Einige von euch haben sicherlich Jurist:innen in ihrem Bekanntenkreis. Oftmals können sie die Rettung in der Not sein, wenn man „übers Ohr gehauen“ wurde und sein Geld zurückerstattet bekommen möchte – oder es mal wieder Ärger mit dem Vermieter gab.
Felix Krassa, funky-Jugendreporter
Wie steinig der Weg zum ersten juristischen Staatsexamen ist und welche Hürden man bis zur Probe aufs Exempel nehmen muss, ist jedoch nur wenigen Nicht-Juristen bekannt. Da ich selbst Angehöriger dieser Spezies bin, kann ich hier vielleicht etwas Licht ins Dunkel bringen.
Das Notensystem
Einer der Gründe, weshalb das Jurastudium eines der schwierigsten in Deutschland ist, das viele Student:innen vorzeitig abbrechen, ist der hohe inhaltliche Anspruch, der sich vor allem in einem rigiden Notensystem widerspiegelt. Juristische Prüfungen werden anhand einer Punkteskala von 0 bis 18 Punkten bewertet, wobei 0 die schlechteste und 18 Punkte die Bestnote ist. Mit 4 Punkten hat man bestanden. Das klingt zunächst gar nicht so schwer – ist es aber! Um 4 Punkte zu erreichen, muss es sich schon um eine Arbeit ohne gravierende Mängel handeln. Wenn man also nur einen groben Fehler begeht, kann dieser im schlimmsten Fall zu einem falschen Ergebnis führen und man ist im Grunde schon durchgefallen. An schlechte Noten muss man sich in diesem Studium also gewöhnen. Unter Jurastudent:innen hat sich daher die Redewendung „Vier gewinnt“ etabliert.
Der psychische Druck
Nicht-Jurist:innen ist möglicherweise ebenfalls nicht klar, was für eine mentale Belastung dieses Studium mit sich bringen kann. Von Anfang an steht das Staatsexamen als Showdown im Fokus. Die alles entscheidende Prüfung hängt einem Damoklesschwert gleich über dem gesamten Studium. Fällt man endgültig durch, hat man nichts in der Hand und hat mindestens fünf Jahre umsonst studiert. Hinzu kommt, dass selbst nach dem bestandenen Examen viel von der erreichten Durchschnittsnote abhängt – die magische Grenze liegt hier bei 9 Punkten, „vollbefriedigend“. Hat man es geschafft, diese oder sogar eine höhere Punktzahl zu erreichen, stehen einem alle Berufswege offen. Deshalb ist der Druck, ein sogenanntes „Prädikatsexamen“ zu schreiben, ebenfalls hoch. Das führt wiederum zu einem starken Konkurrenzverhalten unter den Student:innen, das bis hin zu sehr unsportlichen Methoden wie dem Herausreißen von Seiten aus hausarbeitsrelevanten Büchern in der Bibliothek oder sogar dem Löschen von Hausarbeiten reicht, wenn der Laptop nur mal kurz unbeaufsichtigt stehen gelassen wurde.
Die finanziellen Sorgen
Ein Studium will auch finanziert werden. Neben den allgemeinen Lebenshaltungskosten werden darüber hinaus mit den Zukunftsängsten der Student:innen Geschäfte gemacht: Die Vorbereitung auf das Erste Staatsexamen kann über ein Jahr dauern, ist sehr arbeitsintensiv und erfordert ein hohes Maß an Selbstdisziplin. Die Examensvorbereitung in Eigenregie zu organisieren schaffen die wenigsten. Deshalb gibt es kommerzielle Verlage, die ein Repetitorium anbieten. Das ist ein einjähriger, intensiver Wiederholungskurs, in dem alle Inhalte des Studiums aufbereitet und wöchentliche Übungsklausuren geschrieben werden. Die Repetitoren nehmen die Student:innen an die Hand, geben ein Programm vor und stellen Lernmaterialien zur Verfügung. Wenn man das Jahr über konsequent am Ball bleibt, hat man recht gute Chancen, das Examen zu bestehen. Der Preis für ein solches „Rep“: rund 2.000 Euro. Zahlreiche angehende Jurist:innen sparen ihr ganzes Studium lang dafür, einige können es sich trotzdem nicht leisten und müssen auf das Universitätsrepetitorium zurückgreifen, welches allerdings hinsichtlich Intensität und Betreuung nicht mit den kommerziellen Anbietern mithalten kann. Ein gutes Ergebnis im Examen ist also – zumindest teilweise – auch eine Geldfrage.
Letztendlich ist der Grund dafür, dass das Jurastudium so anspruchsvoll ist, nicht unbedingt die Undurchdringbarkeit der Materie, sondern vielmehr die Masse des Stoffes, die das ganze Studium zu einem Kampf gegen das Vergessen macht. Zusammen mit den psychischen und finanziellen Belastungen ist es nicht verwunderlich, dass Jura einer der Studiengänge mit den höchsten Abbruchquoten ist. Es ist darüber hinaus mehr als fraglich, ob diese hohe Belastung wirklich notwendig ist, um am Ende des Studiums fähige Juristen hervorzubringen. Am Beispiel von Ländern wie Frankreich oder Norwegen – die durchaus über einen funktionierenden Rechtsstaat verfügen – wird deutlich, dass eine juristische Ausbildung auch im Rahmen eines Bachelor- oder Master-Systems möglich und mit deutlich weniger nervlichen Belastungen als im Staatsexamen verbunden ist.
