Interview

Jung und politisch: AfD-Jungpolitikerin Marie-Thérèse Kaiser im Interview

Marie-Thérèse Kaiser von der AfD
Marie-Thérèse Kaiser von der AfD tritt als Bundestagskandidatin in Rotenburg an.

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. funky macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner*innen in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

Von Lisa Rethmeier und Hannah Lettl, funky-Jugendreporterinnen

Steckbrief:

Name: Marie-Thérèse Kaiser
Alter: 24
Partei: AfD
Aktuell: Direktkandidatin für den Bundestag in Rotenburg, Niedersachsen
Und sonst so? Hat Fashion, Luxury and Retailmanagement in Hamburg studiert

Nenne drei Begriffe, die du mit deiner Partei assoziierst:

  1. Bürgernähe
  2. Kompetenz
  3. Hoffnung

Beschreibe in einem Satz, was deine Partei für dich bedeutet:
Die AfD trägt in der politischen Landschaft alternativlos die Rolle des unbequemen Korrektivs.

Ergänze die Satzlücke: Ich möchte mit meiner Parteiarbeit entschieden…
… gegen Politikverdrossenheit vorgehen und mich für mehr Volksbeteiligung stark machen.

Beende den Satz: Mit meiner Parteiarbeit verfolge ich das Ziel, …
… dass Deutschland wieder normal wird, um für meine und die darauffolgenden Generationen eine lebenswerte Zukunft zu schaffen.

Wie kam es, dass du in die Politik gegangen bist?
Wir hatten zu Hause schon immer eine sehr offene Debattenkultur. Meine Mutter war sehr lange in der CDU aktiv und 2013 bin ich selbst in die Junge Union eingetreten. 2015, als die Grenzen geöffnet wurden, fing ich mein Studium in Hamburg an. Am Hamburger Hauptbahnhof herrschte Kontrolllosigkeit aufgrund von Menschenmassen. Sicherheit konnte nicht gewährleistet werden und man wusste nicht, wer diese Menschen waren, ob da Straftäter dabei waren. Das hat sich in den darauffolgenden Jahren dann gezeigt. (Anmerkung der Redaktion: Wie das BKA im jährlichen „Bundeslagebild Kriminalität im Kontext von Zuwanderung“ seit 2015 betont, ist die Mehrheit der Geflüchteten in Deutschland nicht straffällig geworden.) Nach diesen Ereignissen ist mein Interesse für politische Theorie und Geschichte gewachsen. Wegen der Grenzöffnung bin ich 2015 aus der Jungen Union ausgetreten. Zur AfD bin ich gekommen, weil mein Vater mir von einer neuen eurokritischen Partei erzählt hat, mit der ich mich dann befasst habe. Im Herbst 2017 war ich bei einer Veranstaltung mit Dr. Alexander Gauland und Dr. Bernd Baumann und habe noch am selben Abend meinen Mitgliedsantrag ausgefüllt.

Warum hast du gerade die AfD für dich als die richtige Partei auserwählt?
Ich habe mir die Wahlprogramme der Parteien zur Bundestagswahl 2017 durchgelesen und geschaut, was mit meinen Idealen übereinstimmt. Die mediale Berichterstattung über die AfD hat mich neugierig gemacht. Die Leute wurden als Nazis und Rechtsextremisten beschimpft. Bei der Veranstaltung mit Dr. Alexander Gauland und Dr. Bernd Baumann waren größtenteils Besucher, die meine Großeltern hätten sein können. Da habe ich mir gedacht, dass es nicht sein kann, dass sich unsere Senioren noch aktiv in die Politik einmischen, obwohl die Verantwortung bei uns jungen Menschen liegt.

