Interview

Einstieg in den Journalismus: „Wir sind dann gut, wenn wir es lieben!“

Lächelnde Frau
Ihre Eltern wollten, dass sie Medizin studiert. Doch Franka entschied sich für das, was sie liebte: den Journalismus.

Journalismus ist ein weites Tätigkeitsfeld und Berufsbezeichnung „Journalist*in“ ist kein geschützter Begriff. Wie also kann jungen Journalist*innen der Einstieg in den qualitativen Journalismus gelingen – und welche Eigenschaften müssen sie mitbringen?

Annika Derichs, funky-Jugendreporterin

Franka Frei ist freie Journalistin, Autorin und Menstruationsaktivistin. Bekannt wurde sie durch ihre Bachelorarbeit zur Tabuisierung der Menstruation, die auf Social Media viral ging. 2020 folgte dann ihr Buch „Periode ist politisch. Ein Manifest gegen das Menstruationstabu“. Im Interview verrät die 26-Jährige, warum ihr Beruf sie begeistert und was junge Medienmacher*innen wissen müssen.

Neben deinem Job als freie Autorin und Menstruationsaktivistin bist du als freie Journalistin für verschiedene Medien tätig. Wie alt warst du, als du das erste Mal journalistisch gearbeitet hast und wie kam es dazu?
Tatsächlich habe ich Journalismus studiert und habe im Studium, also etwa mit 20 Jahren, das erste Mal so richtig journalistisch gearbeitet. Allerdings habe ich mich schon in der Schulzeit für Journalismus interessiert und mich ganz klassisch bei der Schülerzeitung ausprobiert.

Warum wolltest du Journalistin werden?
Schon als Kind war ich fasziniert von Karla Kolumna, der rasenden Reporterin aus Benjamin Blümchen, die mit wehendem Haar immer mitten ins Geschehen geplatzt ist. Mich hat die Vorstellung von diesem Job gepackt, in dem ich für andere Menschen das Tor zu Ereignissen sein kann. Auch immer wieder an neuen Orten zu sein, neue Menschen kennenzulernen und immer wieder neu dazuzulernen hat mich begeistert.

Wie cool ist ein Job, in dem man mit jeder Aufgabe seinen eigenen Horizont erweitert? Kein einziges Stück, das man produziert, gleicht einem anderen und man wächst immer wieder über sich hinaus. Durch meinen Beruf hat sich für mich ein Fenster zur Welt geöffnet und ich kann gleichzeitig für andere dieses Fenster zur Welt sein.

Durch meinen Beruf hat sich für mich ein Fenster zur Welt geöffnet und ich kann gleichzeitig für andere dieses Fenster zur Welt sein.

Daria

Was gab dir den letzten Anstoß, auch wirklich in den Beruf einzusteigen?
Ich hatte schon immer einen starken Bezug zu allen audiovisuellen Medien und auch Textmedien. Dinge zu verpacken, Texte zu schreiben und Videos zu drehen hat mir schon als Kind unheimlich viel Spaß gemacht. Damals habe ich mir ein Mikrofon aus Strohhalmen und Alufolie gebastelt und den Camcorder meiner Eltern mitgenommen. Diese wollten eigentlich, dass ich Medizin studiere, ich hatte sogar einen Studienplatz.

Letztendlich hat mir aber mein Bauchgefühl gesagt, dass ich Karla Kolumna sein möchte. Es war also ein Gefühl und die Lust auf den Beruf. Wir sind dann gut, wenn wir es lieben und wenn wir Lust darauf haben. Wenn wir es genießen, eine Tätigkeit auszuführen, dann sind wir auch gut darin.

Wie genau gelang dir der Berufseinstieg?
Zwar habe ich Journalismus studiert, am Ende funktionierte mein tatsächlicher Berufseinstieg aber eher durch praktische Erfahrungen und den sich daraus ergebenden Kontakten. In meinen Augen ist ein Journalismus-Studium nicht unbedingt notwendig, um Journalist*in zu werden. Es ist fast besser, sich durch ein Studium in einem anderen Fachgebiet Inhalte und Expertise anzueignen und zu versuchen, über Praktika einen Fuß in die Tür zu bekommen. Dafür muss man natürlich aber auch etwas Glück haben und zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.

Ich habe durch einen meiner Dozenten einen Job als studentische Assistenz in einem Fernsehstudio bekommen und konnte somit wertvolle Kontakte sammeln. Zunächst habe ich nur Kabel gehalten, aber schließlich konnte ich eine sehr gute Praktikumsstelle ergattern. Es war ein anspruchsvoller Job mit viel Verantwortung: Ich durfte schon nach wenigen Wochen im In- und Ausland meine eigenen Beiträge drehen und schneiden. Nach dem Praktikum wurde ich als freie Autorin übernommen.

Gleichzeitig hat sich durch meine Bachelorarbeit eine andere Tür geöffnet. Nachdem ich auf Facebook viral gegangen bin, startete ich einen Blog und bekam das Angebot, ein Buch über die politischen Dimensionen der Periode zu schreiben. Kurz darauf veröffentlichte der Heyne Verlag auch meinen Roman „Krötensex“. Seitdem bin ich vor allem in den sozialen Medien unterwegs, habe einen Podcast und halte Vorträge und Workshops. Ich denke, ich habe einfach versucht, aktiv zu sein und mich auf das einzulassen, was der Wind gerade so herangeweht hat.

Wer kann Journalist*in werden und welche Kompetenzen sollten junge Medienmacher*innen mitbringen?
Auf jeden Fall sollte man wissbegierig sein. Energie und Selbstvertrauen sind auch wichtig, da der Job sehr herausfordernd sein kann. Am Ende ist auch Mut von Nöten, um neue Dinge auszuprobieren.

Was ist heutzutage wichtig, um guten Journalismus zu machen?
Fakten zu checken ist in der heutigen Informationswelt wahnsinnig wichtig, weil wir so viele Möglichkeiten haben, uns zu informieren. Sich die Zeit zu nehmen, um zu prüfen, was richtig und falsch ist, ist unverzichtbar. Früher war Journalismus langwieriger und es war zeitintensiver, bis ein Artikel oder eine Radiosendung auch wirklich fertig waren. Heute haben wir den Luxus, innerhalb weniger Sekunden aus unendlich viele Quellen an Infos zu gelangen. Doch dieser Informationsüberfluss kann auch eine Herausforderung sein. Man muss abwägen, was wichtig ist, wo der Fokus liegt und welche Themen man in den Mittelpunkt rücken möchte.

Was kannst du jungen Menschen mit auf den Weg geben, die den Berufseinstieg in den Journalismus wagen möchten?
Wenn ich eines gelernt habe, dann ist es, dass man einfach macht. Selbst wenn man gerade nicht das perfekte Praktikum hat, gibt es heutzutage so viele verschiedene Möglichkeiten. Zum Beispiel kann man Dinge in verschiedenen sozialen Medien posten, wie Instagram. Wichtig ist, an sich selbst zu glauben. Wenn es in den Fingerspitzen kitzelt und man das macht, was man kann und worauf man Lust hat, dann wird es gut. Einfach machen, üben, anfangen.

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Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.