Mary Poppins trifft Buddy Baers: Grundschüler aus Gatow richten ihre Fragen zu Toleranz an den Künstler Damian Yves Rohde.
Hagen Brandt, funky-Jugendreporter
Es ist ein verregneter Dienstag. Aus dem U-Bahnhof Wittenbergplatz strömen die Menschen in alle Richtungen. Autos dröhnen indes über den Kreisel hinweg. Trotz der Kälte bleiben immer wieder Menschen auf der Südseite des Platzes stehen und beginnen zu fotografieren. Ihr Interesse gilt weder dem Südbrunnen noch dem Kaufhaus des Westens, sondern sieben Bären. In Reihe stehend, reichen sie sich symbolisch die Hände und fallen insbesondere durch ihre Buntheit auf. Daneben informiert eine Tafel: „Hand-in-Hand für Toleranz“.
Heute sind die Bären auch das Ziel einer sechsten Klasse der Mary-Poppins-Grundschule aus Gatow. Über eine Stunde waren Klasse und Lehrer mit dem Bus hierher unterwegs. Sie nehmen die einmalige Möglichkeit wahr, die Ausstellung zu besuchen und den Künstler dahinter – Damian Yves Rohde – kennenzulernen. „Mit Kindern über Toleranz zu reden, ist besonders wichtig, weil sie unsere Zukunft sind. Bringen wir ihnen nichts über Toleranz bei, birgt das die Gefahr eines Rückschritts“, sagt Rohde. So sollte die Wissensweitergabe von Generation zu Generation ein gemeinsamer Dialog sein. „Toleranz ist ein fortlaufender Prozess, der das Hinterfragen des eigenen Handelns beinhaltet“, so der Street-Art-Künstler. Auch über den Umgang mit anderen zu reflektieren, gehöre dazu.
Toleranz als tägliche Aufgabe und die Funktion von Street-Art
Seit Mai 2022 stehen die lebensgroßen Zwei-Meter-Bären auf dem Wittenbergplatz. Sie sind das Ergebnis einer Kooperation von Buddy Bear Berlin und dem Berliner Künstler Rohde. Die Skulpturen stehen dabei in einer langen Tradition: Seit über 20 Jahren engagiert sich die Initiative für ein friedliches Miteinander zwischen Menschen unterschiedlichster Herkunft, Kultur und Religion. Die Statuen sind dabei zu Botschaftern eines weltoffenen Berlins geworden und durch eine Vielzahl von Projekten auch weltweit zum Symbol für Toleranz und Völkerverständigung. „Die Idee bei diesem Projekt war es, Berlin zu zeigen und all das, was die Stadt so einzigartig macht: Toleranz, Respekt, Freiheit und Diversität“, sagt Viviana Plasil, Geschäftsführerin von Buddy Bear Berlin. Die Botschaft soll lauten: Wir sind alle Menschen. Wir sind alle gleich. Und Vielfalt ist eine Bereicherung. Für die vermeintlichen Unterschiede zwischen den Menschen hat der Künstler daher verschiedene Farben gewählt. „Die Farben sind jedoch wiederkehrend, sodass alle benutzten Farben sich auf jedem einzelnen Bären wiederfinden, was sie gleich macht“, so Rohde.
Beim Besuch der Klasse der Mary-Poppins-Grundschule führt der Künstler durch die Ausstellung. Er erläutert neben der Entstehung auch die Gestaltung und gibt Details zu den Hintergrundgeschichten. Dabei fragen die Kinder immer wieder nach und spiegeln dem Künstler so ihre Eindrücke und Entdeckungen. Warum finden sich auf den Bären so viele Porträts von Menschen? Welche Bedeutung haben die urbanen Elemente auf den Skulpturen? Warum sind die Bären farbig und nicht schwarz-weiß gestaltet? Jede Frage wird gehört und keine Frage bleibt unbeantwortet. „Die Aufgabe der Kunst und insbesondere der Street-Art ist es, Sichtbarkeit zu schaffen. Mit Blick auf den Ausstellungsort – ein öffentlicher Platz – boten sich Farben an. Farben sind freundlicher und lebendiger. Außerdem schauen die Leute eher hin, bleiben stehen und kommen bestenfalls ins Gespräch. Das ist meiner Meinung nach auch die Funktion der Ausstellung: Sie soll zum Nachdenken anregen“, sagt Rohde. Die Skulpturen zudem mit Porträts, städtischen und natürlichen Elementen auszugestalten, ist die Antwort des Künstlers auf die Frage, wie sich Toleranz und Vielfalt innerhalb Berlins ganzheitlich abbilden lassen. Der Fokus liegt aber klar auf den Menschen. Sie sind es, die die Vielfalt der Stadt verkörpern.
