Wie machen die Schülerzeitungsredaktionen das?

Erik befragt Schülerzeitungsredakteure
Bei der Verleihung des 16. Berliner Schülerzeitungswettbewerbs haben wir die Blattmachenden gefragt, wie sie ihre Redaktionen organisieren.
Von Hristo Lolovski, Benjamin Schirrmacher und Antonia Eichenauer

Es fällt schwer, nicht ins Schwärmen zu geraten. Beim 16. Berliner Schülerzeitungswettbewerb wurden am 30. Januar die besten Schülerzeitungsmacherinnen und -macher der Hauptstadt ausgezeichnet. Der Wettbewerb ist eine gemeinschaftliche Veranstaltung der Jungen Presse Berlin, der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie und der Berliner Morgenpost. In fünf Kategorien wurden die besten Redaktionen ausgezeichnet. Zusätzlich gab es Sonderpreise, und die besten Newcomer des Jahres unter den Grundschulen und Gymnasien wurden geehrt.

Vielleicht werden Schülerzeitungen bald in „Schulmagazine“ umbenannt: Auf teilweise hochwertigem Papier gab es bunte, aufwendig geshootete Cover zu sehen. Schüler sind zur benachbarten Burschenschaft gegangen, um Interviews zu führen, sie haben sich mit Themen wie Vielfalt und Freiheit beschäftigt, mit Sex und Ehre. Sie haben Mut zur Meinung bewiesen, was auch das Motto des diesjährigen Wettbewerbs war, und uns gezeigt: Tot ist der Printjournalismus zumindest an der Schule noch ganz, ganz lange nicht. Aber es kommt die Frage auf: Wie machen die das?

Mut, neu zu gründen

Die Schülerzeitung „Drostworthy“ des Droste Hülshoff Gymnasiums räumte gleich doppelt ab: Sie wurde zum Newcomer des Jahres bei den Gymnasien gewählt und ihr Beitrag „Freizügigkeit: In Europa scheint die Sonne“ gewann den Sonderpreis „Europa ist hier“, den die Senatsverwaltung für Kultur und Europa vergab. Im Interview nach der Veranstaltung haben uns die Chefredakteurin Charlotte und ihr Stellvertreter Sofus erzählt, dass sie es zwar noch mitbekommen hätten, dass es mal eine Schülerzeitung an ihrer Schule gab, die Redaktion aber aus der Schule herausgewachsen sei. Vergangenes Jahr haben sie dann beschlossen, selbst eine neue Zeitung aufzuziehen, die „Drostworthy“ – ein schöner Name in Zeiten von Fake News. Wie viele andere Zeitungen auch haben sie stets ein Leitthema für die jeweilige Ausgabe. In der ersten ging es um Ruhm, in der zweiten um Freiheit und Grenzen.

Nachdem die Leute gesehen haben, was das für ein Erfolg war, kamen noch mehr dazu.

Sofus, stellvertretender Chefredakteur der Drostworthy über die Anfänge der Schülerzeitung

Und wie packt man so etwas an? Zunächst waren es nur Charlotte, Sofus und noch ein weiterer Redakteur. „Nachdem unsere erste Ausgabe rausgekommen war und die Leute gesehen haben, was das für ein Erfolg war, kamen noch mehr Leute dazu“, erzählt Sofus. Momentan sind sie sieben Leute, die als festes Team an der Zeitung arbeiten. Dazu kommen „freie“ Schüler, die je nach Thema Beiträge beisteuern – ganz wie bei den großen Zeitungen. Für die Zukunft planen sie, die Gewinne aus der Zeitung, also das, was nach Abzug der Druckkosten übrig bleibt, für Workshops auszugeben, um sich und die „Drostworthy“ voranzubringen.

Mut, Themen zu setzen

Richtig mutig war „Das Vincent“, die Zeitung der Vincent-van-Gogh-Oberschule. Das Leitthema, mit dem sie gewonnen haben: Sex. Die Redaktion ist zehn Personen stark. Gemeinsam überlegen sie, was bei ihnen an der Schule „losgeht“, erzählt Marian. Das Brainstorming läuft – ganz schultypisch – mithilfe der Tafel. Dann wird abgestimmt. Marian macht es vor allem deswegen Spaß, bei der Schülerzeitung aktiv zu sein, weil er dort Dinge erfahren könne, bevor sie andere erfahren.

Für Schüler kostet „Das Vincent“ 50 Cent, für Lehrer zwei Euro. Das, was von den Einnahmen übrig bleibt, ist für die Schülerzeitung. „Wenn wir mal länger bleiben und etwas zu essen holen, zum Beispiel“, erklärt Marian den Verwendungszweck der Gewinne.

Nun wollen wir natürlich wissen, was der Gedanke hinter dem provokanten Cover war: Sex sells oder tiefere Aufklärung? „Wir wollten, dass die Leute offener darüber reden“, erklärt Marian das Ziel der Ausgabe. „Und das haben wir auch erreicht damit.“ Tatsächlich war danach Sex das Gesprächsthema Nummer eins auf dem Schulhof und die Leute seien jetzt ein Stück weit offener. Die Ausgabe, die sich am besten verkauft hat, war aber die zum Thema Ehre.

Das Ergebnis in den Händen zu halten, ist das Schönste.

Melanie Wegwerth, Betreuerin der Schülerzeitung an der Vincent-van-Gogh-Oberschule

Betreut wird die Redaktion unter anderem von Melanie Wegwerth, die Deutsch-Lehrerin an der Oberschule ist. Deutsch als Fach zu haben, sei aber nicht verpflichtend, um eine Schülerzeitung zu begleiten. Da es eine zusätzliche Aufgabe sei, müsse man einfach Freude daran haben. „Das Ergebnis in den Händen zu halten, ist das Schönste“, sagt die junge Lehrerin und strahlt. Ihre zweite Motivation: So säßen die Schüler nach der Schule nicht nur am PC oder vor dem Fernseher. Wir haben nicht nachgefragt, wie die Redakteure ihre Artikel schreiben.

Etwas anders läuft es an der Käthe-Kruse-Grundschule, deren „Schulecho“ leider leer ausging. Julia Müller ist ausschließlich für die Schulzeitung zuständig. Dort betreut sie Schüler zwischen der 4. und 6. Klasse. Sie hat die Probleme angesprochen, die sich bei der Produktion einer Zeitung ergeben: An ihrer Schule gibt es nur Word auf den Rechnern. Das Layout macht die engagierte Dame dann zu Hause.

Alle Gewinner könnt ihr auf jup.berlin nachlesen.

Titelbild: Moderator Erik im Gespräch mit den Redakteuren des „Moron“, der Zeitung der Carl-von-Ossietzky-Gymnasium (c) Reto Klar / Berliner Morgenpost

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.