Interview

Autorin Melanie Lane: „Ich sehe nicht ein, warum Frauen immer die zweite Geige spielen müssen“

Schreiben
Melanie Lane fing schon als Jugendliche an, die ersten Geschichten zu schreiben.
Chayenne Wolfframm, funky-Jugendreporterin

Hamburg. Ihre Liebe zu Büchern entdeckte Melanie Lane im Alter von  elf Jahren, als sie das erste Mal „Harry Potter“ las. Danach fing sie an, ihre eigenen Geschichten zu schreiben. Inzwischen veröffentlicht die Autorin ein Buch nach dem nächsten. Zuletzt erschienen ist „Wild dreams“, das letzte der „Wild“-Reihe. Im Interview erzählt die 35-jährige Hamburger Autorin über ihre aktuellen Bücher, ihre Erlebnisse bei der Frankfurter Buchmesse und wie sie das Schreiben, ihr eigenes Designstudio und ihre Familie unter einen Hut bekommt.

(c) Melanie Lane

Liebe Melanie, 2020 erschien dein Roman „Running Wild“ als eBook. War das dein erster Berührungspunkt mit dem Schreiben?
Melanie Lane:
Mein erster Berührungspunkt war das nicht. „Running wild“ war tatsächlich auch nicht das erste Buch, das ich geschrieben habe, es war das dritte. Es ist nur als erstes veröffentlicht worden. Das erste war „Von Blut und Magie“. Eigentlich hatte ich den Vertrag vom AufbauVerlag mit „Wild Heart“ unterschrieben. Running Wild hat sich dann während Corona verselbständigt. Es hat sich in den Vordergrund geschoben und wurde dann als erstes publiziert. Geschrieben habe ich irgendwie schon immer. Als ich elf war ging meine Leseliebe mit der Harry Potter-Reihe los. Dann habe ich mit Fan Fiction zu verschiedenen Serien angefangen und irgendwann entstand daraus eine eigene Geschichte. In meinem ersten Praktikum habe ich damals angefangen zu schreiben, da war ich 21. Jetzt bin ich fast 36 fast, es ist also gereift.

In „Running wild“ geht es um die chaotische Chess, ein starkes, selbstbewusstes Mädchen, das sich auf die Suche nach ihrem verschwundenen Bruder macht. Wie bist du auf diese Figur gekommen?
Ich glaube, Chess ist die Protagonistin, die mir bisher am ähnlichsten ist. Ich bin wie sie eine Tierliebhaberin. Das Tierschutzthema ist mir sehr wichtig und im Buch geht es zu einem kleinen Teil um das Kampfhund-Thema. Außerdem habe ich selber sehr viele Tattoos, mein ganzer Rücken ist voll davon. Ich kann mich gut mit Chess identifizieren. Sie ist chaotisch, aber liebenswert und will ihren eigenen Weg gehen. Mit ihren 25 Jahren ist sie die jüngste Protagonistin, die ich bisher geschrieben habe.

Chess Liebslingssitcom ist Friends. Hast du eine Lieblingssitcom oder Serie?
Ja, Friends, Brooklyn Nine-Nine und Modern Familiy. Aber Friends ist mein „All time favourite“, das gucke ich wirklich, seitdem die ersten Folgen veröffentlicht wurden. Ich kann die Serie auf Deutsch und Englisch mitsprechen.

Chess hat nicht nur eine Vorliebe für Friends. Sie liebt auch ihren Hund und ihr Alpaka. Wie kamst du auf die Idee mit dem Alpaka, das ist nicht gerade eine der gängigsten Romanfiguren. Hast du irgendeinen Bezug zu diesen Tieren?
Das war damals eine Schreibchallenge als ich noch versucht habe, in der Verlagswelt Fuß zu fassen. Es gibt verschiedene Schreibgruppen, auch auf Facebook, von Verlagen wie Piper und Carlsen. Die veröffentlichen immer „Writing prompts“ mit einem Pitch und dann soll man sich eine Geschichte dazu überlegen. Sie hatten damals einfach nur geschrieben, dass man etwas mit einem Alpaka und Romantik schreiben soll. Ich habe mich dann damit beworben, bin aber nicht weitergekommen. Der Aufbau Verlag hingegen war sofort total begeistert.

„Running Wild“ ist nicht dein einziges Buch, dass das Wort ‚wild‘ in seinem Titel trägt. „Wild Heart“ erschien im November 2021 und „Wild Dreams“ erschien im Januar 2024. Trotzdem unterscheiden sich die Bücher in ihrer Handlung und den Figuren. Gibt es trotzdem einen Zusammenhang?
Ja, in allen treten sehr starke Frauenfiguren und sehr starke Persönlichkeiten auf. „Running Wild“ und „Wild Dreams“ habe ich in der Doppelperspektive geschrieben, „Wild Heart“ nur aus Sicht der Protagonistin Ellie. Ich sehe es so: Drei unterschiedliche Frauen, drei unterschiedliche Settings, drei unterschiedliche Geschichten. Außerdem liebe ich das Zitat des Dichter Atticus: „Love her but leave her wild“. Das ist mein absolutes Lieblingszitat. Ich sehe nicht ein, warum Frauen nicht einfach auch wild und frei und stark sein können, sondern immer die zweite Geige spielen müssen.

