Politische Bildung auf Social Media: Höchste Zeit oder höchst gefährlich?

Politische Bildung: Tablet mit Nachrichtenportal auf Papierausgabe der Financial Times
Immer mehr junge Menschen ziehen die politische Bildung über das Internet und Social Media vor.

Ich sitze mit meinen Eltern am Frühstückstisch. Über dem Brötchenkorb ist mal wieder eine politische Diskussion ausgebrochen. Überzeugt untermauere ich meinen Standpunkt mit einer Statistik, die ich auf Instagram gesehen habe. Noch bevor ich den Satz beende, fällt mir auf: Überprüft habe ich die nicht. Das Internet hat längst Einzug in unsere politische Bildung gehalten. In einer Studie der Deutschen TV-Plattform e.V. zur Bundestagswahl 2021 gaben 14 Prozent an, Social Media sehr häufig als politische Informationsquelle zu nutzen. Welche Chancen und Gefahren gehen damit einher?

Matheo Berndt, funky-Jugendreporter

Von Fakes und Filtern

Im Idealfall beinhaltet der Prozess zur Politischen Meinungsbildung verschiedene Perspektiven und einen kritischen Diskurs. Filter Bubbles, in denen Algorithmen der*dem einzelnen nur Inhalte zeigen, die die eigene Position stützen, unterbinden das. Auch das Konsumverhalten selbst ändert sich: Häufig werden nur Schlagzeilen gelesen, Artikel lediglich überflogen. Das spielt Produzent*innen von Fehlinformationen in die Hände. Fakten werden nicht mehr gecheckt, Posts einfach geteilt, schnell tappt man in die Falle und glaubt etwas, ohne es zu prüfen – wie ich.

Das Netz hat aber auch demokratisierende Effekte: Das Reuters Institute in Oxford hat in einer Studie herausgefunden, dass Filter-Blasen zwar existieren und gefährlich, jedoch nicht der Regelfall sind. Im Gegenteil, die meisten Algorithmen neigen dazu, Nutzer*innen zu immer diverseren Informationsquellen zu leiten. Das Netz bietet zudem Raum für Aktivismus, den es in den klassischen Medien kaum gibt. Minderheiten, die dort oft nicht vertreten sind, finden hier Gehör.

Faktenchecks zum Frühstück

Die großen Plattformen haben viele ihrer Probleme noch lange nicht im Griff. Radikalisierung, Verbreitung von Fake News und Hass sind real und dürfen nicht ignoriert werden. Bis es soweit ist, müssen wir die Sozialen Medien aber nicht von unserem medialen Speiseplan streichen. Wichtig ist gerade in politischen Dingen eine gründliche Reflexion: Ist diese Quelle seriös? Woher kommen diese Zahlen?

Zu versuchen, Social Media aus der Politik herauszuhalten, wäre nicht nur unzeitgemäß, sondern käme auch viel zu spät. Sinnvoll ist es, sich selbst auch auf anderen Wegen zu informieren und an der eigenen Medienkompetenz zu arbeiten; der einzige Zweck, zu dem bei uns am Frühstückstisch das Handy genutzt werden darf, sind Faktenchecks.

https://reutersinstitute.politics.ox.ac.uk/our-research/more-important-less-robust-five-things-everybody-needs-know-about-future-journalism

https://tv-plattform.de/wp-content/uploads/2021/09/DTVP_Studie_Bundestagswahl_2021.pdf

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Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.