Weiter erfährt die Klasse auch persönliche Einblicke ins künstlerische Schaffen. So war der Entstehungsprozess für Rohde auch eine innere Auseinandersetzung mit dem Thema Toleranz. „Toleranz ist wie eine Hausaufgabe, in der man sich täglich üben muss“, so Rohde. Außerdem habe Toleranz viel mit Verständnis, Akzeptanz und Reflexion zu tun. „Damit wir alle miteinander friedlich zusammenleben, müssen wir uns gegenseitig tolerieren und immer versuchen, dem Gegenüber mit Verständnis zu begegnen“, sagt er. Hier schlägt der Lehrer, Karsten Wenzel, eine Brücke für die Kinder zu Themen, für die sie in der Schule bereits sensibilisiert wurden. So sind auch scheinbar kleine Dinge – wie sich zuzuhören und einander ausreden lassen – bedeutsam. Insbesondere bei Meinungsverschiedenheiten sei Kommunikation immer sinnvoller als eine impulsive, unbedachte Reaktion.
Die daran anschließenden Fragen münden in angeregte Diskussionen. So kommen sie zu tiefgehendenden Themen und betrachten Ursache und Wirkung von Intoleranz und Toleranz. Zudem werden weltpolitische und historische Begebenheiten angesprochen, etwa die Beziehung zwischen diktatorischen Staatssystemen und intoleranten Gesetzgebungen. Außerdem wird die Rolle von Menschenrechten und Grundrechten debattiert. Welche Folgen haben Einschränkungen dieser Rechte? Wie sehen Gesellschaften aus, in denen sie gar nicht existieren? Bei diesen Fragen geraten im Gespräch Staaten wie China, Iran oder Russland in den Blick.
Symbolfiguren, kleine Botschafter und eine Kooperationsidee
Nach der Führung durch die Ausstellung der Bären geht es dann noch für die Klasse in die Geisbergstraße – unweit vom Wittenbergplatz entfernt. Hier befindet sich die Zentrale von Buddy Bear Berlin. Die Räumlichkeiten sind eine Mischung aus Büro, Souvenirladen und Ausstellung. Der Geschäftsführer und „Bärenvater“ Klaus Herlitz führt die Kinder durch die Räume. Währenddessen spricht er über die Geschichte und Bedeutung der Initiative und erzählt anhand vieler Fotografien, die die Wände zieren, von den unterschiedlichen Kunstaktionen und -projekten der vergangenen Jahre. Etwa die Ausstellungen der „United Buddy Bears“, eine rund 140 Buddy Bears umfassende Länder- und Wanderausstellung, die seit 2002 regelmäßig um die Welt tourt.
Zum Abschluss des Wandertags wartet noch eine Überraschung auf die Kinder. Jedes Kind darf sich einen sechs Zentimeter großen Buddy Bear als Andenken mit nach Hause nehmen. Die Entscheidung fällt nicht leicht, ist die Auswahl doch groß und sind die Miniaturen Unikate. Unter ihnen befinden sich kleinformatige Versionen der Länderbären, aber auch welche, die in Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern entwickelt wurden. Zudem gibt es sogenannte Spezialbären, etwa den goldfarbenen, von Eva Herlitz gestalteten „The Golden Rule“-Bären. Dieser trägt auf Bauch und Rücken den Satz der Goldenen Regel und das in diversen Sprachen: „Behandle jeden anderen Menschen wie du selbst behandelt werden möchtest.“ So nehmen die Kinder nicht nur ein Kleinod der Toleranz mit nach Hause und geben das Erlebte bestenfalls an Familie und Freunde weiter, sondern werden vielleicht selbst zu Botschaftern. Der Lehrer Karsten Wenzel hat auch schon eine Idee für eine mögliche Kooperation von Schule und Buddy Bear Berlin: „Warum nicht einen Buddy Baer in der Schule aufstellen und diesen von Kindern und Lehrkräften gestalten lassen?“ So träfen zwei Symbolfiguren aufeinander – Mary Poppins und Buddy Bär. „Zu klären sind noch Finanzierung des Rohlings und gestalterische Umsetzung – doch das wird“, so Wenzel.