Der Altersdurchschnitt von Parteien wird immer älter. Welche Herausforderung bringt ein junges Alter mit sich, wenn man in der heutigen Zeit etwas bewegen möchte?
Es ist nicht so leicht ist, sich als junger Mensch durchzusetzen. In der AfD sind die Ansprüche an junge Leute sehr hoch. Um das Berufspolitikertum vorzubeugen, ist in der Bundessatzung verankert, dass man mindestens fünf Jahre außerhalb der Politik und der Parteien gearbeitet haben soll. Das ist gerade dann schwierig, wenn man sich anschaut, mit welchen Repressalien und öffentlichem Druck junge Menschen konfrontiert sind, wenn sie sich für die AfD positionieren und stark machen.

Der AfD Slogan des Wahlkampfes für die Bundestagswahl lautet: „Deutschland. Aber normal“. Was versteht die AfD unter Normalität?
Das klingt simpel und das ist es eigentlich auch. Jeder möchte Wohlstand, Sicherheit, eine Zukunft in Frieden und Freiheit. Das ist menschlich und das empfinden wir als normal. Es ist aber nicht mehr selbstverständlich. Irgendwie ist die Welt zurzeit verrückt. Es werden Geld und Zeit in komplette Utopien gesteckt, egal ob Gendern, Klima und so weiter. Deswegen setzen wir uns dafür ein, dass Dinge wie Freiheit, Frieden, Wohlstand und Sicherheit auch für Kinder und Kindeskinder normal sein werden.

Irgendwie ist die Welt zurzeit verrückt. Es werden Geld und Zeit in komplette Utopien gesteckt, egal ob Gendern, Klima und so weiter.

Die AfD behauptet immer wieder, sie würde Politik für die „einfachen Leute“ machen. Trotzdem positioniert sie sich gegen eine Vermögens- und Erbschaftssteuer. Wie passt das mit einer Politik für die einfachen Leute zusammen?
Ich persönlich glaube nicht, dass man Gemeinsinn oder Pflichtgefühl stiftet, indem man die Steuern immer weiter erhöht und die Leute zwanghaft zu Abgaben verpflichtet. Wir verfolgen in unserem Parteiprogramm verschiedene Ansätze. Generell ist es uns aber ein wichtiges Anliegen, andere haushaltspolitische Prioritäten zu setzen. Das Geld muss für deutsche Interessen im Land ausgegeben werden und nicht für Genderprojekte im Ausland oder utopische Klimapolitik.

2017 wurde die gleichgeschlechtliche Ehe beschlossen. Die AfD hat sich dagegen positioniert. Warum? Würde die AfD die gleichgeschlechtliche Ehe heute wieder rückgängig machen, wenn sie könnte?
Ich kann an dieser Stelle nicht für die Partei sprechen. Die Begründung damals war Artikel 6 im Grundgesetz. Der sieht einen besonderen Schutz, nicht nur der Ehe allein, sondern auch der Familie vor. Die AfD hat sich gegen die Ausweitung dieses im Grundgesetz verankerten Begriffes ausgesprochen, weil man verhindern wollte, dass dieser Begriff beliebig weit ausgedehnt wird. Ich würde mir eine “Ehe für Alle“ als emotionales Bündnis zwischen zwei sich liebenden Menschen wünschen, aber nur sofern diese Ehe für Homosexuelle gänzlich von rechtlichen Ansprüchen und Steuererleichterungen losgelöst ist. Besonderer Schutz für alle bedeutet nämlich besonderen Schutz für niemanden.

Laut der AfD besteht die Familie nur aus Mutter, Vater, Kind. Wie ist das mit homosexuellen Paaren mit Kindern? Leben die dann nicht in einer Familie?
Ich spreche mich persönlich dagegen aus, dass man homosexuellen Paaren Adoption oder künstliche Befruchtung durch Leihmutterschaft gewährt. Es ist nicht die Norm und auch nicht was wir uns als Ideal vorstellen.

Ich spreche mich persönlich dagegen aus, dass man homosexuellen Paaren Adoption oder künstliche Befruchtung durch Leihmutterschaft gewährt. Es ist nicht die Norm und auch nicht was wir uns als Ideal vorstellen.

