Meinung

Reingeschaut: FIRST TIME

Zwei Jungen sitzen sich gegenüber in der Ringlinie Hamburgs.
Die Hamburger Ringlinie führt den Protagonisten und sein Gegenüber schweigend durch das Getümmel der Großstadt. Eine kleine Begegnung des Alltags.

Die Kurzfilmtour geht in diesem Jahr wieder auf bundesweite Kino-Besuche und zeigt die prämierten Filme des aktuellen Deutschen Kurzfilmpreises (Lola-Filmpreis). Anlässlich der Film-Vorführung am 14. September im Lichtblick-Kino Berlin haben wir in den Experimentalfilm „FIRST TIME“ (2021) von Nicolaas Schmidt reingeschaut.

Lena Enders, funky-Jugendreporterin

Ein Coca-Cola-Werbespot aus den 80ern, begleitet von Robin Becks Song „First Time“. Ein Skatepark, in dem Jugendliche abhängen – dann flimmert es eine Weile lang orange über dem Bildschirm. Und schon sitzen die Zuschauer*innen mit dem Protagonisten in der Ringlinie Hamburgs und fahren mit ihm vorbei am Hamburger Hafen, am Treiben der Menschen, hektischen Bahnsteigen und Verkaufsbuden.

Zwei Jungen sitzen sich gegenüber in der Ringlinie Hamburgs.
Eine ganze Runde sitzen sich die beiden Jungen in der Ringlinie gegenüber und lassen Hamburg an ihnen vorbeiziehen.

Die Perspektive bleibt bis zum Ende des 50-minütigen Kurzfilms gleich: Der Blick auf den Protagonisten im Profil, im Hintergrund das große Fenster, durch das die Welt betrachtet wird, um ihn herum das alltägliche Treiben im öffentlichen Nahverkehr. Während Passagiere ein- und aussteigen, Gespräche führen und Plätze wechseln, steigt ein Junge ein und setzt sich dem Protagonisten gegenüber – und bleibt dort bis zum Ende der Bahnfahrt. Es entsteht eine Begegnung, die nicht viel erzählt und doch alles sagt. Es gibt keinen Dialog, nur eine kleine Geste der Freundlichkeit. Die Bahnfahrt verbindet die beiden miteinander, ebenso wie sie die Zuschauer*innen mit der Situation verbindet. Das Geschehen wird von Musik begleitet: Unterschiedliche Lieder erklingen im Wechsel mit Stille und den Geräuschen der Bahn. Eine beruhigende und melancholische Stimmung wird erzeugt, die noch lange anhält.

Der Regisseur und Drehbuchautor merkt auf seinem Instagram-Profil an: „It’s pretty hard to make pleasant boring stuff“. Diese Aussage trifft hier genau ins Schwarze: Zwischen Langeweile und Wohlfühlmomenten begleiten die Zuschauer*innen den Protagonisten einfach auf dem Weg durch eine endlose Großstadt. Mit Musik in den Ohren nimmt man die Dinge und die Welt anders wahr als ohne. Und es geht es immer weiter und weiter in einem unendlichen Kreis.

Unsere Meinung: Ein Experimentalfilm und Musikfilm, in dem unterschiedliche Sinne und Empfindungen angeregt werden. Die Zuschauer*innen erleben einen Alltag im Alltag. In der Bahn zu sitzen und Musik zu hören, während die Welt an einem vorbeizieht und die Gedanken kreisen ist wohl ein Gefühl, das alle kennen.


Im Lichtblick-Kino in Berlin könnt ihr am 28. September und am 5. Oktober weitere Preisträger und nominierte Kurzfilme auf der großen Leinwand sehen.

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