Johanna Bock, funky-Jugendreporterin
Im Dezember 2020 habe ich mich dazu entschieden, eine Therapie anzufangen. Diese hat eigentlich bereits in dem Moment begonnen, indem ich mir eingestanden habe, dass es mir guttun würde, professionelle Hilfe zu erhalten. Bis ich letztendlich mit einem Therapeuten gesprochen habe, ist einige Zeit vergangen und in dieser habe ich mich vor allem intensiv mit meinen eigenen Vorurteilen gegenüber einer Therapie beschäftigt: „Ich fange eine Therapie an“ – mit diesem Satz gebe ich preis, dass irgendwas mit mir nicht stimmt. So zumindest habe ich das noch vor zwei Jahren gesehen. Die Erkenntnis, dass Therapie eher das Gegenteil bedeutet – ich setze mich mit mir und meinen eigenen Problemen auseinander –, folgte erst viel später.
Nichtsdestotrotz habe ich mich auf die Suche gemacht und bin bei einem Ausbildungsinstitut für Psychotherapeuthinnen und -therapeuten dann tatsächlich ziemlich schnell fündig geworden.
Eine Therapie beginnt mit fünf Probatorik-Sitzungen, in denen sich Therapeutinnen und Therapeuthen und Klientinnen und Klienten kennenlernen. Erst danach wird ein Antrag an die Krankenkasse gestellt. So fing ich an, jede Woche zu einer solchen Probatorik-Sitzung zu gehen.
Eine Stunde beginnt in der Regel mit der Frage, wie es mir gehe und worüber ich heute sprechen wolle. Ich habe meistens gelogen und gesagt, mir ginge es gut, lediglich kleine Probleme angesprochen und die wirklichen ignoriert. Ob ich nicht bereit für eine Therapie oder der Therapeut nicht der richtige für mich war, kann ich nicht sagen. Allerdings hat mir diese Erfahrung gezeigt, dass ich selbst einen großen Teil dazu beitrage, ob eine Therapie sinnvoll ist oder nicht. Weil meine Krankenkasse Therapien an Ausbildungsinstituten nicht übernimmt, konnte ich nach der Probatorik nicht weitermachen. Insgeheim hat mich das zunächst erleichtert.
Schon nach einigen Monaten allerdings habe ich gemerkt, dass mentale Probleme nicht von allein verschwinden. Also nochmal von vorn: Glücklicherweise musste ich auch dieses Mal nicht lange warten und war – mit meiner letzten Erfahrung im Hinterkopf – darauf bedacht, ehrlicher über Themen zu sprechen, die mich beschäftigen. Glücklicherweise wurde der Antrag bei der Krankenkasse bewilligt und ich fing an, regelmäßig zur Therapie zu gehen.
Schnell merkte ich: Therapie tut mir gut. Auch, wenn es mich jede Woche Kraft kostet, mich intensiv mit mir selbst zu beschäftigen und Probleme anzusprechen. Auch, wenn ich jede Woche ein wenig aus meinem Alltag gerissen werde: Therapiestunde zwischen Vorlesung und Zahnarzttermin – das ist oft ein komisches Gefühl.
Die Gewissheit, regelmäßig über alles, was mich beschäftigt, mit jemand Professionellem sprechen zu können, gibt mir Sicherheit. Meine Therapeutin gibt mir Verhaltensmuster und Gedankengänge an die Hand, an denen ich mich orientieren kann und die mir helfen, mit Problemen umzugehen.
Zu Anfang schleicht sich noch manchmal das Gefühl in mein Unterbewusstsein, meine Probleme seien nicht schlimm genug: zu klein und unbedeutend, meine Therapeutin hätte besseres zu tun, ihre anderen Klienten mehr Bedarf an Therapiestunden und ich nehme Menschen ihren viel mehr benötigten Therapieplatz weg. Aber auch darüber habe ich mit meiner Therapeutin gesprochen und sie hat mir die, wenn auch irrationale, Angst davor genommen, die Therapie nicht nötig zu haben.
Langsam traue ich mich auch, mich Freunden und Freundinnen anzuvertrauen. Ich stoße nur auf positive Resonanz und zu meinem Erstaunen bin ich bei weitem nicht die einzige in meinem Umfeld in Therapie – so viele meiner Freundinnen oder Freunde erzählen mir, dass sie bereits einmal in therapeutischer Behandlung waren oder es gerade sind. Zu wissen, dass ich mit psychischen Problemen nicht allein bin und wie gut es tut, sich zu öffnen und auch vor meinen Freunden ehrlich sein zu können – auch das war eine wichtige Erkenntnis!
Nach einem knappen Jahr neigt sich meine Kurzzeittherapie dem Ende zu. Eine Verlängerung, die nur als Langzeittherapie mit 40 Stunden möglich ist, beantrage ich erstmal nicht. Ich habe mir viele Gedankengänge und Verhaltensmuster aneignen können, die ich für mich selbst anwenden kann und durch die ich für mich mit meinen Problemen umgehen kann. Ich habe aber vor allem gelernt, wie wichtig es ist, ehrlich zu sein und Hilfe annehmen zu können, auch wenn es manchmal unangenehm und eine Überwindung ist, Probleme anzusprechen.