Würdest du sagen, dass Frauen allgemein in Deutschland benachteiligt werden?
Nein, das würde ich auf keinen Fall sagen. Man muss anerkennen, dass Männer und Frauen unterschiedlich sind, sie haben unterschiedliche Persönlichkeiten und Eigenschaften. Zum Beispiel durchlaufen Sie allein aufgrund unterschiedlicher Hormone ganz andere Entscheidungsprozesse. Nur weil man den gleichen Beruf ausübt, erbringt man nicht die gleiche Leistung. Jeder von uns, egal ob Mann oder Frau, hat unterschiedliche Stärken und Schwächen und damit auch unterschiedliche Vor- und Nachteile. In Deutschland haben wir die Gleichberechtigung für Männer und Frauen längst erreicht. Was wir nicht brauchen, ist eine Gleichstellung. Ich mag diese Opfermentalität nicht, deshalb setze ich auf Eigenverantwortung und Leistung. Wenn man weniger verdient als seine männlichen Arbeitskollegen, dann muss man den Mund aufmachen und mehr fordern. (Anmerkung der Redaktion: Laut Statistischem Bundesamt lag der Gender Pay Gap in Deutschland im letzten Jahr bei 18 Prozent. Das heißt, dass Frauen in Deutschland bei gleicher Arbeit durchschnittlich 18 Prozent weniger verdienen als Männer.)

In deinen Instagram-Stories läufst du bei Pegida-Demos mit. Alexander Gauland sagte schon 2014 »Wir sind die ganz natürlichen Verbündeten dieser Bewegung«. Wie stehst du zu den Kernforderungen der Gruppierung?
Ich finde Bürgerbewegungen generell sehr bedeutsam. Sie spiegeln die Sorgen und Nöte der Bürger wider und für Politiker ist Bürgernähe besonders wichtig, um nicht die Bodenhaftung zu verlieren und Meinungsbilder als Grundlage für politische Entscheidungen zu nutzen. Pegida hat 2014 ein Punktepapier mit ihren Positionen veröffentlicht und ich stimme dem ganz zu. Die meisten Forderungen, die Pegida stellt, sind bereits gültiges Recht und Gesetz, werden aber nicht konsequent umgesetzt.

Das Recht auf Asyl ist auch gültiges Recht, das derzeit nicht konsequent umgesetzt wird. Wäre dann auch eine Forderung, dass Geflüchteten der Schutz vor Krieg und Verfolgung gewährleistet wird?
Nein, das ist sehr einfach formuliert. Deutschland muss nicht alle Flüchtlinge aufnehmen. Wir berufen uns auf die Genfer Flüchtlingskonvention. Man muss zu Recht und Ordnung zurückkehren und sich an geltende Gesetze halten. Wir haben das Recht Leute abzulehnen und wir müssen nicht jedem, der hier einen Asylantrag stellt, Asyl gewähren. Wir haben auch viele Leute im Land, deren Asylantrag längst abgelehnt wurde, die aber noch geduldet und nicht konsequent abgeschoben werden. (Anmerkung der Redaktion: Aus einer Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE an den Bundestag ging hervor, dass laut Ausländerzentralregister zum Stichtag 30. Juni 2020 271.767 Personen ausreisepflichtig waren, davon 220.907 Personen mit einer Duldung und 50.860 Personen ohne Duldung. Duldungen sind befristet, Geduldete können jedoch jederzeit abgeschoben werden und haben daher keinen gesicherten Aufenthalt. Die Mehrheit der Geduldeten hatte zuvor einen Antrag auf Asylgestellt, der abgelehnt wurde.)

