Interview

Jung Vater werden: „Lasst euch nicht reinquatschen!“

Erik Koszuta
Für Erik war klar: Den perfekten Zeitpunkt zum Kinderkriegen gibt es nicht, Warum also nicht mit 22?

„Wenn Kinder Kinder kriegen …“ Diesen Spruch hört Erik Koszuta oft, wenn er mit seinem Sohn zum Spielplatz geht. Während die Männer in Deutschland im Schnitt bei der Geburt ihres ersten Kindes 34,6 Jahre alt sind, hat er sich mit gerade einmal 22 Jahren dazu entschieden, Vater zu werden. In seinem Buch „Jung, naiv und Papa“ berichtet der heute 26-jährige Journalist über seine Erlebnisse, die diese Entscheidung nach sich zog.

Anna Abraham, funky-Jugendreporterin

Wie sieht ein typischer Tag bei dir aus?
Wenn man Vater ist, fangen die Tage früh an. Gegen sechs, halb sieben wacht mein Sohn auf. Da ich erst später arbeite, bringe ich ihn dann in die Kita. Als Redakteur beim RBB, dem Rundfunk Berlin-Brandenburg, habe ich einen relativ klassischen „Nine-to-five“-Job. Gegen 15 Uhr holt meine Freundin unseren Sohn von der Kita ab. Abends essen wir dann noch zusammen, vielleicht kommen Freunde vorbei. Gegen 19 Uhr, 19.30 Uhr bringe ich ihn dann ins Bett, das ist mir wichtig. Selbst werde ich aber auch nicht so alt, so um zehn ist der Tag für mich dann vorbei.

Was ist der Vorteil, wenn man jung Vater wird? Würdest du es noch mal machen?
Schwierig zu beantworten, da ich keinen Vergleich habe. Tatsächlich hatte ich auch schon früh Lust darauf, mit einem Kind das Leben weiter zu gestalten. Man sagt ja: Es gibt nie den richtigen Zeitpunkt, Kinder zu bekommen. Das würde ich aus meiner Perspektive unterschreiben. Wann soll bitte der richtige Zeitpunkt sein? Eigentlich gibt es immer tausend Dinge, die dagegensprechen: Vielleicht beende ich gerade noch meine Ausbildung, stecke im Studium, habe nur einen 450 Euro-Job. Also: Warum nicht genau jetzt?

Ich hätte erwartet, dass das Buch mit einem positiven Schwangerschaftstest beginnt. Wie habt ihr euch denn dafür entschieden, ein Kind zu bekommen?
Meine Freundin hat mich einfach gefragt. Und ich war so: Ja, eigentlich voll gerne. Das ist ja auch eine glückliche Fügung, dass wir uns beide gleichzeitig ein Kind gewünscht haben. Im Buch habe ich damit nicht angefangen, weil es für mich gar nicht der krasseste Moment war. Das waren für mich eher die Momente, die danach kamen, das Leben mit dem Kind. Es ist mehr oder weniger einfach so passiert und erst dann wurde es spannend.

Was war für dich rückblickend der schönste Moment?
Der schönste Moment war eigentlich die Zeit, in der es noch gar keiner wusste, dass sie schwanger war. Man hatte so ein kleines Geheimnis, das man mit sich herumgetragen hat, irgendwie hatte das etwas Magisches.

Wie haben dein Freundeskreis und deine Familie reagiert?
Meine Mutter hat erst einmal geweint, vor Freude allerdings. Meine Familie hat das sehr wohlwollend aufgenommen. Es war eindeutig, dass wir das auch wollen und dass wir uns dafür entschieden haben. Das ist natürlich das, was alle sich bei jungen Eltern immer fragen: Wollten die das? War das geplant? Im Freundeskreis trafen wir eher auf große Verwunderung, im Sinne von: Warum gerade jetzt?

In welchem Moment hast du wirklich verstanden, dass du Vater geworden bist?
Ich finde, das ist ein Prozess. Es gibt auch immer wieder Momente, beispielsweise wenn ich alleine unterwegs oder auf der Arbeit bin, da spielt es überhaupt keine Rolle, ob ich ein Kind habe. In anderen Momenten, wenn ich auf dem Spielplatz unterwegs bin, ist es natürlich sehr präsent. Wenn ich dann abends mal auf einer Party bin, dann ist es auch wieder so krass, dann führen wir wieder das Leben von Studierenden. Zwischen diesen Welten springe ich eigentlich immer hin und her. Allerdings habe ich permanent die Verantwortung für ein anderes Lebewesen. Ich kann nie sagen: Heute habe ich keinen Bock. Als Papa muss ich da sein und funktionieren.

Als Papa muss ich da sein und funktionieren.

Was hat das Kind mit dem Freundeskreis gemacht?
Natürlich ist es schon so, dass ich meine Freundinnen und Freunde viel weniger sehe. Dadurch, dass ich in diesen Rhythmus mit Kind eingespannt bin, kann ich nicht einfach abends mal für eine halbe Stunde auf ein Bier vorbeikommen – oder eben viel seltener. Mit meinen Freunden in Kontakt zu bleiben ist mir aber sehr wichtig. Wenn wir uns treffen, bin ich sehr fokussiert und nehme mir bewusst Zeit. Glücklicherweise wohnen meine Eltern und die Eltern meiner Freundin in Berlin. Ich würde sagen, ich gehe so alle zwei Monate auf eine Party.

Eben hast du ja auch schon Verpflichtungen erwähnt: Wie teilt ihr die Care Arbeit untereinander auf?
Grundsätzlich haben wir ein konservatives Rollenbild. Ich bin weiter arbeiten gegangen. Meine Freundin hat ihre Ausbildung unterbrochen und ist in Elternzeit gegangen. Inzwischen macht sie ihre Ausbildung aber weiter. Ein Vorteil ist, dass ich im Home Office bin. Dadurch kann ich zum Beispiel mein Kind zur Kita bringen, während meine Freundin als Erste das Haus verlässt. Dafür hat sie dann früher Schluss und holt ihn ab. Um andere Sachen, wie beispielsweise die Wäscheberge, kümmere ich mich. Wenn man sein Kind nicht sieht und nur arbeitet, wofür hat man dann ein Kind?

Worauf freust du dich am meisten beim Aufwachsen deines Sohnes?
Mitzubekommen, was für ein Mensch mein Sohn wird. Früher dachte ich immer, dass man seinem Kind so wahnsinnig viel vererbt. Die kommen so auf die Welt und 99 Prozent des Charakters formt man mit Erziehung. Jetzt denke ich, Kinder bringen schon einen Charakter mit und als Eltern versucht man eben, damit umzugehen. Das ist dann die Erziehung. Zum Beispiel habe ich ein sehr lebhaftes Kind, ich selbst war früher eher ruhig. Dank meines Sohnes weiß ich jetzt aber auch, wann die Müllabfuhr kommt und kann mich für Baustellen begeistern.

Warum hast du dich entschieden, ein Buch über dieses Thema zu schreiben?
Meine Freundin meinte: Schreib doch mal ein Buch darüber, was wir so alles erleben. Dann habe ich mich hingesetzt und angefangen und es sprudelte alles heraus, weil das so unfassbar intensive Erfahrungen sind.

Dein Tipp für junge Eltern?
Lasst euch nicht reinquatschen! Ihr wisst es selbst am besten.

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Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.