Interview

Clara Maria Groppler im Interview: „Als Frau wird man schnell pauschalisiert“

Clara Maria Groppler
Clara Maria Groppler findet es wichtig, dass sich Frauen gegenseitig unterstützen und einander Vorbilder sein können.
Annika Derichs, funky-Jugendreporterin
Clara Maria Groppler
© Leon Fülber

Maria Clara Groppler stand bereits im Alter von 17 Jahren auf der Bühne. Sie ist nicht nur Stand-Up-Comedian, sondern auch im Fernsehen und auf Social-Media zu verfolgen. Beim Deutschen Comedypreis 2020 wurde die Wahl-Kölnerin als Newcomerin des Jahres ausgezeichnet. Ihre Fans schätzen sie insbesondere für ihre offene und direkte Art, die mit den Erwartungshaltungen der Zuschauerinnen und Zuschauer bricht. Im Interview berichtet die inzwischen 24-Jährige über den Anfang ihrer Karriere und wie es ist, als Frau Stand-Up-Comedy zu machen.

Seit du 17 Jahre alt bist stehst auf der Bühne. Wie bist du zur Stand-Up-Comedy gekommen?
Ich hatte mit 17 gar keine Ahnung von Stand-Up und wusste nicht einmal, dass es so etwas gibt. Damals war ich mit einer Freundin in Berlin und wir sind durch Zufall in einer Bar gelandet, in der Stand-Up Comedy lief. Danach bin ich immer mal wieder zu offenen Bühnen in Berlin gefahren, weil ich Gefallen daran gefunden hatte und die Atmosphäre cool fand. Irgendwann wollte ich selbst Stand-Up-Comedy ausprobieren und habe mit einer Freundin ein erstes Programm zusammengeschrieben, das tatsächlich ein paar Lacher eingebracht hat. Das hat mich so begeistert, dass ich es zum Hobby gemacht habe und ein paar Jahre später sogar davon leben konnte.

Du bist jung, erfolgreich und selbstständig und setzt immer mehrere Projekte gleichzeitig um. Wie gehst du damit um?
Meine Hauptbeschäftigung ist natürlich Stand-Up-Comedy, aber ich mache auch mal einen Tag nur Social Media oder eine Woche lang nur Musik. Es sind natürlich viele Aufgaben auf einmal und ich bin hin und wieder überfordert, doch mir gefällt die Abwechslung. Eine richtige Lösung habe ich dafür noch nicht gefunden, aber ich denke, ich habe eine gute Work-Life-Balance etabliert. Ich hatte auch Phasen, besonders am Anfang meiner Karriere, in denen ich den Ausgleich nicht immer gemeistert habe und zum Beispiel Freundschaften vernachlässigt habe. Während der Corona-Pandemie habe ich jedoch gemerkt, dass es mehr als nur Arbeit gibt und in dieser Zeit auch meinen Freund kennengelernt.

Woher nimmst du das Selbstbewusstsein, die Offenheit und vor allem die Energie für deine Projekte?
Ein neues Projekt gibt mir sehr viel Energie, weil ich dafür brenne. Wenn man etwas liebt, dann findet man auch die Zeit dafür. Es nimmt mir wiederum Kraft, wenn jeder Tag gleich aussieht. Ich ziehe meine Energie auch aus der Gegenwart von Menschen und bin lieber aktiv, anstatt nur allein zu Hause. Einerseits bin ich eher extrovertiert, aber wenn ich mit Freund:innen unterwegs bin, dränge ich mich meistens nicht so in den Mittelpunkt, wie man es vielleicht erwarten würde. Ich rede beruflich so viel, dass ich es auch sehr genieße, einfach zuzuhören.

Wenn ich etwas Lustiges im Alltag erlebe oder beobachte, schreibe ich es auf. Früher habe ich das Single-Dasein thematisiert, heute bin ich drei Jahre in einer Beziehung und rede in meinen Programmen eher darüber.

Homa

Woher nimmst du die Inspiration für deine Programme und Witze?
Die Inspiration kommt hauptsächlich aus meinem Leben. Wenn ich etwas Lustiges im Alltag erlebe oder beobachte, schreibe ich es mir auf und versuche aus den Ideen ein Programm zu schreiben. Ich überlege auch, was in meinem Leben lustig ist und was mich gerade so beschäftigt. Früher habe ich das Single-Dasein thematisiert, heute bin ich drei Jahre in einer Beziehung und rede in meinen Programmen eher darüber.

Gab es in deiner Laufbahn bisher auch Rückschläge? Wie bist du damit umgegangen?
Rückschläge würde ich es nicht nennen, allerdings war die Anfangszeit meiner Karriere sehr überfordernd, weil ich ziemlich unter Druck stand. In dieser Zeit habe ich die Anfrage bekommen, für Amazon Prime ein einstündiges Stand-Up-Programm aufzuzeichnen, hatte aber zu dem Zeitpunkt nur 20 Minuten Material auf Lager. Also habe ich mich ziemlich unter Druck gesetzt. Das Programm ist nicht wirklich gut geworden und ich habe es dann auch gelassen. Wenn man unter Druck Comedy macht, kommt nichts Gutes dabei raus.