Das Landesamt für Verfassungsschutz in Sachsen hat Pegida als extremistisch eingestuft und hat Nachweise gefunden, dass die Bewegung verfassungsfeindlich ist. Hat das wirklich noch etwas mit Bürgernähe zu tun, wenn man dort mitdemonstriert?
Für mich ist der Verfassungsschutz kein Verfassungsschutz, sondern ein Inlandsgeheimdienst, der politisch instrumentalisiert wird. Somit sind die Entscheidungen dieses Geheimdienstes für mich nicht maßgeblich. Unsere Junge Alternative ist auch in manchen Landesverbänden als Beobachtungsfall eingestuft, sowie der ehemalige Flügel. Das ist meiner Meinung nach alles politisch motiviert. Pegida ist eine Bürgerbewegung und diesen Menschen muss man Gehör schenken.

In einem Interview mit der Jugendredaktion vom Spiegel sagtest du 2018, dass du kein Problem damit hättest, neben Reichsbürgern auf „Merkel muss weg“-Protesten zu demonstrieren. Auf der anderen Seite forderst du Toleranz und Demokratie. Wie passt das zusammen? Und was bedeutet Toleranz für dich?
Während des Interviews war ich umzingelt von tausenden Linksextremisten, die Flaschen geworfen haben. Deshalb habe ich die einzelnen friedlichen Reichsbürger nicht als Bedrohung wahrgenommen. Ich finde, dass dieses Reichsbürgerthema völlig überbewertet wird. Artikel 8 im Grundgesetz ist das sogenannte Demonstrationsrecht und jeder deutsche Staatsbürger hat das Recht, sich ohne Anmeldung und Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Demonstrationen sind dazu da, Interessengruppen zusammenzubringen. Es geht immer um eine konkrete Thematik und nicht um hundertprozentige Übereinstimmung bei der Weltanschauung. Toleranz bedeutet für mich, dass ich andere Meinungen, Lebens- und auch Handlungsweisen dulde, auch, wenn sie nicht meiner eigenen Überzeugung entsprechen. Allerdings ist Toleranz nicht grenzenlos. Das ist auch ein Kernproblem des Liberalismus, denn wenn man unbeschränkte Freiheit hat, zerstört sie sich am Ende immer selbst und mündet im Totalitarismus. Darin sehe ich ein massives Problem.

Reichsbürger wollen die Bundesrepublik Deutschland abschaffen, boykottieren staatliche Institutionen und besitzen teilweise ganze Waffenarsenale in ihren Häusern. Hört da nicht Toleranz auf, weil genau das unsere Freiheit gefährdet?
Es ist eine kleine Gruppe an Personen, die ich nicht als persönliche Bedrohung empfinde.

Du befürwortest das Grundgesetz. Artikel 4 des Grundgesetzes schreibt die Religionsfreiheit fest. Wieso bist du dann Teil einer Partei, die sagt, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört und Kopftücher aus dem öffentlichen Raum verbannen will?
Zum einen basiert unsere abendländische Kultur auf westlichen Werten und der Islam ist in ganz anderen Kulturkreisen verbreitet. Hinzu kommt, dass der Islam nicht nur religiös ist, sondern auch stark politisch. Diese politischen Strukturen des Islams sind nicht mit unserem Grundgesetz, unseren Werten und unserem Frauenbild vereinbar. Kopftücher sind nicht nur ein religiöses Zeichen, das ist eine völlige Falschannahme, sondern sie sind ein Zeichen für absolute Frauenfeindlichkeit und die Sexualisierung der Frau.

Das ist eine starke Generalisierung des Islams. Was ist mit den Frauen, die aus freien Stücken Kopftuch tragen? Wäre eine kritische Auseinandersetzung nicht angebrachter als ein Verbot, das die Religionsfreiheit einschränkt?
Ich denke, dass ohne Verbot kein Erfolg erzielt werden kann. Gerade eben, wenn Frauen in diesen patriarchalischen Strukturen gefangen sind, werden sie niemals bei einem Gespräch allein erscheinen, sondern es wird immer ein Mann dabei sein. Man muss Frauenschutz und Kinderschutz betreiben. Da müssen wir eine klare Grenze ziehen. Wer Kopftuch tragen will – aus freien Stücken oder nicht – der kann das tun. Aber dann eben nicht in Deutschland.

