Freunde gefunden per App? Das Ergebnis des Selbstversuchs

hr seid gerade erst in eine neue Stadt gezogen? Zwischen euch und alten Freunden liegen nun mehrere 100 Kilometer und vielleicht sogar eine Landesgrenze? Ihr fühlt euch etwas einsam? Kein Grund zur Verzweiflung. Unserer Autorin ging es genauso. In einem Selbstversuch hat sie drei verschiedene Apps getestet, die dabei helfen sollen, Freunde zu finden und Kontakte zu knüpfen. Wie das gelaufen ist, berichtet sie hier.
Yasina Hipp, funky-Jugendreporterin

Eine schlechtere Zeit, um das elterliche Nest zu verlassen und allein in eine weit entfernte Großstadt zu ziehen, hätte ich mir wahrscheinlich nicht aussuchen können. Aber ich stecke den Kopf nicht in den Sand. Um noch andere Menschen außer meiner superlieben Mitbewohnerin kennenzulernen, habe ich mir vor einigen Wochen drei Apps heruntergeladen. Mit „Bumble“, „FriendsUp“ und „Spontacts“ stürzte ich mich in das Freunde-finden-Abenteuer.

Um ehrlich zu sein, war ich mit solchen Apps noch nicht wirklich vertraut. Ich bin ein absoluter Dating-App-Dino. Aber die Handhabung bei „Bumble“ und „FriendsUp“ war zum Glück recht einfach. Nach links wischen bedeutet kein Interesse, nach rechts bedeutet Interesse.

Nach welche Kriterien sucht man sich eigentlich seine Freunde aus?

Autorin Yasina über Probleme beim digitalen Freund finden.

Während des wilden Herumwischens schlich sich mit der Zeit ein Gedanke in meinen Kopf: Nach welchen Kriterien sucht man sich eigentlich seine Freunde aus? Bei potenziellen Beziehungspartnern achtet man – auch wenn viele das Gegenteil behaupten – schon auf das Äußere. Eigenschaften, wie dass die andere Person Nichtraucher ist und sich auch hin und wieder sportlich betätigt, wären für mich ausschlaggebende Punkte für eine glückliche Beziehung. Aber bei meinen Freunden ist mir weder Aussehen noch Sportlichkeit wichtig. Natürlich sollten einige gemeinsame Interessen vorhanden sein, dann funktioniert es einfach besser. Aber die Kriterien sind längst nicht so streng. Manchmal wird es sogar erst so richtig spannend, wenn das Gegenüber anders tickt. Das Problem ist: Bei den Apps sieht man nur Fotos und bekommt ein paar magere Infos zur Person aufgetischt. Also konnte die Entscheidung – links oder rechts – im Endeffekt doch nur aufgrund oberflächlicher Kriterien getroffen werden.

Auf „Bumble“ ging alles sehr schnell. Nach einem Tag hatte ich ein Match. Ich wechselte ein paar Chat-Nachrichten mit meiner potenziellen neuen besten Freundin. Und sie lud mich direkt in eine WhatsApp-Gruppe mit vier anderen Mädels ein, die sich auch über „Bumble“ kennengelernt hatten. Zwei Tage, nachdem ich die App heruntergeladen habe, wartete ich also abends vor einer Cocktailbar auf die anderen. Gedanken wie „Das sind komplett fremde Leute, aber du kannst jederzeit flüchten“ oder „Hoffentlich sind die anderen cool und wir verstehen uns gut“ schob ich beiseite. Tatsächlich war der Abend sehr lustig und wir lachten gemeinsam viel. Alle erzählten mir, dass sie sich auch erst vor einigen Tagen angemeldet hatten und im digitalen Freundeaufgabeln genauso ungeübt seien wie ich.

Leider ist außer der gemeinsamen WhatsApp-Gruppe aber nichts von dem Abend geblieben. Woran es gelegen hat? Ich weiß es nicht. „Bumble“ verhalf mir aber trotzdem noch zu einem Erfolgserlebnis: Vor dem Lockdown habe ich mich zweimal mit einem anderen Mädchen auf einen Kaffee getroffen. Sie wohnt im gleichen Stadtteil wie ich. Und seitdem alles wieder geschlossen hat, treffen wir uns regelmäßig zum Spazierengehen.

Bei „FriendsUp“ verließ mich schnell die Lust. Oft waren die anderen Userinnen schon über 30 Jahre alt und man schickte sich sogenannte Cheers hin und her, etwas Handfestes ergab sich nicht.

Bei „Spontacts“ machte mir vor allem der Lockdown einen Strich durch die Rechnung. Die Aktivitäten sind oftmals auf große Gruppen und geschlossene Räume ausgelegt – beides im Moment nicht so empfehlenswert. Ende Oktober nahm ich noch an einer Wanderung um den Schlachtensee teil. Freunde habe ich keine gefunden – die anderen waren auch alle Ü40. Einen schönen Nachmittag hatte ich trotzdem.

Mein Fazit

Ich würde sagen, mein Selbstversuch war erfolgreich. Eine neue Freundin, mit der ich mich sehr gut verstehe, habe ich gefunden. Für ein paar Wochen, inklusive Lockdown, ist das eine gute Quote. Bei den Apps empfinde ich eindeutig „Bumble“ als am geeignetsten. Dort sind die meisten Gleichaltrigen – auch wenn mir kaum männliche User vorgeschlagen wurden –, die gerne neue Kontakte knüpfen möchten.

Auf jeden Fall musste ich für die Treffen mit Wildfremden über meinen Schatten springen, mich aus meiner Komfortzone locken. Und auch das allein ist eine positive Erfahrung, die ich aus diesem Selbstversuch mitnehme.

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.