Mary Poppins trifft Buddy Baers: Grundschüler aus Gatow richten ihre Fragen zu Toleranz an den Künstler Damian Yves Rohde.
Es ist ein verregneter Dienstag. Aus dem U-Bahnhof Wittenbergplatz strömen die Menschen in alle Richtungen. Autos dröhnen indes über den Kreisel hinweg. Trotz der Kälte bleiben immer wieder Menschen auf der Südseite des Platzes stehen und beginnen zu fotografieren. Ihr Interesse gilt weder dem Südbrunnen noch dem Kaufhaus des Westens, sondern sieben Bären. In Reihe stehend, reichen sie sich symbolisch die Hände und fallen insbesondere durch ihre Buntheit auf. Daneben informiert eine Tafel: „Hand-in-Hand für Toleranz“.
Heute sind die Bären auch das Ziel einer sechsten Klasse der Mary-Poppins-Grundschule aus Gatow. Über eine Stunde waren Klasse und Lehrer mit dem Bus hierher unterwegs. Sie nehmen die einmalige Möglichkeit wahr, die Ausstellung zu besuchen und den Künstler dahinter – Damian Yves Rohde – kennenzulernen. „Mit Kindern über Toleranz zu reden, ist besonders wichtig, weil sie unsere Zukunft sind. Bringen wir ihnen nichts über Toleranz bei, birgt das die Gefahr eines Rückschritts“, sagt Rohde. So sollte die Wissensweitergabe von Generation zu Generation ein gemeinsamer Dialog sein. „Toleranz ist ein fortlaufender Prozess, der das Hinterfragen des eigenen Handelns beinhaltet“, so der Street-Art-Künstler. Auch über den Umgang mit anderen zu reflektieren, gehöre dazu.
Toleranz als tägliche Aufgabe und die Funktion von Street-Art
Seit Mai 2022 stehen die lebensgroßen Zwei-Meter-Bären auf dem Wittenbergplatz. Sie sind das Ergebnis einer Kooperation von Buddy Bear Berlin und dem Berliner Künstler Rohde. Die Skulpturen stehen dabei in einer langen Tradition: Seit über 20 Jahren engagiert sich die Initiative für ein friedliches Miteinander zwischen Menschen unterschiedlichster Herkunft, Kultur und Religion. Die Statuen sind dabei zu Botschaftern eines weltoffenen Berlins geworden und durch eine Vielzahl von Projekten auch weltweit zum Symbol für Toleranz und Völkerverständigung. „Die Idee bei diesem Projekt war es, Berlin zu zeigen und all das, was die Stadt so einzigartig macht: Toleranz, Respekt, Freiheit und Diversität“, sagt Viviana Plasil, Geschäftsführerin von Buddy Bear Berlin. Die Botschaft soll lauten: Wir sind alle Menschen. Wir sind alle gleich. Und Vielfalt ist eine Bereicherung. Für die vermeintlichen Unterschiede zwischen den Menschen hat der Künstler daher verschiedene Farben gewählt. „Die Farben sind jedoch wiederkehrend, sodass alle benutzten Farben sich auf jedem einzelnen Bären wiederfinden, was sie gleich macht“, so Rohde.
Beim Besuch der Klasse der Mary-Poppins-Grundschule führt der Künstler durch die Ausstellung. Er erläutert neben der Entstehung auch die Gestaltung und gibt Details zu den Hintergrundgeschichten. Dabei fragen die Kinder immer wieder nach und spiegeln dem Künstler so ihre Eindrücke und Entdeckungen. Warum finden sich auf den Bären so viele Porträts von Menschen? Welche Bedeutung haben die urbanen Elemente auf den Skulpturen? Warum sind die Bären farbig und nicht schwarz-weiß gestaltet? Jede Frage wird gehört und keine Frage bleibt unbeantwortet. „Die Aufgabe der Kunst und insbesondere der Street-Art ist es, Sichtbarkeit zu schaffen. Mit Blick auf den Ausstellungsort – ein öffentlicher Platz – boten sich Farben an. Farben sind freundlicher und lebendiger. Außerdem schauen die Leute eher hin, bleiben stehen und kommen bestenfalls ins Gespräch. Das ist meiner Meinung nach auch die Funktion der Ausstellung: Sie soll zum Nachdenken anregen“, sagt Rohde. Die Skulpturen zudem mit Porträts, städtischen und natürlichen Elementen auszugestalten, ist die Antwort des Künstlers auf die Frage, wie sich Toleranz und Vielfalt innerhalb Berlins ganzheitlich abbilden lassen. Der Fokus liegt aber klar auf den Menschen. Sie sind es, die die Vielfalt der Stadt verkörpern.
