Die Depression ist die am häufigsten auftretende psychische Krankheit überhaupt. Doch was tun, wenn eine solche mentale Störung im eigenen Familienkreis auftritt und der Betroffene sich immer mehr zurückzieht?
von Laura Wilks, funky-Jugenreporterin
Zurzeit leiden in Deutschland 5,3 Millionen Menschen an Depressionen. Die Suizidrate bei den Erkrankten liegt zwischen 10 und 15 Prozent. Betroffene leiden extrem unter der Symptomatik: Extreme Niedergeschlagenheit, innere Unruhe, die in schlaflose Nächte ausartet und dem Gefühl, das Leben wäre in tiefstes Grau getaucht worden. Doch nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen sinkt rapide, auch Angehörige sind betroffen. Familienmitglieder hinterlässt die stark persönlichkeitsverändernde Erkrankung ihrer Liebsten häufig ratlos. Insbesondere Kinder verstehen nicht, weshalb ein Elternteil plötzlich nicht mehr lacht und sich vermehrt zurückzieht.
Hannah bekam die Depression ihres Vaters das erste Mal so richtig mit, als sie mit 16 Jahren den Zenit ihrer pubertären Phase erreichte. Für sie wurde die Erkrankung zur emotionalen Doppelbelastung. Mit der Zeit lernte sie, mit der Krankheit umzugehen und die neue Familiendynamik zu verstehen.
Eine zerbrochene Familienidylle
Anfangs fiel es ihr schwer, den Gemütszustand ihres Vaters nicht auf sich zu beziehen. Generell war die Stimmung zu Hause nicht mehr dieselbe. Nach einem Jobverlust zog sich ihr Vater die meiste Zeit ins Schlafzimmer zurück. Früher war er ein heiterer Mensch, stets gesprächig. Plötzlich war er ungewohnt ruhig und strahlte diese unverwechselbare Traurigkeit aus, wirkte ausgebrannt und sehr unglücklich. Als sich seine Stimmung auch nach Wochen nicht aufhellte, sprach sie ihre Mutter darauf an, die entgegnete: „Er hat nur eine schlechte Phase, du weißt ja, das mit seinem Job macht ihm schwer zu schaffen. Aber keine Sorge, das wird mit der Zeit wieder.“ Hannah machte sich aber große Sorgen und konnte sich in der Schule kaum noch konzentrieren. Das war bald auch an ihren Leistungen erkennbar. Die Illusion der perfekten Familie löste sich auf. Leider wurde ihr Bedürfnis nach Klarheit und Antworten auch bei ihrer Mutter nicht befriedigt. Diese konnte nicht ehrlich sein – nicht zu sich, geschweige denn Hannah gegenüber.
Auf unausgesprochene Sorgen folgte der Zusammenbruch
Irgendwann brach Hannah in der Schule zusammen. Ihr Vater kam seit Tagen nur noch für das Nötigste aus dem Schlafzimmer. Den Rest der Zeit lag er bei geschlossenen Gardinen im Dunkeln. Unter Tränen vertraute sie sich ihrer besten Freundin an und erzählte mit großem Schamgefühl, was bei ihr zu Hause los war. Dass die Mutter alles überspielte und sie sich so unsagbar allein und hilflos fühlte. Die Freundin hörte zu und riet Hannah, ihrem Vater eine Therapie zu nahezulegen und selbst über eine Therapie nachzudenken. „Ich war im ersten Moment super wütend und bereute es, ihr davon erzählt zu haben. Mit mir war doch alles okay“, erinnert sich Hannah heute. Die Freundin hatte selbst eine Therapie gemacht und wusste wie heilsam es sein kann, mit einer familienexternen Person über Gedanken und Gefühle zu sprechen.
Therapie als Lösung
Schnell war klar: Ihr Vater würde diesen Tiefpunkt nur eigenmächtig überwinden können. Hannah und ihre Mutter konnten ihn unterstützen, indem sie ihm eine Therapie empfahlen, einen Termin bei einem Therapeuten vereinbarten und Hoffnung spendeten. Trotz der Krankheit ihres Vaters hatte Hannah es verdient, glücklich zu sein. Auch wenn einer ihrer liebsten Menschen litt, würde dieser doch nie wollen, dass sie selbst ebenso unglücklich würde. Und das hat nichts mit Egoismus zu tun, sondern mit Selbstliebe. Aus diesem Grund empfahl ihre beste Freundin ihr eine Therapie. Hannah konnte so eigene Probleme aufarbeiten und ihr Leben wieder genießen.