Einige von euch haben sicherlich Jurist:innen in ihrem Bekanntenkreis. Oftmals können sie die Rettung in der Not sein, wenn man „übers Ohr gehauen“ wurde und sein Geld zurückerstattet bekommen möchte – oder es mal wieder Ärger mit dem Vermieter gab.
Wie steinig der Weg zum ersten juristischen Staatsexamen ist und welche Hürden man bis zur Probe aufs Exempel nehmen muss, ist jedoch nur wenigen Nicht-Juristen bekannt. Da ich selbst Angehöriger dieser Spezies bin, kann ich hier vielleicht etwas Licht ins Dunkel bringen.
Das Notensystem
Einer der Gründe, weshalb das Jurastudium eines der schwierigsten in Deutschland ist, das viele Student:innen vorzeitig abbrechen, ist der hohe inhaltliche Anspruch, der sich vor allem in einem rigiden Notensystem widerspiegelt. Juristische Prüfungen werden anhand einer Punkteskala von 0 bis 18 Punkten bewertet, wobei 0 die schlechteste und 18 Punkte die Bestnote ist. Mit 4 Punkten hat man bestanden. Das klingt zunächst gar nicht so schwer – ist es aber! Um 4 Punkte zu erreichen, muss es sich schon um eine Arbeit ohne gravierende Mängel handeln. Wenn man also nur einen groben Fehler begeht, kann dieser im schlimmsten Fall zu einem falschen Ergebnis führen und man ist im Grunde schon durchgefallen. An schlechte Noten muss man sich in diesem Studium also gewöhnen. Unter Jurastudent:innen hat sich daher die Redewendung „Vier gewinnt“ etabliert.
Der psychische Druck
Nicht-Jurist:innen ist möglicherweise ebenfalls nicht klar, was für eine mentale Belastung dieses Studium mit sich bringen kann. Von Anfang an steht das Staatsexamen als Showdown im Fokus. Die alles entscheidende Prüfung hängt einem Damoklesschwert gleich über dem gesamten Studium. Fällt man endgültig durch, hat man nichts in der Hand und hat mindestens fünf Jahre umsonst studiert. Hinzu kommt, dass selbst nach dem bestandenen Examen viel von der erreichten Durchschnittsnote abhängt – die magische Grenze liegt hier bei 9 Punkten, „vollbefriedigend“. Hat man es geschafft, diese oder sogar eine höhere Punktzahl zu erreichen, stehen einem alle Berufswege offen. Deshalb ist der Druck, ein sogenanntes „Prädikatsexamen“ zu schreiben, ebenfalls hoch. Das führt wiederum zu einem starken Konkurrenzverhalten unter den Student:innen, das bis hin zu sehr unsportlichen Methoden wie dem Herausreißen von Seiten aus hausarbeitsrelevanten Büchern in der Bibliothek oder sogar dem Löschen von Hausarbeiten reicht, wenn der Laptop nur mal kurz unbeaufsichtigt stehen gelassen wurde.
Die finanziellen Sorgen
Ein Studium will auch finanziert werden. Neben den allgemeinen Lebenshaltungskosten werden darüber hinaus mit den Zukunftsängsten der Student:innen Geschäfte gemacht: Die Vorbereitung auf das Erste Staatsexamen kann über ein Jahr dauern, ist sehr arbeitsintensiv und erfordert ein hohes Maß an Selbstdisziplin. Die Examensvorbereitung in Eigenregie zu organisieren schaffen die wenigsten. Deshalb gibt es kommerzielle Verlage, die ein Repetitorium anbieten. Das ist ein einjähriger, intensiver Wiederholungskurs, in dem alle Inhalte des Studiums aufbereitet und wöchentliche Übungsklausuren geschrieben werden. Die Repetitoren nehmen die Student:innen an die Hand, geben ein Programm vor und stellen Lernmaterialien zur Verfügung. Wenn man das Jahr über konsequent am Ball bleibt, hat man recht gute Chancen, das Examen zu bestehen. Der Preis für ein solches „Rep“: rund 2.000 Euro. Zahlreiche angehende Jurist:innen sparen ihr ganzes Studium lang dafür, einige können es sich trotzdem nicht leisten und müssen auf das Universitätsrepetitorium zurückgreifen, welches allerdings hinsichtlich Intensität und Betreuung nicht mit den kommerziellen Anbietern mithalten kann. Ein gutes Ergebnis im Examen ist also – zumindest teilweise – auch eine Geldfrage.
Letztendlich ist der Grund dafür, dass das Jurastudium so anspruchsvoll ist, nicht unbedingt die Undurchdringbarkeit der Materie, sondern vielmehr die Masse des Stoffes, die das ganze Studium zu einem Kampf gegen das Vergessen macht. Zusammen mit den psychischen und finanziellen Belastungen ist es nicht verwunderlich, dass Jura einer der Studiengänge mit den höchsten Abbruchquoten ist. Es ist darüber hinaus mehr als fraglich, ob diese hohe Belastung wirklich notwendig ist, um am Ende des Studiums fähige Juristen hervorzubringen. Am Beispiel von Ländern wie Frankreich oder Norwegen – die durchaus über einen funktionierenden Rechtsstaat verfügen – wird deutlich, dass eine juristische Ausbildung auch im Rahmen eines Bachelor- oder Master-Systems möglich und mit deutlich weniger nervlichen Belastungen als im Staatsexamen verbunden ist.
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