Meinung

Von Tür zu Tür für den Naturschutz – meine Erfahrung als Promoterin

Eine ausgestreckte Hand mit Erde und einer Pflanze vor einem verschwommenen grünen Hintergrund.
An Türen Mitglieder für Naturschutzvereine werben ist nicht immer leicht, denn jede Tür birgt eine neue Überraschung.

Alle wollen sie, nicht jeder genießt sie: Die berühmte erste Arbeitserfahrung. In der Rubrik „Jobkompass“ berichtet die junge Generation von interessanten, skurrilen und unschönen Ausbildungs- und Nebenjoberfahrungen.

Sophie Ostermann, funky-Jugendreporterin

Klinkenputzer oder Drückerkolonne, so wird das Berufsfeld des Promoters oft genannt. Als ich meinen Eltern eröffnet habe, dass ich genau das als Ferienjob nach dem Abitur machen möchte, haben sie nur den Kopf geschüttelt. Verständlicherweise, denn gut mit fremden Menschen reden konnte ich nicht.

Ehrlich gesagt habe ich auch nicht damit gerechnet, dass ich länger als zwei bis drei Tage durchhalte. Der Gedanke daran, bei fremden Menschen zu klingeln und ihnen irgendetwas über den Naturschutz zu erzählen, damit sie im besten Fall Mitglied bei der Organisation werden, hat mich mehr als eingeschüchtert. Jetzt mache ich das ganze schon über vier Jahre immer mal wieder neben dem Studium, habe einiges an Erfahrung sammeln und viele coole Menschen treffen können.

Ich erinnere mich noch gut an die ersten Wochen. Ich bin angekommen und habe kaum ein Wort herausbekommen. Meine Gedanken sind zwischen „Das kann echt gut werden“ und „Was mache ich hier eigentlich?“ hin- und hergeschwankt. Die Teamleitung hat mich und ein paar andere Neuankömmlinge vom Bahnhof abgeholt. Dann ging es zur Wohnung, die viel zu klein für neun Leute war und in der ich trotzdem die nächsten zwei Wochen leben sollte.

Abends gab es dann die erste kleine Einweisung: Uns wurde erklärt, was die Organisation für Projekte hat und was uns morgen an den Haustüren so erwarten würde. Am nächsten Morgen ging es direkt mit dem sogenannten Gesprächstraining weiter. Und dann stand ich auch schon vor meiner ersten Haustür. Die ersten paar Türen hat mich die Teamleitung noch begleitet und dann war ich auf mich allein gestellt. Das Ziel an dem Tag: Eine Person als Mitglied dazugewinnen. Nachdem ich bereits sieben Stunden verzweifelt von Tür zu Tür lief, hat es dann in den letzten Minuten doch noch geklappt. Von da an wurden es jeden Tag ein paar mehr, die mitgemacht haben, und der Job fing an, Spaß zu machen. Zu sehen, dass es doch einige Menschen gab, denen Umweltschutz wichtig war und mit ihnen zu reden, erfüllte mich mit Freude.

So ein Tag als Promoterin war lang. Von 12:30 bis 20:30 Uhr wurde gearbeitet, davor gab es Gesprächstraining und danach wurde gekocht und mit den Kollegen gequatscht. Zum Glück wird es im Sommer noch nicht so schnell dunkel. Zusammen konnte man auch nach der Arbeit an den See fahren oder einfach die letzten Sonnenstrahlen genießen.
Der Winter stellte eine neue Herausforderung dar. Es war nicht nur kalt und nass, sondern auch die Menschen hatten nicht mehr sonderlich viel Lust auf Besuch nach 18 Uhr. Trotzdem machte ich weiter.

Die Personen hinter den Haustüren könnten unterschiedlicher nicht sein. Einige waren kalt und abweisend, andere wiederum freundlich und einladend. Mir wurde manchmal Kaffee und Kuchen angeboten, im Sommer Eis und im Winter Tee. Ich bekam unglaubliche Geschichten zuhören: Eine Person restaurierte Gemälde, einmal im Jahr auch in Ägypten Pyramiden, eine andere hatte einen Mann, der immer mal wieder in New York arbeitete. Mit dem ich dann auch, aus einem kleinen Dorf in Baden-Württemberg, gefacetimed, um ihm unsere Projekte vorzustellen.

Einige lobten mich für meine Arbeit und wussten wertzuschätzen, dass ich täglich mit Abweisung und unfreundlichen Menschen zu tun hatte. Andere wiederum sahen mich als Verkörperung des Bösen und ließen ihre schlechte Laune an mir aus: Sie verstanden nicht, wie ich es wagen konnte, bei ihnen zu klingeln, oder schimpften über Themen, die mit mir und meiner Arbeit nichts zu tun hatten.

Ich war gezwungen, zu lernen, das alles nicht persönlich zu nehmen und einfach weiterzumachen. An manchen Tagen ging das besser als an anderen, an denen fühlte sich jede Zurückweisung persönlich an und nicht selten hatte ich Tränen in den Augen. Doch jeden Abend hat mein Team es geschafft, mich aufzumuntern und wieder zum Lachen zu bringen. Schlussendlich machten sie alle genau dasselbe durch und abends hatte jede:r witzige Geschichten zu erzählen.

Trotz aller Schwierigkeiten ist es immer noch ein Job, den ich gerne mache. Ich unternehme so etwas für die Umwelt und helfe dabei, Naturschutzprojekte in Deutschland voranzubringen, beispielsweise Streuobstwiesen oder Flussrenaturierungen. Daneben lernt man einiges über Kommunikation, Frusttoleranz und sich selbst. Mir hat das Promoten vor allem dabei geholfen, meine Schüchternheit zu überwinden und lockerer auf neue Menschen zugehen zu können. Nicht zu vergessen all die besonderen Menschen, die man trifft, sei es an den Haustüren oder in den Teams.

Dennoch ist der Job sicherlich nicht für jeden etwas. Es gab einige Neuanreisende, die nach ein oder zwei Tagen bereits wieder ihre Tasche packten, weil der Job nicht zu ihnen passte. Die Arbeit bietet die Chance, aus der Komfortzone auszubrechen und etwas Neues zu erleben. Ich konnte einiges über mich lernen und wertvolle Erfahrungen sammeln, deswegen würde ich jedem empfehlen, es einfach mal auszuprobieren.

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Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.