Interview

Gender Equality Media: „Sexismus ist Gewalt in Worten“

Der Verein Gender Equality Media möchte für die Berichterstattung über Frauen in den Medien sensibilisieren
Der Verein Gender Equality Media möchte für die Berichterstattung über Frauen in den Medien sensibilisieren.
Gender Equality Media setzt sich gegen sexistische Berichterstattungen über Gewalt an (Trans-)Frauen und Homosexuellen sowie für feministische Inhalte ein. Im Interview hat Anne Jacob über die Arbeit, Hintergründe und Ziele des Vereins gesprochen.
Von Philpp Schröder, funky-Jugendreporter

Was verkörpert der Verein Gender Equality Media? Wie seid ihr entstanden?

Der Verein existiert seit 2017 und ist aus einer Kampagne gegen das „Bild-Girl“ entstanden. Seitdem setzen wir uns gegen Sexismus und sexistische Berichterstattung in den Medien ein – auch für eine diversere Berichterstattung, die die Realität widerspiegelt. Man sieht immer nur weiße, junge, blonde Cis-Frauen (Anmerkung der Redaktion: Frauen, deren Geschlechtsidentität dem Geschlecht entspricht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde) mit idealen Körpermaßen. Wir wollen, dass die Medien unsere gesellschaftliche Realität widerspiegeln, dass auch ältere Frauen, People of Colour, behinderte Menschen und Queers einen Platz in den Medien finden.

Wer ist die Zielgruppe des Projektes?

Das sind auf der einen Seite Medienschaffende. Also Redaktionen und Verlage. Wir wollen aber auch diejenigen erreichen, die durch Zufall auf unsere Arbeit stoßen und nicht für die Verharmlosung von Gewalt an Frauen in den Medien sensibilisiert sind, aber auch offen für unsere Kritik sind und sich von unserer Arbeit überzeugen lassen.

Inwiefern hängt die mediale Berichterstattung mit den Taten zusammen?

Sexismus ist Gewalt in Worten, weil Sexismus oft damit einhergeht, das Frauen zu Lustobjekten und Gegenständen reduziert werden. Zum Beispiel als Anhängsel von Männern oder als „neue Freundin von Xy“. Oder aber den Frauen jegliche Fähigkeiten und Charaktereigenschaften abgesprochen werden. Die Verwendung von Begriffen wie „Ehedrama“ und „Sextat“ verharmlost die Gewalt gegen Frauen und normalisiert die grausamen Taten durch die Berichterstattung in den Medien.

Was erhofft ihr euch durch die Aufklärungsarbeit?

In erster Linie sollen diejenigen, die die Berichterstatungen schreiben, das Problem sehen und Verständnis dafür entwickeln. Eigene Berichterstattungen und problematische Punkte sollen hinterfragt werden, um eine nachhaltige Veränderung erreichen zu können. Deswegen will unser Verein auch junge Medienschaffende für ihre Arbeit sensibilisieren – denn dort liegt das Potenzial zur Veränderung.

Mischt ihr euch in die journalistische Berichterstattung ein?

In der Kampagne „Unfollow patriarchy“ kontaktierten wir überwiegend auf Twitter Medienschaffende, die durch unser Scannen der Berichterstattungen in der deutschen Medienlandschaft ausfindig gemacht wurden. Wir tweeten die Medienschaffenden an, weisen auf die Problematik der verwendeten Begrifflichkeiten hin und bitten um eine Anpassung. Oft klappt das ganz gut, die Medienschaffenden zeigen sich einsichtig und passen ihre Texte an. Es bestehen bereits Kontakte zu sensibilisierten Medienschaffenden, sodass unsere Arbeit auch in die Redaktionen weitergetragen wird.

Wie sieht eure Arbeit in Zukunft aus? Und Welche Erfolge habt ihr schon erzielt?

Dieses Jahr will Gender Equality Media eine neue Kampagne starten, um eine dauerhafte Veränderung der medialen Berichterstattung gegen Sexismus anzustreben. Dazu soll ein Leitfaden entwickelt werden, der gemeinsam mit Menschen mit entsprechender Expertise und Medienschaffenden konzipiert wird, um weitere Aufklärungsarbeit leisten zu können. Die meiste Arbeit läuft bei uns in den sozialen Medien, also digital ab. So haben wir zum Beispiel einen offenen Brief an die Deutsche Presse-Agentur (dpa) geschrieben, um auf die Problematik aufmerksam zu machen. Der Brief ist gut angekommen. Die dpa hat auf Twitter gepostet, wieso in Zukunft auf Begriffe wie „Sex-Gangster“ oder „Sexopfer“ in der Berichterstattung über Gewalt an Frauen verzichtet wird. Sexismus in den Medien gibt es nach wie vor, da gibt es noch ganz viel zu tun. Das größte Ziel ist, dass er sich einstellt.

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.