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Besserwisserwissen: Arbeiten wir heutzutage wirklich weniger als früher?

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Die meisten Arbeitnehmer arbeiten 40 Stunden in der Woche. Dazu kommen Hausarbeit, Kochen und Einkaufen. Haben wir wirklich nie weniger gearbeitet?
Oskar Schulz, funky-Jugendreporter

Es gibt wieder eine Portion Wissen zum Mitnehmen und Angeben. Diesmal geht es darum, ob die Menschen heutzutage wirklich weniger arbeiten müssen als früher. Interessant wird es, wenn man das heutige Arbeitspensum mit den Naturvölkern vergleicht. 

„Die Arbeit ist etwas Unnatürliches. Die Faulheit allein ist göttlich“, schrieb der französische Literaturnobelpreisträger Anatole France. Für das Home Office gilt das insbesondere. Die Möglichkeit, jederzeit zu arbeiten, kann aber auch jederzeit ein schlechtes Gewissen verursachen. Vielleicht doch noch diese eine Mail abschicken? Oder an dem Vortrag für die nächste Woche weiterarbeiten? Nicht das Arbeiten fällt vielen Menschen heutzutage schwer, sondern das Abschalten im Feierabend. Arbeit nimmt den größten Teil des Lebens ein, daher wird man die Gedanken an sie auch nicht los, wenn sie  eigentlich vorbei ist. Tja, so war das ja schon immer. Wie heißt es so schön: Arbeit ist das halbe Leben. Doch stimmt das wirklich?

Der Historiker Michael Schneider nimmt an, dass die Menschen während der Industriellen Revolution vor 170 Jahren durchschnittlich 80 bis 85 Stunden in der Woche arbeiten – ausgenommen war nur der Sonntag. Sie schufteten also sogar deutlich mehr als heute. Schaut man aber weiter in der Geschichte zurück, quasi bis zum Naturzustand des Menschen, sieht die Sache schon anders aus. Archäologen und Anthropologen gehen davon aus, dass Jäger und Sammler verdammt viel Freizeit hatten. Für die Nahrungssuche mussten sie nur einen geringen Teil ihrer Zeit aufbringen. Den Rest des Tages konnten sie nach Lust und Laune mit Beschäftigungen wie Musik, Handwerk oder Malen gestalten.

Der Anthropologe James Suzman hat heute noch existierende indigene Jäger und Sammler-Gesellschaften erforscht und vermutet auf Grundlage dessen, dass unsere Vorfahren nur 15 bis 17 Stunden in der Woche arbeiteten. Und wenn sie „arbeiteten“, war das weit weniger mit Gefühlen der Abneigung verbunden, als sie einem heute in einer stressigen Arbeitswoche begegnen. Der Zeit erklärt Suzman im Interview: „Wir gehen im Urlaub Wandern, Pilze sammeln oder Angeln, um abzuschalten. Das haben unsere Vorfahren jeden Tag gemacht.“

Das alles änderte sich mit dem Beginn des Ackerbaus. Vor 10.000 Jahren begannen die Menschen Felder anzulegen und sesshaft zu werden. Nun hieß es: malochen. Warum die Landwirtschaft so erfolgreich war, obwohl die Menschen letztendlich mehr arbeiten mussten, ist umstritten. Eine Studie, die in der Wissenschaftszeitschrift „Nature Human Behaviour“ erschien, untersuchte die Arbeitszeiten eines noch lebenden Naturvolks. Dafür haben Forscher die indigene Bevölkerungsgruppe der Agta auf den Philippinen begleitet, die größtenteils Jäger und Sammler sind. Ein Teil von ihnen baut zunehmend auch Nahrung auf Feldern an. Das Ergebnis: Diejenigen, die sich um die Felder kümmern müssen, arbeiteten durchschnittlich 30 Stunden pro Woche. Die Jäger und Sammler verbrachten nur 20 Stunden mit der Nahrungssuche.

Wer sich über die heutigen Arbeitszeiten beschwert, gilt schnell als verwöhnt und unrealistisch. Wenn man nun aber die Lebensweise unserer Vorfahren rekonstruiert, ergibt sich ein anderes Bild. Der Mensch, dem fremdbestimmt Arbeit zugewiesen wird, ist eine moderne Erfindung. Die Forschungsergebnisse können Mut machen, eine neue Perspektive auf die Arbeit zu entwickeln. Oder einfach nur ein guter Konter sein, wenn ihr auf der nächsten Familienfeier faul genannt werdet. 

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Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.