Parteikolleg*innen haben Corona als „Plandemie“ bezeichnet und sprechen sich auch gegen Impfungen und Masken aus. Wie stehst du zu dem Thema?
Der Begriff „Plandemie“ ist nicht unbegründet. Wenn man sich mal anschaut, wer wann wie und wo Geld investiert hat, dann ist das schon sehr merkwürdig. Die Bill und Melinda Gates Stiftung zum Beispiel ist immer als Auftraggeber und massiver Geldgeber involviert und hat eine starke Verbindung zur WHO. Obwohl ich glaube, dass es Corona gibt, wird hier gerade Politik mit Angst gemacht und nicht auf Basis der Fakten. Dahinter steht eine Lobby und massiv viel Geld. (Anmerkung der Reaktion: Die Bill und Melinda Gates Stiftung ist eine der größten Geldgeber der WHO, die sich zu ca. 80 Prozent aus freiwilligen Beiträgen finanziert. Der Einfluss von Gates ist nicht unumstritten, allerdings werden Zitate von ihm häufig falsch und in anderen Kontexten wiedergegeben, wie der ARD Faktenfinder herausgefunden hat: „Die transparente Zusammenarbeit seiner Stiftung mit anderen Institutionen wird als ein dubioses, geheimnisvolles Netzwerk dargestellt.“)

Wie stehst du zu Impfungen und zur Maskenpflicht?
Beides muss auf Freiwilligkeit beruhen. Es sollte weder Impfdruck geben, noch eine direkte oder indirekte Impfpflicht. Auch spreche ich mich gegen die Maskenpflicht aus, weil ich sie derzeit für absolut willkürlich halte. Ich persönlich lasse mich nicht impfen. 

In einer Rede vor dem Berliner Hauptbahnhof 2018 weist du die Vorwürfe zurück, dass die AfD eine ausländerfeindliche Partei sei. Parteikolleg*innen wählen aber regelmäßig diskriminierende, menschenfeindliche Wörter, um Geflüchtete zu beschreiben. Frauke Petry forderte Schusswaffeneinsätze an den Grenzen. Wieso hältst du die AfD dennoch für nicht ausländerfeindlich?
Dieses Beispiel mit Frauke Petry wurde völlig aus dem Zusammenhang gerissen und verdreht. Wenn man sich für Grenzschutz einsetzt und für den Schutz der eigenen Bevölkerung, dann ist das für mich nicht ausländerfeindlich, sondern Inländerfreundlich. Dieser Begriff der Diskriminierung ist zu einer Worthülse geworden, die beliebig gefüllt werden kann. Vermeintliche Menschenfeindlichkeit wird als Totschlagargument genutzt, um den angeblichen Menschenfeind mit all seinen Argumenten moralisch zu diskreditieren. Das ist ein linkes Dogma, und da stellt sich wieder die Frage nach den Loyalitäten: Mache ich Politik für Deutsche, oder mache ich Politik für Ausländer? Es lässt sich sehr gut moralisch argumentieren, dass es das Richtige ist, niemanden aufzunehmen, da unkontrollierte Massenmigration schlecht für die Gesellschaft und somit unethisch ist. Insbesondere, wenn es um illegale Einwanderer geht, die die Genfer Flüchtlingskonvention missachten, Werte und Gesetze nicht anerkennen, von unseren Sozialleistungen profitieren wollen und hier völlig unkontrolliert passieren dürfen.

