Interview

Jungunternehmer Amir Gdamsi: „Die Schule sehe ich als Ausgleich, wo ich auch mal nichts machen kann“

Amir Gdamsi_Jungunternehmer
Von 7 Uhr bis 15 Uhr ist Amir in der Schule. Danach arbeitet er im Büro bis spätabends.
Anastasia Barner, funky-Jugendreporterin

Gibt man bei Google „Jüngster Gründer Deutschlands“ ein, dann sticht einem sofort der Name Amir Gdamsi ins Auge. Der inzwischen 16-Jährige dominiert die ganze erste Ergebnisseite. Der Grund: Mit gerade einmal 15 Jahren gründete er die AGM Marketingagentur, die sich auf Social-Media-Werbung für kleinere Betriebe spezialisiert hat. Mit dieser Idee macht Amir inzwischen monatlich einen fünfstelligen Umsatz. Im Interview erzählt der Dortmunder, wie er den Spagat zwischen seinem Vollzeitjob als Jungunternehmer und der Schule schafft.

Wie steht es bei dir gerade um das Thema Schule?
Ich bin noch in der 11. Klasse. In 14 Monaten mache ich mein Abitur.

Du bist bereits erfolgreich. Ist ein Studium für dich überhaupt noch interessant? 
Stand jetzt ist: Ich möchte noch studieren. Ich hatte da an einen berufsbegleitenden Bachelor im International Management gedacht, einfach um diesen Titel zu bekommen und im Studium Kontakte knüpfen zu können. Ich finde Deutschland ist ein Land, in dem Abschlüsse sehr viel Gewicht haben, deshalb sollte das Studium nicht in Vergessenheit geraten. Aber ich werde meine Selbstständigkeit dafür nicht in den Hintergrund stellen. 

Du hast neben der Schule gegründet. Viele können sich das finanziell gar nicht leisten oder haben keine Zeit dafür. Was würdest du jemanden raten, der ebenfalls in so jungen Jahren gründen möchte?
Einfach der eigenen Motivation folgen, die eigene Leidenschaft entdecken und sich so viel Wissen wie möglich aneignen. Es ist nichts schlimmer, als zu gründen, ohne zu wissen, was man machen möchte. Vor dem Gründungsschritt sollte man die Fähigkeiten in Verkauf und Rhetorik aufbauen, um souverän auftreten zu können. Gerade wenn man jung gründet hat man mit vielen Vorurteilen und Hürden zu kämpfen. Erst im Anschluss daran kann man dann geschäftlich aktiv zu werden. 

Und was konkret würdest Du jungen Gründern mitgeben?
Für alle Gründerinnen und Gründer unter 18 ist es wichtig, zu bedenken: Ihr habt es nicht nötig, Geld zu verdienen. Ihr wohnt in der Regel bei euren Eltern. Ihr geht noch zur Schule, deswegen sollte man die die Zeit eher dafür nutzen, an sich selbst zu arbeiten, als die Welt mit „Dollaraugen“ zu sehen. 

Ich mache fünfstellige Umsätze im Monat. Also so zwischen 10.000 und 20.000 Euro.

Amir Gdamsi

Wie verdienst du Geld?
Ich verdiene durch Agenturdienstleistungen Geld. Ich habe eine Makleragentur für digitale Kommunikation. Damit verdiene ich monatlich Geld, aber das ist nicht meine Motivation. Ich will mein Netzwerk ausbauen und Erfahrungen sammeln. Das was ich jetzt mache ist für mich eher eine Art Lernprozess für die Zukunft. Sollte ich in den nächsten fünf Jahren scheitern – was nicht der Fall sein wird –, dann habe ich mehr gelernt, als ein 20-Jähriger, der gerade erst anfängt. Diese Erfahrungen sind einfach Gold wert.

Sind 20-Jährige für Dich alt?
Auf keinen Fall. Das ist auch noch ziemlich jung, aber im Vergleich zu mir natürlich älter.

Wie profitabel ist Dein Unternehmen wirklich?
Ich mache fünfstellige Umsätze im Monat. Also so zwischen 10.000 und 20.000 Euro. Aber ich zahle mir kaum etwas aus. Ich bin nicht derjenige, der eine fette Uhr oder ein neues Handy braucht. 