Eine Therapie zu machen war für Hannah der richtige Schritt. Nachdem sich ihre Eltern getrennt hatten, machte auch ihr Vater endlich eine Therapie. Heute geht es ihm besser. Er nimmt Antidepressiva und hat gelernt, mit der Krankheit zu leben. Ihre Mutter hat einen neuen Partner. Allwöchentlich treffen sich die drei auf Kaffee und Kuchen, lachen, reden – sind authentischer, aber auch verletzlicher. Hannah musste schneller erwachsen werden als viele ihrer Freundinnen. „Es war schmerzhaft, aber ich bin trotzdem dankbar dafür, ohne diese Erfahrung wäre ich heute nicht die Person, die ich bin. Mir geht es gut, Papa geht es besser. Dafür bin ich sehr dankbar.“
Anhand Hannahs Erfahrungsbericht wird deutlich: Solltet ihr die Vermutung haben, eines eurer Elternteile ist depressiv, bezieht die Wesensveränderung niemals auf euch selbst und redet mit einer Bezugsperson darüber. Allein wird man nicht damit fertig. Und es ist weder stark noch ratsam, schwerwiegende Probleme jeglicher Art in sich hineinzufressen. Irgendwann kommt alles wieder hoch, wenn man es nicht aufarbeitet. Keine Familie ist perfekt. Gefühle machen uns menschlich.
Hilfe holen hat oberste Priorität!
Solltet ihr das Bedürfnis haben, euch all die „unaussprechlichen“ Gedanken von der Seele zu reden, wendet euch an einen Spezialisten – und habt keine Angst! Therapien sind individuell an Bedürfnisse anpassbar. Ob es nun eine Verhaltenstherapie ist, die sich durch aktive Übungen auf die Veränderung des momentanen Verhaltens fokussiert, oder eine Psychoanalyse, die gegenwärtige Probleme durch die Aufarbeitung der Vergangenheit bearbeitet. Bei akuten Redebedarf könnt ihr euch auch jederzeit an das Seelsorge Telefon Berlin (0800 111 0111) wenden oder einer Selbsthilfegruppe für Angehörige Depressiver beitreten. Unter www.bapk.de findet ihr aktuelle Angebote.
Zurzeit leiden in Deutschland 5,3 Millionen Menschen an Depressionen. Die Suizidrate bei den Erkrankten liegt zwischen 10 und 15 Prozent. Betroffene leiden extrem unter der Symptomatik: Extreme Niedergeschlagenheit, innere Unruhe, die in schlaflose Nächte ausartet und dem Gefühl, das Leben wäre in tiefstes Grau getaucht worden. Doch nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen sinkt rapide, auch Angehörige sind betroffen. Familienmitglieder hinterlässt die stark persönlichkeitsverändernde Erkrankung ihrer Liebsten häufig ratlos. Insbesondere Kinder verstehen nicht, weshalb ein Elternteil plötzlich nicht mehr lacht und sich vermehrt zurückzieht.
Hannah bekam die Depression ihres Vaters das erste Mal so richtig mit, als sie mit 16 Jahren den Zenit ihrer pubertären Phase erreichte. Für sie wurde die Erkrankung zur emotionalen Doppelbelastung. Mit der Zeit lernte sie, mit der Krankheit umzugehen und die neue Familiendynamik zu verstehen.
Eine zerbrochene Familienidylle
Anfangs fiel es ihr schwer, den Gemütszustand ihres Vaters nicht auf sich zu beziehen. Generell war die Stimmung zu Hause nicht mehr dieselbe. Nach einem Jobverlust zog sich ihr Vater die meiste Zeit ins Schlafzimmer zurück. Früher war er ein heiterer Mensch, stets gesprächig. Plötzlich war er ungewohnt ruhig und strahlte diese unverwechselbare Traurigkeit aus, wirkte ausgebrannt und sehr unglücklich. Als sich seine Stimmung auch nach Wochen nicht aufhellte, sprach sie ihre Mutter darauf an, die entgegnete: „Er hat nur eine schlechte Phase, du weißt ja, das mit seinem Job macht ihm schwer zu schaffen. Aber keine Sorge, das wird mit der Zeit wieder.“ Hannah machte sich aber große Sorgen und konnte sich in der Schule kaum noch konzentrieren. Das war bald auch an ihren Leistungen erkennbar. Die Illusion der perfekten Familie löste sich auf. Leider wurde ihr Bedürfnis nach Klarheit und Antworten auch bei ihrer Mutter nicht befriedigt. Diese konnte nicht ehrlich sein – nicht zu sich, geschweige denn Hannah gegenüber.
