Meinung

Freundschaften nach dem Abschluss – wie geht es mit ihnen weiter?

Drei Menschen stehen auf einem Felsen vor dem Meer.
Manche Freundschaften, die man in der Schule schließt, halten ein Leben lang.
Chayenne Wolfframm, funky-Jugendreporterin

Ziemlich genau fünf Jahre ist es her, seit wir unseren Abiball im Hamburger Rathaus feierten. Es wurden Reden gehalten, mit Freund:innen und Familie auf den langersehnten Abschluss angestoßen und getanzt. Zahlreiche Fotos entstanden, denn dieser Augenblick sollte für die Ewigkeit sein. Wir feierten, dass wir die Schulzeit endlich erfolgreich hinter uns lassen konnten. Doch gleichzeitig beschlich mich das Gefühl von Unsicherheit. Bedeutete der feierliche Abschluss der Schulzeit gleichzeitig auch Abschied von einigen Schulfreundinnen und -freunden? Würden wir auch in ein paar Jahren noch alle befreundet sein? Würde ich weiterhin den Kontakt halten können?

Fünf Jahre später stehe ich mit drei meiner Freundinnen aus dem Abschlussjahrgang wieder genau am selben Ort. Wir besuchen den Abiball des diesjährigen Abschlussjahrgangs unserer ehemaligen Schule. Ungläubig schauen wir uns an, als wir in der Schlange am Eingang stehen. Wie können fünf Jahre so schnell vergangen sein? Doch ganz gleich, wie schnell diese Jahre vergangen sind und wie viel passiert ist – unsere Freundschaft hatte die ganzen Jahre über Bestand. Und das, obwohl zwei meiner Freundinnen nicht einmal mehr in Hamburg wohnen.

Ich habe großes Glück, das weiß ich. Es ist nicht selbstverständlich, dass Freundschaften, die in der Schule geschlossen wurden, auch danach bestehen bleiben. Schließlich sind die Rahmenbedingungen von Freundschaften in der Schule doch etwas einfacher als später im Berufsleben oder im Studienalltag. In der Schule begegnet man sich zwangsläufig jeden Tag, besucht möglicherweise dieselben Kurse oder verbringt die Pause zusammen. Nach der Schule hingegen erfordert es aktives Kontakthalten, sollte man nicht an derselben Uni studieren oder dieselbe Ausbildung begonnen haben. Es braucht beidseitige Disziplin und den Willen, die Freundschaft aufrechtzuerhalten.  

Weniger Kontakt bedeutet aber nicht gleich das Freundschafts-Aus. Es ist normal, dass Freundschaften verschiedene Phasen durchlaufen. Manchmal verliert man sich für eine Zeit lang aus den Augen oder es gibt Phasen, in denen mal die eine, mal der andere mehr zu tun hat. Doch auch das wird sich wieder ändern. Durch eine räumliche Trennung können Freundschaften manchmal sogar intensiver werden, beispielsweise wenn eine Freundin oder ein Freund für das Studium in eine andere Stadt zieht. Während man sich zu Schulzeiten teilweise täglich gesehen hat, besucht man sich nun gegenseitig, sammelt zusammen neue Erinnerungen, erlebt neue Dinge und verbringt bewusst mehr Zeit miteinander. Die Basis für eine gute Freundschaft ist, dass sich beide Parteien um die Freundschaft bemühen.

Als ich in der 12. Klasse war, hat mir eine ältere Freundin gesagt, dass ich nicht alle Freundschaften aufrechterhalten können würde. Damals habe ich abgewunken. Ich würde mich schließlich selbst gut genug kennen und wissen, dass ich mich um eine Freundschaft auch nach der Schule bemühen werde. Heute muss ich einsehen, dass sie Recht hatte. Es ist nahezu unmöglich, alle Schulfreundschaften zu pflegen. Das liegt jedoch nicht nur an der Distanz, sondern auch daran, dass wir uns verändern und weiterentwickeln. Und das ist auch gut so. Schulfreundschaften sind teilweise auch einfach Zweckfreundschaften. Das ist eine Erkenntnis, die häufig erst retrospektiv gewonnen wird. Sie entstehen, weil man jeden Tag nebeneinandersitzt und sich über die gleichen Kurse, Lehrkräfte oder Hausaufgaben unterhält. Fällt diese gemeinsame Komponente weg, kann es passieren, dass man sich wenig zu sagen hat und merkt, wie verschieden die Interessen eigentlich sind.

Vor ein paar Jahren war ich traurig, dass ich den Kontakt zu zwei Freundinnen unfreiwillig verloren habe. Immer wieder hatte ich mich bemüht, doch es sollte nicht sein. Heute erkenne ich, dass diese Freundschaften nicht für die Dauer gemacht waren. Sie waren für eine begrenzte Zeit gut. Doch irgendwann hat es einfach nicht mehr gepasst. Woran es genau lag, kann ich nicht sagen. Manchmal passieren Dinge ohne einen bestimmten Grund. Es gibt Freundschaften, die enden mit einem Knall, und es gibt welche, die schleichen sich langsam aus.

Freundschaften enden, aber es entstehen auch neue: In der fünften Klasse wollte ich immer mit einem Mädchen, das mit mir in einer Klasse war, befreundet sein. Irgendwie habe ich gemerkt, dass es zwischen uns passen könnte. Doch es hat sich nie ergeben. Vier Jahre nach dem Abschluss traf ich sie auf dem Abiball unserer Schule wieder. Endlich fasste ich mir ein Herz und fragte, ob wir nicht mal einen Kaffee trinken gehen wollen. Begeistert stimmte sie zu. Mittlerweile gehört sie zu meinem festen Freundeskreis und ich möchte sie nicht mehr missen.

Vor kurzer Zeit habe ich mich mit einer Freundin aus der Grundschule über das Thema Freundschaften unterhalten. Sie sagte etwas, das es genau auf den Punkt bringt: Man lernt in jedem Lebensabschnitt neue Menschen kennen. Einige davon werden zu Freundschaften, manche auch zu besten Freunden. Doch genauso wie neue Freundschaften entstehen, treten alte Freundschaften aus unserem Leben.  

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