Meinung

Die Abiturprüfungen müssen verschoben werden!

Abitur Hessen
Obwohl Deutschland in der Corona-Krise steckt, haben heute in Hessen die Abiturprüfungen begonnen.
Das Coronavirus hat Deutschlands Bildungssystem lahmgelegt: Sämtliche Schulen sind zu, auch die Abschlussprüfungen wurden in allen Ländern nach hinten verschoben. In allen Ländern? Nicht ganz! In Hessen haben heute die Abiturprüfungen begonnen. Auch Berlin will den Starttermin des Zentralabiturs am 27.03. unbedingt halten. Was soll der Wahnsinn?
Von Moritz Tripp, funky-Jugendreporter

Während das öffentliche Leben in der ganzen Republik weitestgehend heruntergefahren wird, mussten ab heute Schüler wie Lehrer an den bereits geschlossenen Gymnasien in Hessen antanzen, um die Abiturprüfungen abzulegen. In Anbetracht der Tatsache, dass ein Großteil der deutschen Industrie bereits Produktionsstätten sowie Büros geschlossen und die Mitarbeiter ins Home Office geschickt hat, entbehrt dieser Schritt der hessischen und Berliner Kultusministerien jeglicher logischen Grundlage. Die Länder widersetzen sich hier entschieden dem Kurs der Regierung, soziale Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren, um die Ausbreitung der Corona-Pandemie einzudämmen. Während Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein, die ebenfalls im März das Abitur geschrieben hätten, bereits die Reißleine gezogen und die Prüfungstermine auf die Zeit nach Ostern verschoben haben, stößt man in Hessen und Berlin auf taube Ohren.

Wie mit Schülern in Quarantäne verfahren?

Das hessische Kultusministerium ließ vor einer Woche verlauten: „Landesregierung und Schulverwaltung wollen all jenen, die mit den bevorstehenden Prüfungen ihre Hochschulreife erlangen möchten, diese Möglichkeit auch weiterhin offenhalten.“ Doch was soll diese suggerierte Chancengleichheit bringen, wenn ohnehin nicht alle Schüler an den Prüfungen teilnehmen können? Jene, die infiziert oder in Quarantäne sind, können die Prüfungen ja nicht einfach zuhause ablegen. Wie mit diesen betroffenen Schülern verfahren werden soll, scheint immer noch nicht klar zu sein: Ralf Treptow, Schuldirektor des Rosa-Luxemburg-Gymnasiums in Berlin, erklärte, der Umgang mit Personen, die erkrankt oder in Quarantäne sind, sei „problematisch“ und müsse noch geklärt werden. Doch langsam wird die Zeit dafür ganz schön knapp.

Italien warnt vor deutschem Kurs

Auch für das Lehrpersonal und die Mitarbeiter der Schulämter ist die jetzige Situation ein Alptraum. Gerade ältere Lehrerinnen und Lehrer sind besorgt um ihre Gesundheit und möchten sich nicht der Gefahr einer Infizierung im Klassenraum aussetzen. Da wird es auch kaum helfen, dass die Schüler die Prüfungen in kleineren Gruppen absolvieren und die Tische in einem Mindestabstand von 1,50 Metern zueinander aufgestellt werden sollen. Kann man sie zwingen, trotzdem zu kommen? Wohl kaum. Unter diesem Gesichtspunkt scheint es umso absurder, die Prüfungen in der Hochphase der Krise um jeden Preis durchboxen zu wollen. An den Schulämtern werden derweil Überstunden angehäuft, in dem Versuch, diesen organisatorischen Kraftakt irgendwie über die Bühne zu bringen.

Bürgermeister und Ärzte aus dem Corona-Epizentrum Italien warnen dieser Tage alle anderen EU-Länder davor, leichtfertig zu sein. Aus allen Ecken des gebeutelten Landes hört man den Ratschlag, die Maßnahmen zur Abschottung zu beschleunigen, um möglichst die Kontrolle zu behalten. Doch in Hessen und Berlin bleibt man wohl lieber vernunftresistent.

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