Auf unausgesprochene Sorgen folgte der Zusammenbruch
Irgendwann brach Hannah in der Schule zusammen. Ihr Vater kam seit Tagen nur noch für das Nötigste aus dem Schlafzimmer. Den Rest der Zeit lag er bei geschlossenen Gardinen im Dunkeln. Unter Tränen vertraute sie sich ihrer besten Freundin an und erzählte mit großem Schamgefühl, was bei ihr zu Hause los war. Dass die Mutter alles überspielte und sie sich so unsagbar allein und hilflos fühlte. Die Freundin hörte zu und riet Hannah, ihrem Vater eine Therapie zu nahezulegen und selbst über eine Therapie nachzudenken. „Ich war im ersten Moment super wütend und bereute es, ihr davon erzählt zu haben. Mit mir war doch alles okay“, erinnert sich Hannah heute. Die Freundin hatte selbst eine Therapie gemacht und wusste wie heilsam es sein kann, mit einer familienexternen Person über Gedanken und Gefühle zu sprechen.
Therapie als Lösung
Schnell war klar: Ihr Vater würde diesen Tiefpunkt nur eigenmächtig überwinden können. Hannah und ihre Mutter konnten ihn unterstützen, indem sie ihm eine Therapie empfahlen, einen Termin bei einem Therapeuten vereinbarten und Hoffnung spendeten. Trotz der Krankheit ihres Vaters hatte Hannah es verdient, glücklich zu sein. Auch wenn einer ihrer liebsten Menschen litt, würde dieser doch nie wollen, dass sie selbst ebenso unglücklich würde. Und das hat nichts mit Egoismus zu tun, sondern mit Selbstliebe. Aus diesem Grund empfahl ihre beste Freundin ihr eine Therapie. Hannah konnte so eigene Probleme aufarbeiten und ihr Leben wieder genießen.
Eine Therapie zu machen war für Hannah der richtige Schritt. Nachdem sich ihre Eltern getrennt hatten, machte auch ihr Vater endlich eine Therapie. Heute geht es ihm besser. Er nimmt Antidepressiva und hat gelernt, mit der Krankheit zu leben. Ihre Mutter hat einen neuen Partner. Allwöchentlich treffen sich die drei auf Kaffee und Kuchen, lachen, reden – sind authentischer, aber auch verletzlicher. Hannah musste schneller erwachsen werden als viele ihrer Freundinnen. „Es war schmerzhaft, aber ich bin trotzdem dankbar dafür, ohne diese Erfahrung wäre ich heute nicht die Person, die ich bin. Mir geht es gut, Papa geht es besser. Dafür bin ich sehr dankbar.“
Anhand Hannahs Erfahrungsbericht wird deutlich: Solltet ihr die Vermutung haben, eines eurer Elternteile ist depressiv, bezieht die Wesensveränderung niemals auf euch selbst und redet mit einer Bezugsperson darüber. Allein wird man nicht damit fertig. Und es ist weder stark noch ratsam, schwerwiegende Probleme jeglicher Art in sich hineinzufressen. Irgendwann kommt alles wieder hoch, wenn man es nicht aufarbeitet. Keine Familie ist perfekt. Gefühle machen uns menschlich.
Hilfe holen hat oberste Priorität!
Solltet ihr das Bedürfnis haben, euch all die „unaussprechlichen“ Gedanken von der Seele zu reden, wendet euch an einen Spezialisten – und habt keine Angst! Therapien sind individuell an Bedürfnisse anpassbar. Ob es nun eine Verhaltenstherapie ist, die sich durch aktive Übungen auf die Veränderung des momentanen Verhaltens fokussiert, oder eine Psychoanalyse, die gegenwärtige Probleme durch die Aufarbeitung der Vergangenheit bearbeitet. Bei akuten Redebedarf könnt ihr euch auch jederzeit an das Seelsorge Telefon Berlin (0800 111 0111) wenden oder einer Selbsthilfegruppe für Angehörige Depressiver beitreten. Unter www.bapk.de findet ihr aktuelle Angebote.