Stellt das unbedingt immer einen Widerspruch dar? Muss man sich immer entscheiden, ob es sich um Deutsche oder Geflüchtete handelt?
Das ist nicht immer ein Widerspruch. Wir haben oft gesagt, dass wir einen Fokus darauf legen würden, Flüchtlinge aus nicht kulturfremden Ländern aufzunehmen. Man kann das differenzieren und es gibt nicht immer schwarz und weiß. Ich kenne auch Afghanen oder Türken, die hier bestens integriert sind. Nur muss man neben diesen Einzelfällen auch immer das große Ganze betrachten. Ich mache nicht den einzelnen Flüchtlingen den Vorwurf. Wenn wir sagen, ihr könnt hier alle unkontrolliert herkommen, dann ist das unsere eigene Schuld.

Formulierungen auf Wahlplakaten wie „Afghanistan-Flüchtlinge: Willkommenskultur für Gruppenvergewaltigungen?“ pauschalisieren und schaffen das Feindbild des übergriffigen Fremden. Es wird immer nur das Schlechte an den Geflüchteten in die Öffentlichkeit gestellt, das Gute aber nicht.
Das sehe ich nicht so. Wir haben im Bundestagswahlkampf zum Beispiel auch das Plakat: “Wieso ich nach Deutschland kam. Für die deutsche Leitkultur.“ Da haben wir geregelte Migration und Integration als positives Beispiel hervorgehoben. Wir thematisieren und differenzieren das ganz klar. Nur ist es logisch, dass man auf dem Wahlplakat und einer Instagram-Kachel nicht alle Einzelbeispiele aufführen kann. So funktioniert Marketing. Ich habe mit „Willkommenskultur für Gruppenvergewaltigungen?“ ganz klar einen provokanten Slogan verwendet, der aber als Frage gekennzeichnet war.

Du sprichst dich dagegen aus, Ortskräfte aus Afghanistan aufzunehmen, die den Deutschen geholfen haben. Wie lässt es sich vereinbaren, dass man eine kontrollierte Einwanderung fordert, aber sogar diese Menschen nicht aufnehmen will?
Es ist interessant, wie die Tatsachen im Moment verdreht werden. Denn wenn ich mich recht erinnere, haben wir den Afghanen geholfen, westliche Werte zu implementieren. Sie haben zwar eine Leistung erbracht, aber für diese wurden sie auch entlohnt. Sie haben dieses Risiko in Kauf genommen und sich für ihr eigenes Land stark gemacht. Ich meine, wenn ich mich für die AfD stark mache, dann weiß ich auch, was ich damit in Kauf nehme. Ich muss auch mit Repressalien, Morddrohungen und Vergewaltigungswünschen leben und kann nicht hinterher bei der Partei Entschädigung einfordern. Die Flüchtlings- und Migrationspolitik der letzten Jahre war desaströs. Wir brauchen daher eine konsequente Abschiebepolitik und einen vorübergehenden Aufnahmestopp.

In Deutschland haben 25 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Können diese Leute Deutschland als ihre Heimat nennen?
Ich denke schon, dass man Deutschland als seine Heimat begreifen kann, aber dann muss man sich auch für eine Staatsbürgerschaft entscheiden. Ansonsten befindet man sich immer zwischen zwei Stühlen. Das krasse Beispiel ist der hypothetische Kriegsfall: Für wen entscheide ich mich? Da müssen die Loyalitäten klar sein. Ich kann nicht in Deutschland leben und alle Vorteile wahrnehmen, aber gleichzeitig Erdogan und sein Regime unterstützen, nur weil ich da mal eine Woche im Urlaub bin.

Was meinst du mit Kriegsfall?
Wenn ich eine doppelte Staatsbürgerschaft habe – wir sind auch für die Wiedereinführung der Wehrpflicht – und wir einen Kriegsfall hätten, dann muss ich mich entscheiden. Und wenn ich nur eine Staatsbürgerschaft habe, dann ist ganz klar, für wen ich kämpfe.

