Meinung

Was Gegenständen sentimentalen Wert verleiht

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Manche Gegenständige sind mit einem größeren sentimentalen Wert verbunden als andere.

Mit der Zeit häufen wir Gegenstände an. Vieles ist ersetzbar, doch an einigen Stücken hängt man, da ihnen ein besonderer sentimentaler Wert zukommt.

Anna Mühlhäuser, funky-Jugendreporterin

Als ich darüber nachdenke, was für mich wirklich sentimentalen Wert hat, gerate ich ins Grübeln. Immer wieder lande ich in Gedanken bei meiner Lieblingssonnenbrille, die ich letzten Sommer verloren habe. Diese Brille stand symbolisch für den vergangenen Sommer, in dem so viel passiert ist. Sie erinnert mich an die Abende im Park, mit einem kalten Getränk, und an die Leichtigkeit, die mich in diesem Sommer so wie noch nie zuvor begleitet hat. Vielleicht lag es daran, dass ich gerade die Schule beendet, mein Abi in der Tasche hatte und meine Träume von nichts aufgehalten werden konnten.

Bevor ich anfing, mir Gedanken über meinen sentimentalen Gegenstand zu machen, habe ich Freundinnen und Freunde gefragt, was für sie „sentimental“ bedeutet. Ihre Antworten: ein Gefühl von Heimweh, das Sehnen nach etwas Vertrautem. Und auch der Duden sagt: „Sich danach sehnen, wieder bei jemandem, an einem bestimmten Ort, in einer bestimmten Lage zu sein“. Zum Begriff „sentimental“ finde ich diese Bedeutungen: „allzu gefühlsbetont; (übertrieben) gefühlvoll; rührselig und empfindsam (leicht schwärmerisch, romantisch)“.

So weit, so gut. Aber mit dem Ergebnis, dass meine verschollene Sonnenbrille mein sentimentalster Besitz sein soll, bin ich unzufrieden. Habe ich nicht auch im Winter und in anderen Sommern schöne Sachen erlebt? Mir fallen immer mehr Dinge ein, mein alter Schulrucksack, der mich fast fünf Jahre lang begleitet hat, mein erstes Kuscheltier – ein kleiner blauer Hase – oder meine ersten Vans-Sneaker, die den Anfang des Teenie-Seins für mich markieren. Aber für einen Gegenstand entscheiden kann ich mich nicht.

Also wieder zurück zu den Bedeutungen, die mir das Wörterbuch ausgespuckt hat. „Sich nach etwas, einem Ort oder einer Lage sehnen, übertrieben und romantisiert.“ Das bringt es auf den Punkt. Ich erinnere und sehne mich an Erlebnisse und Orte sowie Lebenslagen zurück, die ich erlebt habe. Ich romantisiere sie, weil das menschliche Gehirn häufig Vergangenes verklärt und die unschönen, stressigen und unangenehmen Dinge verdrängt. Zum Glück.

Aber was schließe ich daraus? Eigentlich kann alles ein sentimentaler Gegenstand sein. Unsere Lebenssituationen verändern sich stetig, dauernd geschehen neue Dinge. Man sollte ab und an innehalten, denn für jeden einzelnen Lebensabschnitt, egal, ob es ein Sommer, meine Kindheit oder meine Schulzeit betrifft, kann ein anderer sentimentaler Gegenstand stehen. Ganz gleich, welcher es ist: Im Grunde steht er vielmehr symbolhaft für eine Form der Erinnerung, für die Gefühle und Emotionen, die ich mit dieser Zeit verbinde. Je nach Lebensabschnitt kann ein bestimmter Gegenstand stärkere Gefühle hervorrufen als andere. Nichtsdestotrotz finde ich mein Ergebnis sehr beruhigend, vermittelt es doch die eigene Akzeptanz gegenüber jeder Lebenslage und den damit verbundenen Gefühlen und Erinnerungen, egal, wie objektiv diese noch sein mögen. Aus jeder Lebensphase gibt es etwas Positives, was ich mitnehmen kann.

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