Meinung

Nach dem Fernunterricht bitte nicht zum Status quo zurück!

Wie wäre es, das Bildungssystem ins 21. Jahrhundert zu befördern statt zum Präsenzunterricht zuückzukehren?
Wie wäre es, das Bildungssystem ins 21. Jahrhundert zu befördern statt zum Präsenzunterricht zuückzukehren?
Nach Corona wird alles besser – so hieß es im März. Doch in der aktuellen Bildungskrise scheint das nicht zu gelten. Statt aus den Erfahrungen der drei Monate Fernunterricht zu lernen und endlich das deutsche Bildungssystem zu reformieren, wollen die meisten Bildungspolitiker nach den Sommerferien zum Status quo zurück. Dadurch verpassen wir eine historische Chance: in Deutschland endlich ein adäquates Bildungssystem zu schaffen.
Von Jannik Schilling, funky-Jugendreporter

7.30 Uhr an einem beliebigen Wochentag: Ich sitze an meinem Schreibtisch und schaue auf dem Schulserver meiner Schule nach neuen Aufgaben. Von drei Lehrern habe ich Aufgaben erhalten, bereits nach 20 Minuten habe ich sie abgearbeitet. Und das war’s dann für diesen Tag. Fernunterricht? Videokonferenzen oder Ähnliches? Fehlanzeige!

Wie es anderen Schülern mit dem Fernunterricht ergeht? Sehr unterschiedlich. Die Zeitspanne für dieselben Aufgaben reicht von wenigen Minuten bis hin zu mehreren Stunden. Für Schüler aus einkommensschwächeren Haushalten ist die Situation noch schwieriger zu bewerkstelligen, da das Geld für digitale Medien und die Nachhilfe, die die Lücken des Fernunterrichts füllen soll, fehlt. Die Divergenz in Leistung, Ausstattung und Umfang zeigt uns, dass es noch großen Nachholbedarf gibt. Doch der aktuell hoch gepriesene „Präsenzunterricht“ ist definitiv nicht die Bildung der Zukunft. Das Bildungssystem orientiert sich an einem „durchschnittlichen“ Schüler, der für die Bearbeitung einer bestimmten Aufgabe eine gewisse Zeit benötigt. Schüler, die mehr Zeit brauchen, werden im Unterricht mit ihren Problemen allein gelassen, während Schüler, die schneller lernen, sich langweilen. Beide Fälle führen zu Frustration. Wie sich das Problem lösen lässt? Durch Digitalisierung und Individualisierung!

Die COVID-19-Krise hat gezeigt: Das deutsche Bildungssystem ist nicht zukunftsfähig. Die Schulschließungen haben Eltern und Kinder vor große Probleme gestellt, die auf die Mängel des Schulsystems hindeuten. Statt jetzt eine Rückkehr zum Regelbetrieb zu fordern und dadurch die Gesundheit der Schüler und die Erfolge der Pandemiebekämpfung an sich infrage zu stellen, sollten wir das Bildungssystem lieber endlich neu denken. Denn wir können die Krise auch mit einem „Wumms“ bewältigen, indem wir das deutsche Schulsystem endlich ins 21. Jahrhundert befördern.

In Unternehmen hat die Digitalisierung bereits seit Jahrzehnten in Form von Schulungen und neuen Systemen Einzug gehalten. Doch in zahlreichen Schulen verweigern Lehrer die Digitalisierung, auch Ministerien bewilligten Digitalpakete eher zögerlich. Und das schon seit Jahrzehnten. Ob sich diese Trägheit nach COVID-19 ändern wird? Ich befürchte, leider nicht. Wir müssen die Chance, die sich uns gerade bietet, endlich nutzen, damit deutsche Schulen repräsentativ für eines der reichsten Länder der Welt sind.

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.