Meinung

Das steckt hinter „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“

Schild der DW Enteignen Kampagne
Am 26. September kann abgestimmt werden, ob die Deutsche Wohnen enteignet werden soll.

Der Begriff „Enteignung“ wirkt auf viele Menschen abschreckend. Ganz nach dem Credo: „Wir können den Leuten doch nichts wegnehmen, was die sich selbst erarbeitet haben“ verweigern sich viele Menschen der Option einer Enteignung großer Immobilienkonzerne. Doch was steckt eigentlich hinter den Forderungen der „Deutsche Wohnen Enteignen“-Kampagne, die immer mehr in der Öffentlichkeit für Diskussionsstoff sorgt?

Von Zora Günther, funky-Jugendreporter

Berliner Wohnungsmarkt Geschichte

Der Wohnungsmarkt in Berlin gleicht einem Schlachtfeld. Gekämpft wird mit Einkommensnachweisen, Schufa-Abos und Bürgschaften verbeamteter Elternteile. Vor allem Student*innen können ein Lied von der verzweifelten Wohnungssuche singen. Das war nicht immer so. In den Neunzigerjahren verfügte Berlin über enorm viel Wohnungsraum.

Diesen verkaufte die damalige Rot-Rot-Regierung in den 2000er-Jahren aufgrund der Schuldenlage Berlins dann an Großunternehmen – wie beispielsweise die Deutsche Wohnen. Staatlicher Wohnungsbau ging somit in die Hände großer Unternehmen über. Diese gingen wiederum Stück für Stück an die Börse. Spekulationen mit lebensnotwendigem Wohnraum wurden auf Kosten von Geringverdienern, Arbeitslosen und Studierenden betrieben.

Wohnen wird immer teurer

Während im Jahr 2012 der Preis für einen Quadratmeter noch 6,65 Euro betrug, ist er jetzt laut einer „empirica regio“-Studie zur Entwicklung der Angebotsmieten für Wohnungen in Berlin bei ungefähr 10,49 Euro pro Quadratmeter gelandet. Das bedeutet, für dieselbe 60-Quadratmeter-Wohnung, die 2012 noch 399 Euro gekostet hätte, zahlt man heute 629,40 Euro. Und wir sind uns wahrscheinlich alle darüber im Klaren, dass je nach Bezirk die Miete steigt und sinkt. Nur selten findet man eine 60-Quadratmeter-Wohnung in Kreuzberg für 630 Euro. Das entspricht heute eher der Miete für ein Zimmer.

Ziel der Kampagne

Die Kampagne „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ will Unternehmen wie Deutsche Wohnen den Wohnraum für einen staatlich regulierten Preis abkaufen. Damit wollen sie finanzierbaren Wohnraum für alle schaffen. Die Kampagne konzentriert sich lediglich auf die Großunternehmen Vonovia, Deutsche Wohnen und Co und nicht auf Genossenschaften.

Enteignung im Grundgesetz

Die Kampagne fußt auf den Artikeln 14 und 15 im Grundgesetz. Dort heißt es: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“ (Art. 14 Abs 1).  Wenn Deutsche Wohnen und Co. mit dem Eigentum vor allem Eigengewinn generieren und nicht mehr zum Wohle des Volkes arbeite, so ist „… eine Enteignung […] zum Wohle der Allgemeinheit zulässig.“ (Art. 14 Abs. 3). Die Artikel 14 und 15, auf welchen die Forderungen der Kampagne basieren, sind an und für sich keine Paragrafen für Enteignung im klassischen Sinne, sondern eher für den Rückkauf von Eigentum durch den Staat. Wie hoch die Unternehmen vergütet werden könnten, ist noch unklar. Es gibt verschiedene Rechtsgrundlagen, die die Summe bestimmen. Dies würde nach dem Volksentscheid am 26.09 spezifiziert werden, insofern dieser in der Mehrheit mit „Ja“ beantwortet wird.

Der Volksentscheid der „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“-Kampagne gibt also Berliner*innen die Möglichkeit, ihre Stimme gegen den Verkauf ihrer Stadt an Großunternehmen wie Deutsche Wohnen abzugeben.

Übrigens: Es gab scheinbar Probleme bei dem Versenden der Briefwahlunterlagen. Falls du keinen Wahlzettel für die Enteignungsabstimmung bekommen haben solltest, kannst du dich an socialmedia@dwenteignen.de⁠ und dein zuständiges Bezirksbüro mit einer Beschwerde wenden.

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