Was sagst du zu dem Vorwurf, dass die Parteibeliebtheit der AfD auf Ausgrenzung beruht?
Ich finde, wenn man sich die aktuellen Debatten anschaut, sei es jetzt Gender, LGBTQ, „Black Lives Matter“ oder „Fridays for Future“, dann beruhen die alle auf irgendeinem Konflikt und heben Unterschiede hervor. „Black Lives Matter“ ist schwarz gegen weiß. „Fridays for Future“ ist ein Generationenkonflikt, „Jung gegen alt“, Oma und Opa werden als Umweltsünder dargestellt. LGBTQ ist der Kampf gegen Heterosexualität, man versucht sich abzugrenzen. Die Genderdebatte ist ein Geschlechterkonflikt. Wir hingegen betonen stets Gemeinsamkeiten und versuchen Gemeinschaft zu stärken. Man muss dieser fortschreitenden Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken und eine offene Debatte führen. Ein ausgeprägtes Nationalbewusstsein und ein gewisser Nationalstolz machen uns als Gemeinschaft stark und verbinden uns mit anderen Nationen. Warum müssen wir eine Minderheitenpolitik machen? Wir machen Politik für das gesamte deutsche Volk.

LGBTQ ist der Kampf gegen Heterosexualität, man versucht sich abzugrenzen.

Das ist doch ein Widerspruch, dass die Politik für die gesamte deutsche Bevölkerung sein soll, wenn da Leute ausgeklammert werden und die Minderheiten nicht dazu gehören. Wo schließt die AfD da die gesamte deutsche Bevölkerung mit ein?
Demokratie beruht auf Mehrheiten, so ist das nun mal. Es wäre dann vielleicht eine Kritik, die man am System äußern müsste. Ich bin zufrieden mit der Demokratie, wie wir sie haben. Natürlich macht man für die Mehrheit des Volkes Politik. Minderheitenpolitik? Wo wollen wir denn dann aufhören? Es gibt immer irgendwen, der noch eine Besonderheit hat. Wollen wir jetzt zehn verschiedene Toiletten haben? Ich weiß gar nicht, bei wie vielen Geschlechtern wir mittlerweile sind, die es vermutlich geben soll. Das ist ein Gefühl, das sind Emotionen, die da hervorkommen, wie ich mich selbst identifiziere. Das ist nichts, das auf Tatsachen, auf Fakten beruht. (Anmerkung der Redaktion: In einer Umfrage der EU-Grundrechteagentur gaben 44 Prozent der 16.000 teilnehmenden Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und intersexuellen Menschen aus Deutschland an, in einer Bewerbung, am Arbeitsplatz, bei der Wohnungssuche, bei der Inanspruchnahme sozialer Dienste oder Gesundheitsdienste, an der Schule oder Uni, im Cafe, Restaurant oder Club, in einem Geschäft oder beim Ausweisen aufgrund ihrer sexuellen Identität diskriminiert worden zu sein.) Wir müssen rationale Entscheidungen treffen und können keine Rücksicht auf Befindlichkeiten nehmen.

Mehr als 97 Prozent aller Klimaexpert*innen sind sich einig, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Für diese Statistik wurden um die 12.000 Studien ausgewertet. Trotzdem steht im Parteiprogramm der AfD, dass der Klimawandel nicht menschengemacht ist. Wieso stellt sich die AfD in diesem Punkt gegen fast alle Klimaexpert*innen und auf was gründet sie ihren Widerspruch?
Zum einen steht im Parteiprogramm nur, dass nicht bewiesen ist, dass der Wandel des Klimas maßgeblich durch den Menschen und CO2 beeinflusst wird. Wir haben die jüngste globale Erwärmung nie geleugnet oder bestritten, sondern bezweifeln lediglich, dass sich daraus nur negative Folgen ergeben. Im Moment wird eine Politik der Angst betrieben. Anstatt einen aussichtslosen Kampf gegen diesen Klimawandel zu führen, wollen wir ihn positiv begreifen. Die ganze Menschheitsgeschichte belegt, dass Warmzeiten immer zu einer Blüte des Lebens und der Kultur geführt haben. Kaltzeiten führten eher zu Not, Hunger und Krieg. Die Erwärmung, die wir gerade erleben, liegt immer noch im Bereich natürlicher Klimaschwankungen. (Anmerkung der Redaktion: In der Vergangenheit gab es zwar immer wieder kleine Klimaveränderungen auf der Erde, allerdings waren diese nie so schnell in kurzer Zeit aufgetreten wie es jetzt der Fall ist. Grund dafür ist das Verbrennen von fossilen Brennstoffen durch den Menschen, welches die Treibhausgaskonzentration in der Athmosphäre extrem ansteigen lässt, so der Weltklimarat und Weltorganisation für Meteorologie.) Das Ziel der Bundesregierung, die CO2-Emissionen faktisch auf Null zu senken, führt zu einem radikalen Umbau von Industrie und Gesellschaft und bedroht massiv unsere Freiheit. Wir lehnen daher den Klimaschutzplan der Bundesregierung ab und fordern die Kündigung des Pariser Klimaabkommens.