Ich versuche nicht direkt feministische Witze unterzubringen, das schwingt einfach mit.>

© Leon Fülber

Deine Witze sind sehr ehrlich, ungehemmt und direkt, besonders wenn es um Feminismus geht. Wann bist du auf die Idee gekommen, feministisch aktiv zu werden?
Ich versuche nicht direkt feministische Witze unterzubringen, das schwingt einfach mit. Im Verlauf meiner Karriere habe ich mich nach und nach mit dem Thema Feminismus beschäftigt, gerade durch die sozialen Medien. Schließlich habe ich verstanden, wie wichtig es ist, als Frau Vorbilder zu haben und sich gegenseitig zu unterstützen. Auch ich versuche andere Frauen zu unterstützen. Zum Beispiel mache ich bald mit meiner Freundin Negah Amiri die Female Comedy Show „Doppel X“, in der wir junge und alte Künstlerinnen auf die Bühne bringen wollen. Mir hätte es damals auch geholfen, unterstützt zu werden.

Denkst du, als Frau hat man es schwerer, in der Comedy-Branche Fuß zu fassen?
Einen Auftritt zu bekommen ist sowohl für Männer, als auch Frauen gleich schwer. Allerdings glaube ich, dass Männer den Vorteil haben, sich besser mit anderen Männern zu verstehen und zu vernetzen. Da die meisten Shows von Männern organisiert werden und viel über Beziehungen läuft, ist es folglich für Männer einfacher, einen bezahlten Auftritt zu bekomme. Das war für mich als Frau schwieriger. Zu Beginn habe ich immer nur sieben Minuten unbezahlt gespielt. Erst, als ich bei der Comedy Show „NightWash“ in Köln auftrat, hatte ich erste Erfolge. Als Frau kann es auch schwieriger sein, sich in den Mittelpunkt zu stellen. Männern wird in der Jugend viel häufiger beigebracht, mutig zu sein und sich in den Mittelpunkt zu stellen. Als Mädchen wird einem hingegen häufiger beigebracht, lieb und brav zu sein, sodass man diesen Gedanken und Verhaltensweise erstmal durchbrechen muss. Ein weiteres Problem ist, dass man als Frau schnell pauschalisiert wird, da man automatisch für alle Frauen steht. Das heißt, wenn man als Frau unlustig ist, übertragen das die Leute schnell auf alle Frauen.

Wurdest du als Frau in der Comedy-Branche anders behandelt als männliche Kollegen? Hast du in deinem Beruf schon Sexismus erlebt?
Wenn ich bei einer Show mal die einzige Frau war, was meistens der Fall war, wurde ich auch explizit als Frau angekündigt und habe sozusagen eine Extrabehandlung bekommen, zum Beispiel einen extra Applaus. Etwas wirklich Schlimmes habe ich jedoch noch nicht erlebt.

Auf der Bühne und auf Social Media bist du sehr offen und direkt. Bist du jenseits der Öffentlichkeit auch so ein Energiebündel?
Es kommt schon darauf an, wie man mich erwischt. Aber generell bin ich eher ein ruhigerer Mensch. Manchmal habe ich natürlich auch mal meine fünf Minuten. Privat bin ich aber nicht immer so aktiv wie auf der Bühne.

Jung und ungebremst: Maria Clara Groppler auf der Rheinbühne Bonn
© Marc John

Wie gehst du mit Hass um?
Zum Glück bekomme ich nicht viele Hassnachrichten. Unter meinen Stand-Up-Videos finden sich jedoch des Öfteren Hate-Kommentare. Das zieht mich schon runter, weshalb ich versuche, die Kommentare unter diesen Videos nicht zu lesen. Das fällt mir schwer, weil es mich natürlich interessiert, was die Leute denken. Ich versuche mich auf positives Feedback zu konzentrieren.

Du bist gerade erst von deiner Weltreise zurückgekommen. Gibt es etwas, das du von deiner Reise gelernt oder mitgenommen hast?
Etwas Besonderes, das ich erlebt habe, war am Ende unserer Reise, als ich in Singapur war und einen Stand-Up-Auftritt auf Englisch gemacht habe. Tatsächlich habe ich auch auf Englisch mit Stand-Up-Comedy angefangen. Das hat wirklich gut funktioniert. Außerdem hatten Phil, mein Freund, und ich richtig tolle Tierbegegnungen. Wir wurden von einer Ottermutter überrascht, die ihr Baby in unser Kajak hieven wollte. Allerdings wussten wir in diesem Moment gar nicht warum, haben aber später gelernt, dass Ottermütter ihre Babys an einen sicheren Ort legen, um nach Nahrung zu suchen.

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