Meinung

Vergleicht euch mit anderen!


Psychologische Ratgeber warnen häufig davor, sich mit anderen zu vergleichen. Zu groß sei die Gefahr, dadurch unglücklich zu werden. Unser Autor behauptet das Gegenteil und meint, dass ein Vergleich mit anderen völlig in Ordnung sei – wenn man dabei zwei Dinge berücksichtigt. Ein Kommentar.
Von Felix Fromm, funky-Jugendreporter

Abnehmen, mehr Sport machen, gesünder essen oder endlich mit dem Rauchen aufhören: Gute Vorsätze haben dieser Tage wieder Hochkonjunktur. Selten ist Menschen dabei jedoch bewusst, wie sehr man sich beim Abstecken solcher Ziele an anderen orientiert. Man braucht nur einen Blick in die sozialen Medien zu werfen. Wer dort unterwegs ist, kommt in der Regel gar nicht drum herum, von den zahlreichen Vorsätzen zu hören, die Freunde, Bekannte oder Promis auf Instagram, Facebook und Co. feierlich einzuhalten geloben. Klar, dass viele vor diesem Hintergrund auch darüber nachdenken, woran sie vielleicht selbst noch arbeiten könnten.

Wir vergleichen uns ständig mit anderen

Doch nicht nur bei alltäglichen Dingen wie dem Vorsatz, ab jetzt mehr Sport treiben zu wollen, vergleichen wir uns unwillkürlich mit anderen, sondern auch bei der Frage, wo wir momentan im Leben stehen. Früher habe ich immer geglaubt, dass man es mit Mitte Zwanzig geschafft hätte: eigene Wohnung, fester Job, eigenes Auto und im Idealfall bereits mit einem*r Partner*in für die gemeinsame Zukunft an der Seite. Jetzt bin ich Mitte Zwanzig und in der Realität angekommen. Eine Realität, die bei meinen Freund*innen ganz anders aussieht: Während die einen noch immer zuhause wohnen, ziehen die anderen bereits mit ihren langjährigen Partner*innen ins eigene Haus. Während die ersten in den Vollzeitjob starten, fangen andere nochmal ganz von vorne mit einem neuen Studiengang an. Ich selbst stehe irgendwo dazwischen.

Laut psychologischen Ratgebern mache ich eigentlich alles falsch. Sie warnen schließlich davor, sich mit anderen zu vergleichen, da das schnell zum persönlichen Unglück führen werde. Unglücklich bin ich aber nicht, auch wenn ich meine Situation mit der von anderen vergleiche – oder vielleicht gerade deswegen?

Vergleichen heißt auch reflektieren

Die Psychologie unterscheidet zwischen zwei Arten von Vergleichen mit anderen: den Aufwärtsvergleich, der den Blick nach oben richtet auf diejenigen, die wir uns zum Vorbild nehmen, und den Abwärtsvergleich mit Menschen, denen es (deutlich) schlechter geht als uns selbst. Beiden würde ich etwas Positives zusprechen. Sie haben nämlich gemein, dass sie uns zum Nachdenken anregen. Zum Reflektieren über die eigene Lebenssituation – und mit dieser Erkenntnis vielleicht auch zum Handeln.

So kann der Vergleich mit jemandem, der viel mehr erreicht hat als man selbst, dazu anregen, sich (mehr) zu bemühen, sein eigenes Vorhaben umzusetzen. Sich – zum Beispiel im neuen Jahr – weiterzuentwickeln und sich mal etwas zu trauen. Der Erfolg anderer kann dabei unheimlich motivierend wirken. Der Abwärtsvergleich wiederum zeigt uns, wie viel wir schon erreicht haben und wie gut es uns geht. Er lässt uns dankbar für das sein, was wir bereits haben. Und schon Buddha wusste: Dankbarkeit ist eine der besten Voraussetzungen um glücklich zu werden.

Auf diese zwei Dinge kommt es an!

Aber Vorsicht bei zu schnellen Urteilen: Wenn ich mich und meine Lebenssituation mit anderen vergleiche, kann ich das nur so weit, wie ich sie vom anderen mitbekomme. Und nicht nur in den sozialen Medien, auch im eigenen Umfeld erfährt man meist nur das, was die anderen einem mitteilen wollen. Und das ist in der Regel nicht der Fehlversuch, nicht das anfängliche Scheitern, sondern meist der schlussendliche Erfolg. Keine Biografie ist nur mit Erfolgen bestückt, auch wenn es so scheinen mag. Das darf man nicht vergessen.

Und deswegen sollte man sich beim Vergleichen mit anderen auch nicht mit ihnen messen: Wir wissen schließlich viel zu selten, was wirklich hinter der Situation steckt, in der sich jemand gerade befindet. Alles ist denkbar, allerdings nur manches davon erkennbar. Ja, wir dürfen und müssen uns meiner Meinung nach mit anderen vergleichen – nur so können wir mehr über uns selbst und unsere Lebenssituation erfahren. Wo wir schon sind und wo wir noch hinwollen. Und wie wir unsere Ziele vielleicht am besten erreichen. Nur so können wir an uns arbeiten und uns weiterentwickeln.

Aber wir sollten dabei weder andere noch uns selbst verurteilen. Schließlich heißt es in jedem noch so kitschigen Liebesroman, dass es doch gerade unsere Schwächen seien, die uns liebenswert machen – und uns schlussendlich auch als Menschen definieren.

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.