Interview

Opferhilfe beim Weißen Ring: „Wir unterstützen, wo wir können“

Neben seiner Arbeit als Unternehmensberater engagiert sich der 29-jährige Dominic Wemmer ehrenamtlich beim Weißen Ring.
Neben seiner Arbeit als Unternehmensberater engagiert sich der 29-jährige Dominic Wemmer ehrenamtlich beim Weißen Ring.
Jährlich werden Tausende Kinder und Jugendliche in Deutschland laut Statistik Opfer von sexuellem Missbrauch und schwerer Gewalt. Hilfe bietet die Anlaufstelle Weißer Ring. Die meist ehrenamtlichen Mitarbeiter unterstützen Menschen, die Opfer von Straftaten oder Gewalt wurden. Doch wie genau wird ihnen geholfen? Wir haben mit dem 29 Jahre alten Benedikt Wemmer gesprochen, der sich fünf bis acht Stunden pro Woche beim Weißen Ring engagiert.
Von Ema Klahn, funky-Jugendreporterin
Neben seiner Arbeit als Unternehmensberater engagiert sich der 29-jährige Dominic Wemmer ehrenamtlich beim Weißen Ring. Foto: Privat

Nach welchen Straftaten wenden sich Jugendliche am häufigsten an euch?

Das kann man nicht pauschal sagen, wir betreuen Opfer aller Straftaten. Jeder kann sich an uns wenden. Meistens suchen Menschen nach schweren Delikten Hilfe. Gerade Gewaltdelikte und Sexualdelikte betreuen wir sehr viel. Bei den Jugendlichen ist es auch relativ breit gefächert. Es gibt natürlich Fälle von Mobbing oder Cybermobbing. Teilweise auch Stalking-Fälle, aber eben auch häufig Gewalt- oder Sexualdelikte.

Ihr unterstützt auch die Eltern betroffener Kinder. Wie sieht so eine Betreuung aus?

Wir unterstützen erst mal dort, wo vielleicht eine gewisse Überforderung herrscht oder man sich nicht genau auskennt. Das kann heißen, dass wir die Eltern beim Ausfüllen von Anträgen beraten oder zu Gerichtsterminen begleiten. Wir versuchen, den Betroffenen die ganze Bürokratie abzunehmen, die in solchen Situationen nur überfordert.

Wie helft ihr Opfern von Straftaten, insbesondere Jugendlichen?

Wir schauen konkret, was die Betroffenen brauchen. Das kann mal sein, dass man sich einfach die Zeit nimmt und zuhört. Oder manchmal ist finanzielle Hilfe nötig, wenn größere materielle Schäden angerichtet wurden. Wir vermitteln unter anderem auch Rechtsanwälte oder Psychologen. Wir versuchen immer das Maximale, aber die Tat ungeschehen machen können wir natürlich auch nicht.

Für viele Opfer ist die Hemmschwelle hoch, sich Hilfe zu holen. Was kannst du ihnen empfehlen?

Dass man auch in dieser Situation die Stärke und auch den Mut aufbringt und sich Hilfe sucht. Man hat die Möglichkeit, Unterstützung und Beistand zu bekommen. Jemanden zu finden, der einem einfach zuhört, ohne Bewertung oder Verurteilung. Eine Straftat greift immer sehr stark in die Privatsphäre eines Menschen ein und dann ist es wichtig, dass man damit nicht alleine ist.

Welche Voraussetzungen braucht man, um ehrenamtlich beim Weißen Ring zu arbeiten?

Man muss volljährig sein. Vor allem kommt es aber auf eine gewisse persönliche Reife an. Wir haben häufig mit traumatisierten Menschen zu tun, da geht es auch um den Schutz der Mitarbeiter. Aber es gibt eine umfangreiche Ausbildung, die alle ehrenamtlichen Mitarbeiter durchlaufen, sodass alle mit den passenden Voraussetzungen die Chance dazu haben, effektiv zu helfen.

Wie gehst du mit den teils dramatischen Geschichten um, die dir begegnen?

Wir treffen uns monatlich mit allen Mitarbeitern. Das dient dazu, mit den erfahrenen Kollegen zu besprechen, wie man mit Fällen am besten umgeht. Gleichzeitig kann man sich absichern, ob man alles richtig gemacht hat oder was man besser machen könnte. Das hilft beim Verarbeiten, da die Erlebnisse natürlich nicht spurlos an einem vorbeigehen.

Gibt es auch manchmal schöne Momente?

Ja, absolut. Ganz häufig ist deutlich zu merken, dass man den Betroffenen in so einer absoluten Notlage helfen kann. Was für einen selbst vielleicht nur als kleine Geste wahrgenommen wird, ist für die Opfer häufig eine extreme Hilfe.

Du möchtest dich weiter informieren? Das geht hier: weisser-ring.de

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.