Interview

„Peftfluencing“ – was ist das? Jasmin Nitezki im Interview

Jasmin Nitezki mit ihren Hunden

Wir sehen eine lila Kuh auf einer knallgrünen Weide und schon liegt der Geschmack von zarter Schokolade auf der Zunge. Nun gibt es in der Realität zwar keine Kuh, die sich ihr Fell färbt, Tiere kommen in der Werbung aber ganz offensichtlich sehr gut an. Bei fast 35 Millionen Haustieren alleine in Deutschland ist das kein Wunder. So gesehen zählt die Milka-Kuh zu den ersten tierischen „Petfluencern“, sogenannten Haustieren, die als Influencer und Markenbotschafter eingesetzt werden. Dieser Trend lässt sich in den letzten Jahren auf sämtlichen Social-Media-Kanälen beobachten. Und weil Igel, Katzen, Papageien oder Hunde bekanntlich keine Fotos schießen, geschweige denn ein Bild liken, stellt sich die Frage, wer denn nun den Auslöser drückt und die Bilder postet. Jasmin Nitezki gewährt einen Blick hinter die Kulissen: Sie ist der menschliche Part des Instagram-Accounts @the_sun.and.the_moon. Dort teilt sie täglich Bilder ihrer beiden Hunde Amy und Ayu und knackt wohl bald die 70-k-Abonnent*innen-Marke. Im Interview spricht sie über ihr Hobby Petfluencing, das sie mittlerweile zum Beruf gemacht hat.  

Knut Löbe, funky-Jugendreporter

Du hast zusammen mit deinen beiden Hunden einen eigenen Instagram-Account. Wie kam es dazu?
Mein großer Traum war es schon immer, einen Australian Shepherd mit blauen Augen zu haben. Dann kam Amy. Da ich immer süße Bilder von ihr haben wollte, habe ich angefangen, ein Foto-Tagebuch zu führen. Nur zum Spaß habe ich einige dieser Fotos bei Instagram hochgeladen, bis irgendwann die ersten kleineren Anfragen von Firmen kamen, ob ich nicht mit Amy Fotos für ihre Produkte machen wolle. Weil unser Leben mit einem Hund so gut funktioniert hat und mein Freund schon immer einen Weimaraner haben wollte, kam dann unser Hund Ayu dazu. Amy ist ein Hütehund und Ayu ist ein Jagdhund. Viele fragen sich, wie das zusammenpasst, aber ich muss sagen, das funktioniert wirklich gut. Die beiden sind wie Geschwister. 

Bald hast du 70 Tausend Follower auf Instagram. Wann kam der Stein ins Rollen?
Ich sage immer: Wichtig sind nicht die Follower, sondern die Interaktionen. Also wie viele letzten Endes die Bilder liken. Bei Instagram folgen mir so viele Menschen, aber nur ein Zehntel davon ist wirklich aktiv am Interagieren. Mittlerweile machen wir das seit drei Jahren, aber richtig los ging es erst im letzten Jahr, als Ayu mit dazukam. Da kamen die Anfragen wirklich in Massen. Ich glaube, das war auch etwas Besonderes. Ayu kann innerhalb von zwei Sekunden von lustig zu ernst wechseln. Ich glaube, das macht auch den Charme aus.  

Wie wird das eigene Haustier zum Petfluencer?
Firmen haben mich gefragt, ob ich Lust hätte, Fotos für sie zu machen. Mir hat es dann gefallen, schöne Dinge für meine Hunde zu haben. Ich musste mir das alles selber nicht mehr kaufen, also habe ich da irgendwo auch einen Nutzen für mich gesehen, Kooperationen anzunehmen. Irgendwann habe ich angefangen, selbst Firmen anzufragen. Im letzten Jahr noch habe ich fast alle Anfragen angenommen, mittlerweile denke ich aber eher in Richtung Qualität vor Quantität. Das war ein schleichender Prozess. Die wievielte Hundeleine muss ich wirklich haben? Mittlerweile ist es so: Wenn das eine kommt, dann muss das andere Platz dafür machen. 

Was davon ist Spaß und wie viel Arbeit steckt in deinem Account? 
Richtige „freie“ Projekte habe ich kaum noch. Aber es ist auch nicht so, dass es mir keinen Spaß macht. Ich würde das jetzt nicht machen, wenn es nur noch ein Job wäre. Das würde mich in meiner Kreativität unheimlich einschränken. Ich finde, es gibt nichts Schlimmeres, als wenn eine Firma auf dich zukommt und sagt, ich will das genau so, an diesem Tag, an dieser Location, mit dem Licht. Das ist ja so, als wenn du zu Leonardo da Vinci sagen würdest: Nur diese Farben darfst du benutzen! So etwas ist für mich keine gelungene Kooperation. Man muss dahinterstehen. 

Kreativ bleiben ist also wichtig für dich. Wie hebt man sich von anderen Petfluencern ab? 
Es gibt einige, die mir gesagt haben, dass sie meinen Stil erkennen würden. Ich habe manchmal Angst, dass es nicht so ist. Meine Hunde haben auf jeden Fall einen krassen Wiedererkennungswert. Ich glaube, um sich abzuheben, gibt es einen Standardspruch: Du musst authentisch und kreativ bleiben. Letztendlich ist es auch von der Laune der Leute abhängig, weil es nicht nur das eine Erfolgsrezept gibt. Manche Leute folgen schließlich auch einem Igel. Wenn es ein Erfolgsrezept gibt auf Instagram, dann ist das die Kreativität!

