wahrt man die eigenen Grenzen, die durch die Aussagen der anderen Person wiederholt überschritten wurden.
Das mag sich wie eine Niederlage anfühlen und unglaublich traurig mit anzusehen sein. Wenn man aber merkt, dass einem die ständige Konfrontation mit menschenfeindlichen Narrativen nicht guttut, gilt es, mit der eigenen Energie richtig zu haushalten.
Du willst mehr? Du bekommst mehr!
Du hast das Gefühl, das eine Freundschaft zu deinem besten Freund oder Freundin auseinanderläuft und…
In sozialen Netzwerken und Online-Games gibt es viele rechtsextreme Codes, die kaum als solche erkennbar…
Maica Vierkant, Aktionsbündnis Brandenburg, und Jannis Bruder vom Landesrats der Schüler:innen Brandenburg über Rechtsextremismus an…
Liebesbeziehungen werden anders geführt als Freundschaften. Sie können sich aber von platonischen Beziehungen ein paar…