Weiter erfährt die Klasse auch persönliche Einblicke ins künstlerische Schaffen. So war der Entstehungsprozess für Rohde auch eine innere Auseinandersetzung mit dem Thema Toleranz. „Toleranz ist wie eine Hausaufgabe, in der man sich täglich üben muss“, so Rohde. Außerdem habe Toleranz viel mit Verständnis, Akzeptanz und Reflexion zu tun. „Damit wir alle miteinander friedlich zusammenleben, müssen wir uns gegenseitig tolerieren und immer versuchen, dem Gegenüber mit Verständnis zu begegnen“, sagt er. Hier schlägt der Lehrer, Karsten Wenzel, eine Brücke für die Kinder zu Themen, für die sie in der Schule bereits sensibilisiert wurden. So sind auch scheinbar kleine Dinge – wie sich zuzuhören und einander ausreden lassen – bedeutsam. Insbesondere bei Meinungsverschiedenheiten sei Kommunikation immer sinnvoller als eine impulsive, unbedachte Reaktion.
Die daran anschließenden Fragen münden in angeregte Diskussionen. So kommen sie zu tiefgehendenden Themen und betrachten Ursache und Wirkung von Intoleranz und Toleranz. Zudem werden weltpolitische und historische Begebenheiten angesprochen, etwa die Beziehung zwischen diktatorischen Staatssystemen und intoleranten Gesetzgebungen. Außerdem wird die Rolle von Menschenrechten und Grundrechten debattiert. Welche Folgen haben Einschränkungen dieser Rechte? Wie sehen Gesellschaften aus, in denen sie gar nicht existieren? Bei diesen Fragen geraten im Gespräch Staaten wie China, Iran oder Russland in den Blick.
Symbolfiguren, kleine Botschafter und eine Kooperationsidee
Nach der Führung durch die Ausstellung der Bären geht es dann noch für die Klasse in die Geisbergstraße – unweit vom Wittenbergplatz entfernt. Hier befindet sich die Zentrale von Buddy Bear Berlin. Die Räumlichkeiten sind eine Mischung aus Büro, Souvenirladen und Ausstellung. Der Geschäftsführer und „Bärenvater“ Klaus Herlitz führt die Kinder durch die Räume. Währenddessen spricht er über die Geschichte und Bedeutung der Initiative und erzählt anhand vieler Fotografien, die die Wände zieren, von den unterschiedlichen Kunstaktionen und -projekten der vergangenen Jahre. Etwa die Ausstellungen der „United Buddy Bears“, eine rund 140 Buddy Bears umfassende Länder- und Wanderausstellung, die seit 2002 regelmäßig um die Welt tourt.
Zum Abschluss des Wandertags wartet noch eine Überraschung auf die Kinder. Jedes Kind darf sich einen sechs Zentimeter großen Buddy Bear als Andenken mit nach Hause nehmen. Die Entscheidung fällt nicht leicht, ist die Auswahl doch groß und sind die Miniaturen Unikate. Unter ihnen befinden sich kleinformatige Versionen der Länderbären, aber auch welche, die in Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern entwickelt wurden. Zudem gibt es sogenannte Spezialbären, etwa den goldfarbenen, von Eva Herlitz gestalteten „The Golden Rule“-Bären. Dieser trägt auf Bauch und Rücken den Satz der Goldenen Regel und das in diversen Sprachen: „Behandle jeden anderen Menschen wie du selbst behandelt werden möchtest.“ So nehmen die Kinder nicht nur ein Kleinod der Toleranz mit nach Hause und geben das Erlebte bestenfalls an Familie und Freunde weiter, sondern werden vielleicht selbst zu Botschaftern. Der Lehrer Karsten Wenzel hat auch schon eine Idee für eine mögliche Kooperation von Schule und Buddy Bear Berlin: „Warum nicht einen Buddy Baer in der Schule aufstellen und diesen von Kindern und Lehrkräften gestalten lassen?“ So träfen zwei Symbolfiguren aufeinander – Mary Poppins und Buddy Bär. „Zu klären sind noch Finanzierung des Rohlings und gestalterische Umsetzung – doch das wird“, so Wenzel.
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Der 16. November ist Internationaler Tag der Toleranz. Definiert wird sie auch durch persönliche Grenzen.…