Nun bist du für die Bildbearbeitung und diese Kreativität verantwortlich. Deine Hunde tragen ihren Teil in aufwendigen Posen bei. Sind das Schnappschüsse oder jahreslanges Training?
Es gibt natürlich Kommandos für meine Hunde, aber sie sind sehr kreativ, was das Ausführen der Kommandos angeht. Wenn ich zum Beispiel das Kommando „Freunde“ gebe und die Hunde sich umarmen, wird das unterschiedlich ausgeführt. Teilweise sind es also wirklich Schnappschüsse, vor allem wenn die Hunde eine Grimasse machen. Da ist ja nichts gestellt. Ich glaube, dass Schnappschüsse viel besser ankommen. Manchmal fahre ich wirklich kilometerweit zu einer Location und stehe früh auf, um den perfekten Sonnenaufgang einzufangen. Dann kriegt dieses Bild nur 1000 Likes. Am nächsten Tag geht ein Bild mit einer spontanen Hundegrimasse ohne großen Aufwand durch die Decke. Ich denke, eine gute Mischung ist wichtig. Wenn die Hunde auch einfach mal nur Hund sind, ist das auch vollkommen in Ordnung. Die Hunde sollen ja keine Puppen sein, die ich irgendwie hinstelle und eine menschliche Pose machen lasse. 

Tierschützer kritisieren, dass Petfluencing nicht mehr viel mit Tierliebe zu hat, sondern eine nicht artgerechte Vermenschlichung ist. Was würdest du dem entgegnen?
Ich würde Kritik an meiner Arbeit verstehen, wenn ich meine Hunde zu sehr vermenschlichen würde, ihnen also Sachen anziehen würde, die gar nicht dem Tier entsprechen. Solange es einem Hund gut geht, gibt es aber nichts Besseres, als wenn sich ein Besitzer mit seinem Tier beschäftigt und diese Bindung gestärkt wird. Wenn ich mit meinem Hund rausgehe, um Fotos zu machen, dann muss er sich komplett auf mich konzentrieren und mit mir arbeiten. Das ist nichts anderes, als wenn ein Schäfer mit seinem Hund auf die Weide geht – auch das ist Arbeit für das Tier. Ich finde Petfluencing nicht schlimm, man muss sein Tier allerdings einschätzen können. Ich glaube aber, es wird immer Dinge geben, die Leute anders sehen und kritisieren. 

Bei vielen Influencern spielen Schönheitsideale eine bedeutende Rolle. Wie ist es da bei Petfluencern? 
Ich würde jetzt lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte nicht mit Kritik oder Hate zu tun. Das ist auch bei meinem Account ein ganz großes Thema. Jeden Influencer, der vor die Kamera tritt, trifft starke Kritik unheimlich. Für mich gibt es aber nichts Schlimmeres, als wenn jemand meine Hunde beleidigt. Wenn jemand sagt, meinen Hunden gehe es schlecht oder ich würde sie misshandeln, dann trifft mich das noch mal anders, als wenn jemand meine Persönlichkeit direkt angreift. Einmal habe ich fast überlegt, alles an den Haken zu hängen, weil jemand schrieb, ich hätte mir Ayu nur geholt, um noch mehr Kooperationen zu bekommen. Ich habe oft von anderen Hundebesitzern gehört, die auch einen Weimaraner haben, dass ich ihn zu lustig darstelle. Der Vorwurf ist, dass ich aufgrund der Reichweite auch eine Verpflichtung habe, ein Vorbild zu sein. Das wird indirekt auch dem Petfluencing angelastet. Aus dieser Sichtweise heraus bist du verpflichtet, über deine Hunderasse aufzuklären. 

Für wie langlebig hältst du das Petfluencing? 
Ich sehe es kritisch, das für immer zu machen. Irgendwann werden meine Hunde leider nicht mehr da sein. Ich weiß nicht, ob es mit anderen Hunden auch so funktionieren würde, wie es aktuell mit Amy und Ayu funktioniert. Deswegen werde ich immer versuchen, jobtechnisch zweigleisig zu fahren. Bei mir ist es die Fotografie und das Petfluencing. Der Zweitjob muss gar nicht viel einbringen, es reicht schon, wenn die Fixkosten gedeckt sind. 

Wie viel Arbeit steckst du pro Tag in dein Projekt?
Meine Bildschirmzeit beträgt aktuell auf dem Handy sieben bis acht Stunden. Ich bin täglich auf Instagram aktiv. Ich poste also jeden Tag ein Bild und mache täglich eine Story. Müsste ich das jetzt auf eine Stundenzahl herunterbrechen, sind das definitiv vier bis fünf Stunden, die ich allein auf Instagram damit verbringe. Mit der Fotografie und dem Bearbeiten ist das natürlich noch mehr. Für mich ist es ein Halbtagsjob. In der Woche kümmere ich mich etwa um die 30 Stunden um meinen Petfluencer-Account. 

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.