Du warst kürzlich bei der Frankfurter Buchmesse anzutreffen. Beschreibe mal deine Eindrücke von dem Event. Was hast du mitgenommen?
Es war meine allererste Buchmesse und völlig überwältigend. Ich habe den kompletten Freitag damit verbracht, Autogramme zu geben und Bücher zu signieren, weil ich ständig erkannt wurde. Das habe ich gar nicht erwartet. Außerdem habe ich meine Agentin getroffen und meine Bloggermädels, die ich seit drei Jahren kenne. Es war sehr schön. Samstagabend hatte ich ein eigenes Bloggerevent, das war phänomenal. Wir sind fünf Stunden beim Mexikaner versackt. Sonntag durfte ich dann noch auf die Bühne. Es war sehr anstrengend, überwältigend, aber auch schön. Ich freue mich schon auf Leipzig.

Im vergangenen November ist der erste Teil einer neuen Buchreihe von dir namens „Infernas – King of Ash“ erschienen. Kurz gesagt geht es um einen verhängnisvollen Pakt zwischen einer Winterhexe und dem Herrscher der Hölle. Wie ist dir diese Idee gekommen?
Ich wollte unbedingt etwas mit einer Winterhexe schreiben, denn Hexen finden alle irgendwie cool. Die Idee kam mir im Winter. Und dann habe ich überlegt, was das beste Äquivalent dazu ist: Feuer. Außerdem liebe ich den Namen Dante. Ich habe zu Hause auch die „Göttliche Komödie“ von Dante Alighieri stehen. Ich habe mir überlegt, dass ich Winter und Feuer mit einem magischen Tor verbinden möchte. Ansiedeln wollte ich das Ganze in Irland, weil ich Irland toll und mystisch finde. Dann hat sich das Ganze verselbständigt. Ich bin ein Intuitiv-Schreiberling. Ich setze mich hin und habe natürlich ein paar Meilensteine im Kopf, wo ich hinwill. Ich habe den Anfang und das Ende meist sehr konkret vor Augen. Aber dann lasse ich die Charaktere laufen und manchmal laufen sie dann auch kreuz und quer. Ich bin auch Designerin, also generell ein kreativer Mensch. Wenn ich Kapitel für Kapitel plotten würde, dann wäre ich nicht mehr kreativ und dann würde mir das keinen Spaß mehr machen.

An welchem deiner bisher erschienenen Romane hattest du am meisten Spaß?
Die ganze „Blut und Magie“-Reihe ist etwas ganz Besonderes. Trotzdem ist es immer das aktuelle Buch, an dem man gerade sitzt. So richtig Spaß, dass ich selber lachen musste, hatte ich bei „Running Wild“. Ich liebe die Wortgefechte zwischen den beiden, weil Chess so pampig ist. „Infernas“ macht gerade auch sehr viel Spaß, weil ich merke, dass ich mich als Autorin weiterentwickelt habe. Ich habe ganz andere Gedankengänge, forme Sätze anders und baue Spannung anders auf. Das hätte ich vor drei oder vier Jahren noch nicht gekonnt.

Wie du eben auch schon gesagt hast, bist du nicht nur Autorin, sondern auch Grafikdesignerin. Du hast 2019 sogar dein eigenes Studio „schockverliebt“ gegründet. Wie schaffst du es deinen Job, Familie und das Schreiben unter einen Hut zu bekommen?
Es ist anstrengend, das muss man gar nicht schönreden. Ich versuche auf Instagram immer ein bisschen Real Talk einzubringen und auch mal zu zeigen, dass nicht immer alles so toll ist, wie es auf den ersten Blick aussieht. Meine Freizeit und Me-time existiert im Moment nicht. Das Kind schläft, ich klappe den Rechner auf und schreibe bis Mitternacht, dann steht es eine Stunde später wieder vor mir. Morgens muss ich wieder funktionieren. „Infernas“ ist mein neuntes Buch und das war nur aufgrund der Corona-Pandemie möglich. Das Designstudio hat unter Corona gelitten, aber es erholt sich jetzt peu a peu. Insofern hat das Schreiben in den letzten zwei Jahren mehr Zeit in Anspruch genommen, weil ich sie gerade aber auch habe. Man darf Geld nicht gegen Zeit rechnen, das muss schon eine Leidenschaft sein. Reich wird man damit erstmal nicht.  

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Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.