Ich bin dankbar, eine Therapie gemacht und so schnell einen Platz gefunden zu haben und wünsche mir sehr, dass das für andere hilfsbedürftige Menschen in Zukunft einfacher wird.
Du willst mehr? Du bekommst mehr!
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Nichtsdestotrotz habe ich mich auf die Suche gemacht und bin bei einem Ausbildungsinstitut für Psychotherapeuthinnen und -therapeuten dann tatsächlich ziemlich schnell fündig geworden.
Eine Therapie beginnt mit fünf Probatorik-Sitzungen, in denen sich Therapeutinnen und Therapeuthen und Klientinnen und Klienten kennenlernen. Erst danach wird ein Antrag an die Krankenkasse gestellt. So fing ich an, jede Woche zu einer solchen Probatorik-Sitzung zu gehen.
Eine Stunde beginnt in der Regel mit der Frage, wie es mir gehe und worüber ich heute sprechen wolle. Ich habe meistens gelogen und gesagt, mir ginge es gut, lediglich kleine Probleme angesprochen und die wirklichen ignoriert. Ob ich nicht bereit für eine Therapie oder der Therapeut nicht der richtige für mich war, kann ich nicht sagen. Allerdings hat mir diese Erfahrung gezeigt, dass ich selbst einen großen Teil dazu beitrage, ob eine Therapie sinnvoll ist oder nicht. Weil meine Krankenkasse Therapien an Ausbildungsinstituten nicht übernimmt, konnte ich nach der Probatorik nicht weitermachen. Insgeheim hat mich das zunächst erleichtert.
Schon nach einigen Monaten allerdings habe ich gemerkt, dass mentale Probleme nicht von allein verschwinden. Also nochmal von vorn: Glücklicherweise musste ich auch dieses Mal nicht lange warten und war – mit meiner letzten Erfahrung im Hinterkopf – darauf bedacht, ehrlicher über Themen zu sprechen, die mich beschäftigen. Glücklicherweise wurde der Antrag bei der Krankenkasse bewilligt und ich fing an, regelmäßig zur Therapie zu gehen.
Schnell merkte ich: Therapie tut mir gut. Auch, wenn es mich jede Woche Kraft kostet, mich intensiv mit mir selbst zu beschäftigen und Probleme anzusprechen. Auch, wenn ich jede Woche ein wenig aus meinem Alltag gerissen werde: Therapiestunde zwischen Vorlesung und Zahnarzttermin – das ist oft ein komisches Gefühl.
Die Gewissheit, regelmäßig über alles, was mich beschäftigt, mit jemand Professionellem sprechen zu können, gibt mir Sicherheit. Meine Therapeutin gibt mir Verhaltensmuster und Gedankengänge an die Hand, an denen ich mich orientieren kann und die mir helfen, mit Problemen umzugehen.
Zu Anfang schleicht sich noch manchmal das Gefühl in mein Unterbewusstsein, meine Probleme seien nicht schlimm genug: zu klein und unbedeutend, meine Therapeutin hätte besseres zu tun, ihre anderen Klienten mehr Bedarf an Therapiestunden und ich nehme Menschen ihren viel mehr benötigten Therapieplatz weg. Aber auch darüber habe ich mit meiner Therapeutin gesprochen und sie hat mir die, wenn auch irrationale, Angst davor genommen, die Therapie nicht nötig zu haben.
Langsam traue ich mich auch, mich Freunden und Freundinnen anzuvertrauen. Ich stoße nur auf positive Resonanz und zu meinem Erstaunen bin ich bei weitem nicht die einzige in meinem Umfeld in Therapie – so viele meiner Freundinnen oder Freunde erzählen mir, dass sie bereits einmal in therapeutischer Behandlung waren oder es gerade sind. Zu wissen, dass ich mit psychischen Problemen nicht allein bin und wie gut es tut, sich zu öffnen und auch vor meinen Freunden ehrlich sein zu können – auch das war eine wichtige Erkenntnis!
Nach einem knappen Jahr neigt sich meine Kurzzeittherapie dem Ende zu. Eine Verlängerung, die nur als Langzeittherapie mit 40 Stunden möglich ist, beantrage ich erstmal nicht. Ich habe mir viele Gedankengänge und Verhaltensmuster aneignen können, die ich für mich selbst anwenden kann und durch die ich für mich mit meinen Problemen umgehen kann. Ich habe aber vor allem gelernt, wie wichtig es ist, ehrlich zu sein und Hilfe annehmen zu können, auch wenn es manchmal unangenehm und eine Überwindung ist, Probleme anzusprechen.
Ich bin dankbar, eine Therapie gemacht und so schnell einen Platz gefunden zu haben und wünsche mir sehr, dass das für andere hilfsbedürftige Menschen in Zukunft einfacher wird.
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