Interview

Jung und engagiert: „Es war für mich Zauberwerk“

Samu Gabor lehnt auf seiner Filmkamera
Er ist 16 Jahre alt und begeisterter Filmemacher. Mit der Reihe „After The Boat“ wagt sich Samu Gabor an ein neues Genre heran: Dokumentarfilme.
Von Julia Sauer

Samu Gabor macht seit sieben Jahren Filme. Dabei sind drei große Projekte, zwei Kurzfilme und ungefähr fünfzehn kleine Projekte entstanden. Klingt so, als wäre er ein über 30-Jähriger. Weit gefehlt! Samu ist gerade mal 16 Jahre alt. Im Oktober ist die erste Episode seiner neuester Filmreihe „After the Boat“ erschienen. Sie ist bei YouTube zu sehen. Die weiteren drei Episoden der Reihe erscheinen im November, Dezember und Januar.

„After the Boat – Episode 1“ porträtiert eine syrische Frau, die Anfang 2016 mit ihrem schottischen Mann nach Deutschland gekommen ist. Wie seid ihr auf sie gekommen?

Wir haben viele Organisationen, die mit Migrantinnen zu tun haben, angeschrieben. Eines dieser Zentren hat geantwortet und wir durften unser Projekt präsentieren. Die Migrantinnen dort waren sehr offen und wir haben schließlich die Kontaktdaten von zehn Leuten erhalten. Diana Atwani hat sofort begeistert geantwortet, dass sie gerne dabei wäre und die Idee sehr cool fände. Das alleine war ein dreimonatiger Prozess.

Warum hast du das Thema „Integration von Flüchtlingen“ gewählt?

Ich spreche mit meinen Eltern und in der Schule oft über Migration und habe auch einen Freund, der aus Syrien kommt. Mir ist aufgefallen, dass es in den Gesprächen, aber auch in anderen Dokumentarfilmen nur darum geht, wie sie nach Berlin kamen. Nur sehr selten wird darüber berichtet, was genau sie jetzt in Berlin machen, also wie sie wohnen, wie sie sich integrieren, wie sie ihren Alltag gestalten. Und ich bin selbst mit meiner Familie vor zwei Jahren aus Ungarn nach Berlin emigriert.

Man weiß einfach nicht, was genau die Interviewpartnerin sagen wird.

Samu Gabor hat bisher nur mit festem Drehbuch gedreht.

Was war die größte Herausforderung?

„After the Boat“ ist mein erster Dokumentarfilm. Eigentlich bin ich gewohnt, ein festes Drehbuch zu haben. Das ist natürlich bei einem porträtierenden Dokumentarfilm anders, weil man einfach nicht weiß, was genau die Interviewpartnerin sagen wird. Der Dreh weicht dann immer von dem ab, was man sich vorher gedacht hat. Genau das ist die größte Schwierigkeit: mit unvorhergesehenen Dingen beim Dreh umzugehen und natürlich aus dem vielen Material die besten Teile auszuwählen.

Was hat am meisten Spaß gemacht?

Die Arbeit vor dem eigentlichen Dreh! Man berät in der Gruppe, sammelt Ideen, arbeitet zusammen. Der Dreh selbst ist etwas hektisch.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Zu so einem Film gehört ganz schön viel dazu: Drehbuch, Ton, Musik, Schnitt, Redaktion und schließlich Pressearbeit. Wer hat dir dabei geholfen?

Viele, viele Leute haben mir geholfen, zum Beispiel der Editor, ein Produzent und ein Kameramann. Dieser Film sollte aus einer jungen Perspektive gemacht werden, deswegen sind alle Teammitglieder zwischen 14 und 17 Jahre alt. Ich bin quasi ein Oldie.

Woher kommt deine Faszination für Filme?

Als ich acht Jahre alt war, hat mein älterer Bruder für die Schule Filme geschnitten. Das sah für mich wie Zauberwerk aus. Natürlich wollte ich das auch lernen und habe angefangen, Kurse zu besuchen. Was lustig ist: Heute macht er gar nichts mehr mit Filmen, sondern arbeitet in einem Café. Dafür habe ich mit Filmen zu tun.

Hausaufgaben müssen natürlich trotzdem gemacht werden. Ich glaube aber nicht, dass meine Schulnoten unter dem Filmemachen leiden.

Samu Gabor, 16 Jahre und Filmemacher

Wie managst du das Filmemachen neben der Schule?

Das ist echt schwer. Ich bin jetzt in der zehnten Klasse und habe sehr viel zu tun. Schule steht für uns immer an erster Stelle, da das wichtig für das ganze Leben ist. Manchmal dauert es ein ganzes Jahr, einen Film zu machen. Wenn man das aber wirklich möchte und an der Sache dranbleibt, dann kann man das auch schaffen! Aber Hausaufgaben müssen natürlich trotzdem gemacht werden.

Leiden deine Schulnoten nicht darunter?

Ich glaube nicht beziehungsweise hoffe nicht … (lacht)

Schon neue Ideen für kommende Filmprojekte?

Klar, immer! Wenn ich einen Film mache, denke ich schon an zukünftige Filme. Postproduktion mag ich nicht so gerne, weil das Endprodukt eben doch nicht 100-prozentig dem entspricht, was man im Kopf hatte. Das muss trotzdem gemacht werden, aber ich denke dabei schon gerne an neue Projekte.

Wie kommst du auf die Ideen für Filme?

Ich habe immer ein Büchlein dabei, in das ich reinschreibe, wenn ich eine Idee habe. Es ist sehr leicht für mich, auf eine Idee zu kommen. Wenn ein Film fertig ist, dann schaue ich in mein Ideenbuch und mache den nächsten Film.

So leicht ist das also. Wie viele Ideen stehen da so drin?

Gerade stehen über 50 Ideen in meinem Buch. Pro Tag kommen etwa zwei bis drei neue dazu.

Foto: GSTFilmstudio

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.