Was hast Du Dir von deinem ersten eigenen Geld gekauft?
Ein Mac Book Air.

Was sind Vorurteile, mit denen Du zu kämpfen hast?
Aufgrund des jungen Alters natürlich die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Eine gewisse Skepsis ist auf jeden Fall da. Dieser kann ich nur mit Fachwissen entgegentreten.

Vom Look her erinnerst Du stark an Steve Jobs. Ist er Dein Vorbild?
Der schwarze Rollkragenpullover ist ein Markenzeichen von mir. In allen Interviews trage ich diesen Look. Steve Jobs ist eine sehr inspirierende Persönlichkeit, aber ich suche mir keine Vorbilder in diesem großen Stil, sondern suche mir lieber kleinere deutsche Unternehmerinnen und Unternehmer, von denen ich direkt lernen kann. Ich lese keine Biografien von Elon Musk, ich treffe mich lieber mit den Geschäftsführern der Deutschen Bahn oder Ströer und rede mit denen. Ich bin nicht mehr im operativen Geschäft tätig, sondern gehe hinaus und knüpfe Kontakte. 

Wer sind Eure Kunden?
Das ist durchwachsen. Viele unserer Kunden sind im steuerlichen und rechtlichen Bereich. Das hat sich einfach so ergeben. Mit unserem Hauptprodukt geht es auch in Richtung Handwerk, aber wir haben keine großen Konzernkunden.

Wie sieht so ein normaler Tag in deinem Leben aus? 
Ich gehe ja noch zur Schule, daher hocke ich von 7 Uhr bis 15 Uhr im Unterricht und fühle mich da ziemlich eingesperrt. Ab 15.30 Uhr fahre ich dann ins Büro und bin bis spät abends in Meetings. Und dann schlafe ich so sechs bis sieben Stunden. 

Was beschäftigt dich sonst noch?
Eine Antwort, die vermutlich viele gerne hören würden, wäre wohl Mädchen. Aber das stimmt nicht. Ich habe keine Freundin und gehe nicht auf Partys. Mein Beruf ist meine Leidenschaft.

Viele Freundschaften enden beim Geld, diese Erfahrung musste ich auch machen. 

Amir Gdamsi

Glaubst du, dir wird irgendwann etwas fehlen?
Ich weiß es nicht, da ich die andere Seite nicht kenne. Ich war auf ein, zwei Partys, aber sie waren nicht das, was mir Spaß macht. Aber ich finde es absolut okay, wenn andere das gerne machen. Jeder sollte genau das tun, was ihm oder ihr am meisten Spaß macht. 

Hast Du Mobbingerfahrungen gemacht?
Als es bei mir so richtig losging, gab es eine Hate-Welle von Gleichaltrigen. Kaum einer hat an mich geglaubt und gesagt: Ja, mach mal. Ich wurde ausgeschlossen und habe keine Anerkennung bekommen, bis ich damit dann erfolgreich wurde. Dann hat sich das Blatt gewendet. 

Verstehst Du Dich gut mit Gleichaltrigen?
Ich bin eher mit Personen über 20 unterwegs. Also mit Studentinnen und Studenten oder Start-up-Leuten. Ich versuche die zwei Welten, also Schule und Geschäft, zu trennen. Viele Freundschaften enden beim Geld, diese Erfahrung musste ich auch machen. 

Ziehst Du Dein Abitur durch?
In der Schule mache ich gar nichts. Ich gehe dahin und mache mündlich so gut mit, damit ich da eine Eins oder Zwei bekomme. In den Klausuren bin ich viel schlechter. Die Schule sehe ich als Ausgleich, wo ich auch mal nichts machen kann. 

Wie müsste sich das Schulsystem ändern, damit du gerne hingehst?
Die Themen müssten sich ändern. Wenn man einen Fisch danach beurteilt, wie er klettern kann, wird das auch nichts bringen. Die Schule sollte Themen wie Stressbewältigung, Wirtschaft und Organisation lehren. Man lernt aber eher, was Nathan der Weise vor Tausend Jahren gemacht hat.

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Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.