Wir haben die jüngste globale Erwärmung nie geleugnet oder bestritten, sondern bezweifeln lediglich, dass sich daraus nur negative Folgen ergeben.

Also würdest du dann eher davon ausgehen, dass der Klimawandel nicht menschengemacht ist? Und dass man deswegen nicht in dem Maße handeln muss?
Ich bin kein Klimaexperte, Physiker oder Biologe – ich würde mir da kein Urteil in der Hinsicht anmaßen. Ich denke, dass das weiter erforscht werden muss. Vor allem aber objektiv. Es kann nicht sein, dass Forschung so beeinflusst wird, dass die Forschungsergebnisse immer zugunsten der Geldgeber ausfallen. Da steckt eine enorme Lobby dahinter, die ein Interesse daran hat, das ganze Klimathema voranzutreiben. Die Frage des Geldes ist auch ganz wichtig. „Fridays for Future“ ist schon öfters in die Kritik geraten, weil sie ihre Finanzierung nicht offenlegen. Für mich ist das einfach eine lobbyfinanzierte Bewegung, die auch aus finanziellen Interessen heraus Angst oder Hasspolitik betreibt. Und das Schlimme ist, dass sie dafür auch noch junge, engagierte Menschen, die sich einfach nur zugehörig fühlen wollen, ausnutzen. Auch können wir als einzelnes Land nicht die globale Erwärmung stoppen, selbst wenn der Klimawandel durch CO2 und Menschen beeinflusst wird. Gerade wenn man global denkt, was die Klimawandellobbyisten immer tun, muss man das Problem des massiven Bevölkerungswachstums offen diskutieren. Solche Sachen werden komplett außer Acht gelassen.

Wie siehst du die Zukunft der AfD? Ist die Partei aus Überzeugung Opposition oder hat sie Regierungswillen?
Ich glaube, sie ist beides. Wir sind natürlich überzeugt von der Oppositionsarbeit, die wird als stärkste Oppositionspartei im Bundestag leisten. Viele Themen wären ohne unsere Fraktion im Bundestag nie auf den Tisch gekommen, wie zum Beispiel die Clankriminalität.  Der Wille Regierungsverantwortung zu übernehmen ist definitiv da. Mal abgesehen davon, dass bis dato sowieso niemand mit uns koalieren möchte, bin ich der Meinung, dass wir das auch nicht als Juniorpartner machen sollten. Generell würde ich sagen, dass eine Koalition oder aber auch eine Minderheitenregierung denkbar wäre, aber nur solange die anderen Fraktionen ihr kindisches Stimmverhalten ablegen und nicht prinzipiell ohne inhaltliche Bewertung gegen die Anträge der AfD stimmen.

Könnte sich denn die AfD derzeit mit einer Partei eine Koalition vorstellen?
Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich das verneinen. Ich kann nicht für die Partei als Ganzes sprechen, da habe ich auch keine offizielle Stellungnahme zu parat, aber aus meiner Sicht gibt es dafür keine Partei.


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Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.