Die Berlinale im Zeichen der Jugend?

Von Kristina Vasilevskaja, funky-Jugendreporterin

Bei der diesjährigen Berlinale waren zwei Hauptgenres besonders stark vertreten: Dokumentationen und Coming-of-Age-Filme. Es wurde betont: Filme sind Ausdruck der Welt und gerade Kinder und die Perspektive junger Menschen machen einen großen Teil unserer Welt aus. Nicht umsonst heißt es: Kinder sind die Zukunft. Doch wann ist die Berlinale eigentlich zum Schauplatz für die Geschichten junger Menschen geworden? Und warum?  

Noch bevor das Programm der Berlinale veröffentlicht wurde, trudelte die Nachricht ein, dass Kristen Stewart als Jurypräsidentin des diesjährigen Festivals auftreten würde. Daraufhin gab es viele überraschte Stimmen, doch der Großteil erkannte die Absicht hinter dieser Jury-Auswahl: Nach zwei Jahren eingeschränkter Veranstaltungen und Festivals muss nicht nur frischer Wind wehen, sondern auch Aufmerksamkeit generiert werden. 

Mit der von vielen Jugendlichen vergötterten Kristen Stewart hätte das Filmfestival wohl keine bessere Wahl treffen können. Stewart selbst fühlte sich geehrt, diese Aufgabe übernehmen zu dürfen und bedankte sich in Interviews immer wieder für diese Möglichkeit. Und auch beim Talk „Berlinale Talents“ betonte sie die Relevanz des Zeichens, dass eine junge Frau wie sie für eine derart wichtige Rolle angefragt wurde. Während des ersten Abends auf dem roten Teppich wurde der „Twilight“-Star bejubelt und gefeiert und gewann mit ihrer Position als Jurypräsidentin sicher auch neue Fans, die nicht aus der Filmszene kommen.  

In nahezu jedem Film der diesjährigen Berlinale – genreübergreifend – spielten Kinder entweder eine wichtige Rolle oder es wurden Geschichten des Erwachsenwerdens auf die Leinwand gebracht. Selbst in Produktionen, in denen es vordergründig nicht direkt um Kindheit oder Erwachsenwerden ging, wurde stets die Perspektive von Kindern mit eingebracht. Deutlich wurde das besonders bei Filmen wie „El eco”, „Tótem“ oder „20.000 especies de abejas“, die mit Kindern als Protagonist:innen hervorstachen. 

„El eco“ erzählt von den Kindern eines Paares, die versuchen, sich selbst groß zu ziehen. In „Tótem”, ein Film über eine Großfamilie, die sich auf einen Geburtstag vorbereitet, spielt die kleine Tochter die Hauptfigur. Der Spielfilm zeigt dadurch eine erfrischende Sichtweise auf „die Erwachsenen” und ihre Welt. „20.000 especies de abejas” thematisiert noch offensichtlicher die Lebensrealität von Heranwachsenden, indem die Identitätssuche nach dem eigenen Geschlecht begleitet wird und die merkwürdigen Gegebenheiten des Umfeld eingefangen werden. Die Hauptfigur wird von der achtjährigen Sofía Ortero gespielt, die für ihre Rolle mit dem Silbernen Bären für die beste schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle ausgezeichnet wurde. Sie ist damit die jüngste Preisträgerin in der Geschichte des Festivals.  

Sogar die Auswahl der „Retrospektive“, die Filme aus Archiven zeigt, stellte in diesem Jahr die Lieblingsfilme der Jurys und Filmschaffenden aus ihrer Jugend vor, oder aber Filme, die das Erwachsenwerden thematisieren. Somit war selbst in verstaubten Klassikern der kindliche Geist von Neugier, Revolution und Selbsterkundung vertreten. Zum Beispiel beim von Carla Simón, der Gewinnerin des letzten Jahres, ausgewählten Film „El espíritu de la colmena”, in dem ein Mädchen seine Unschuld verliert, nachdem sie „Frankenstein“ als Film gesehen hat. Realität und Fantasie verschwimmen an dieser Stelle, was keine Seltenheit unter den Filmen der diesjährigen Berlinale war. 

„Nach zwei Jahren Pandemie, fühlen wir uns alle wie ein Charakter aus einem Coming-of-Age Film”, erklärt Carlo Chatrian, der Künstlerische Leiter die Filmauswahl der „Retrospektive“. „Wir sind nicht mehr das, was wir vorher waren, und wir wissen nicht, was wir sein werden.” Diese Aussage trifft den Kern des jugendlichen Einschlags des gesamten Filmfestivals nur zu gut: Vieles hat sich verändert, dabei ist die junge Seite der Berlinale erfrischend schön und bleibt hoffentlich auch künftig präsent.  

Nach Abschluss des Festivals werden nun in den kommenden Monaten einige ausgewählte Filme (ebenfalls mit Coming-of-Age-Vibes) in den Kinos gezeigt. Ihr könnt euch darauf freuen! 

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.