Die Menstruation im Wandel der Zeiten

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Die Menstruation war im Laufe der Geschichte Gegenstand krudester Theorien.
Luisa Flaitz, funky-Jugendreporterin

Allen Fortschritten zum Trotz tun sich viele Frauen nach wie vor schwer damit, aufgrund von Regelschmerzen nicht bei der Arbeit zu erscheinen. Die Monatsblutung wird mit Ekel und Unreinheit in Verbindung gebracht, es mangelt an Akzeptanz für etwas, das doch eigentlich ganz natürlich ist. Damit wird ein Narrativ bedient, das so alt ist wie die Menschheit selbst. Doch inwiefern beeinflusst der Umgang mit der Menstruation in der Vergangenheit die heutige Sicht auf das Thema?

Wagen wir den Blick in die Vergangenheit: In der Antike wurde in der Wissenschaft vom männlichen Wesen ausgegangen, das weibliche Geschlecht wurde als eine Art „unvollendeter Mann“ angesehen. Der Menstruation wurde hierbei die Rolle eines Reinigungsprozesses zugewiesen. Laut Pythagoras hatten Frauen einen Überschuss an Nährstoffen, nach Aristoteles zu viel Blut im Körper – beides musste jedoch ausgeschieden werden. Aristoteles zufolge gebe die Frau nur die Materie, der Samen des Mannes bestimme das Erscheinungsbild eines Kindes. Demnach trugen beide etwas zur Entstehung eines neuen Menschen bei, doch der Mann gab die „wesentliche“ Richtung an. Hippokrates, der bedeutendste Arzt der Antike, sah die Frau als „zu feucht“ an, weswegen sie diese Feuchtigkeit einmal im Monat entweichen lassen müsse.

Gaius Plinius Secundus, ein im Jahre 79 nach Christus geborener römischer Gelehrter, schilderte in seinem Werk „Naturalis historia“ die Vorstellung, dass der Körper vor einer Schwangerschaft überschüssige und giftige Flüssigkeiten in Form von Blut ausscheiden würde. Bliebe diese aus, war eine Schwangerschaft zu vermuten. Er ging sogar so weit, zu vermuten, dass der Mann gefährdet sei, wenn er mit der Flüssigkeit in Berührung käme. Frauen hingegen wurde eine Immunität gegen die „Gifte“ nachgesagt. 

Im Mittelalter und der Renaissance wurde die monatlich wiederkehrende Periode basierend auf der These von Gaius Plinius Secundus als ein schlechter Vorgang betrachtet, der die Minderwertigkeit der Frau widerspiegele. Die natur- und heilkundige Universalgelehrte Hildegard von Bingen verglich die Periode mit der Blutung Evas, die diese das erste Mal nach dem Sündenfall im Paradies bekam. Gleichzeitig erkannte sie die Blutung auch als unerlässlich für das Erschaffen eines neuen Lebens und somit als unverzichtbaren Vorgang an. 

Mit der Aufklärung veränderte sich im 17. und 18. Jahrhundert die Einstellung der Menschen in Bezug auf die Natur, die nun als etwas Gefährliches und Chaotisches wahrgenommen wurde. Im Zuge dessen wurde die Frau nun nicht mehr als unvollkommener Mann betrachtet, sondern als etwas, das es zu kontrollieren galt, da das weibliche Geschlecht durch die offen nachvollziehbare Ausscheidung des Blutes synonym zur Natur und dem Unbeherrschten betrachtet wurde. Dem Mann hingegen wurde das abstrakte Denken zugewiesen. Im Zuge dessen beschrieb der Genfer Schriftsteller, Philosoph, Pädagoge und Naturforscher Jean Jacques Rousseau die Periode als „Zivilisationskrankheit“, die durch den neu zivilisierten und schlechten Lebensstil herbeigeführt wurde.  Rousseau zufolge war die Menstruation das Ergebnis einer zu reichhaltigen Ernährung und von zu wenig Bewegung.  

Diese heute verschwörungstheoretisch anmutenden Mythen über die Periode wurden bis ins 19. und 20. Jahrhundert weitergegeben, bis das Zeitalter der Moderne erreicht war. Unglaublich, aber wahr: Bis ins 20. Jahrhundert hinein wurde dem Menstruationsblut nachgesagt, es sei giftig und verderbe Lebensmittel. Erst 1958 widerlegte der Würzburger Arzt Karl Johann Burger die Legende des giftigen Stoffes „Menotoxin“ im Menstruationsblut.

Bis in die 1990er-Jahre hinein wurden Umschreibungen für das Wort „Menstruation“ in Werbespots benutzt, das auf den zu tabuisierenden und minderwertigen Stellenwert der Blutungen verweist. Auch bis heute ist meist nur von „Sauberkeit und Reinheit“ die Rede.  

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