Meinung

Was darf Humor?

Person steht auf beleuchteter Bühne, schaut ins Publikum
Nicht immer erhalten Comedians auf ihre Witze ein positives Feedback

Eine große Welle der Empörung schwappte im April dieses Jahres durch die sozialen Medien, als Comedienne Joyce Ilg mit einem prekären Kommentar unter einem Foto mit Luke Mockridge, dem seit 2021 sexualisierte Gewalt an mehreren vorgeworfen wird, für Aufruhr sorgte. „Hat hier irgendwer von euch Eier gefunden? Ich hab nur ein paar K.-o.-Tropfen bekommen“, lautete der dazugehörige Kommentar, der für Entsetzen und starke Kritik sorgte. Ilgs „Entschuldigung“, dass ihr Humor wenig Grenzen kenne, feuerte die Kritikerinnen und Kritiker nur noch an. Eine hitzige Debatte spaltete die Community in Verfechterinnen und Verfechter der „Humor-darf-alles“-Politik und der Position „Humor hat Grenzen“. Doch wo liegen diese? 

Charlotte Keil, funky-Jugendreporterin

Dass Humor sehr subjektiv ist, steht wohl außer Frage. Dabei geht es zunächst gar nicht mal um das Thema Grenzen, sondern schlichtweg um die Empfindung, ob etwas lustig ist – oder eben nicht. Dad-Jokes zum Beispiel sind meist harmlose Witze, die aus (schlechten) Wortwitzen bestehen und sich nicht gegen eine bestimmte, marginalisierte Gruppe von Menschen richten. So finden die einen sie lustig, während sie anderen vielleicht zu stumpf sind. Das lässt sich also ganz einfach unter Geschmacksvielfalt verbuchen.

Humor wird oft als ein Mittel eingesetzt, um anzuecken, zu sticheln oder sich auf kontroverse Art und Weise zu einem bestimmten Thema zu positionieren. Es gilt die Kunstfreiheit, die dem Humor somit keine Grenzen setzt. Doch natürlich darf auch Kritik geübt werden, und ein Witz ist eben nur so gut, wie sein Publikum ihn bewertet. 

Im Fall von Joyce Ilg war die Bewertung hochgradig schlecht und beinhaltete Kritik von Opfern, denen K.-o.-Tropfen verabreicht wurden, dass dieser Kommentar für sie retraumatisierend sei. Sich damit zu rechtfertigen, dass ihr Humor wenig Grenzen kenne, beruft sich zwar auf künstlerische Freiheit, ist dennoch sehr fragwürdig.

Dasselbe gilt für Witze über Personengruppen, die sich am Rande der Gesellschaft befinden. In einer Folge des Podcasts „The Breakdown“ spricht Shaun King, ein US-amerikanischer Aktivist, über das Thema Humor und unterstreicht dabei einen ganz besonders wichtigen Punkt: Witze über solche Gruppen sind nur dann okay, wenn man selbst dieser Gruppe angehört oder zumindest sehr eng mit Menschen dieser Gruppe in Kontakt steht, sich austauscht und reflektiert damit umgeht.

Und auch wenn das keine festgeschriebene Regel ist und keine offiziellen Grenzen für Humor existieren, ist diese Daumenregel meiner Meinung nach ein guter Anhaltspunkt, um den Humor kontroverseren Stils zu erkennen und zu umschiffen.

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