Meinung

Darum ist die Abschaffung von §219a ein wichtiges Signal

Junge Frau hält Schild "My Body, my rules"
Vor allem unter jungen Menschen muss mehr Aufklärungsarbeit zu Abtreibungen geleistet werden. Die Abschaffung des Paragrafen 219a ist ein erster Schritt dahin.
Hannah de Buhr, funky-Jugendreporterin

Nachdem Frauenrechtler*innen jahrelang dafür gekämpft hatten, ist es nun endlich so weit: Die Ampelkoalition will den umstrittenen Abtreibungsparagrafen 219a streichen. Dieser verhinderte bislang, dass Ärztinnen und Ärzte für einen sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruch werben oder Informationen zu dem Thema bereitstellen durften. Nun sollen Frauen also bald besser über die rechtliche Lage, verschiedene Methoden und Nebenwirkungen von Abtreibungen aufgeklärt werden.

Lange war die Abtreibung in Deutschland ein Tabuthema. Auch heute noch sprechen nur sehr wenige Frauen offen über Schwangerschaftsabbrüche. In der Öffentlichkeit sind Stimmen von Betroffenen meist nur am Rande zu hören, mitunter wird das Thema sogar in der eigenen Familie totgeschwiegen. Junge Menschen erhalten so gut wie keine Informationen zu dem Thema, es sei denn, sie stürzen sich in die Internetrecherche – die wiederum die Gefahr unseriöser Quellen mit sich bringt. Dabei ist eine Abtreibung ein emotional extrem einschneidender Prozess. Viele junge Frauen fühlen sich alleingelassen, wenn sie diese schwerwiegende Entscheidung treffen. Dass ihnen jahrelang systematisch der Zugang zu wichtigen Informationen verwehrt wurde, die ihnen dabei helfen könnten, sich für oder gegen einen Abbruch der Schwangerschaft zu entscheiden, ist hochproblematisch.

Die Abschaffung des Paragrafen 219a ist daher nur konsequent. Durch sie erlangen Frauen nun endlich die dringend notwendige Unterstützung. Außerdem gelangt das Thema so auf die öffentliche Agenda und die Enttabuisierung des Schwangerschaftsabbruchs wird zumindest angestoßen.

Anders als viele Abtreibungsgegner*innen es darstellen, wird damit auch keine „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche gemacht. Als „Werbung“ gelten nämlich schon ausführliche Informationen über die unterschiedlichen Methoden des Schwangerschaftsabbruchs sowie die damit verbundenen Risiken. Und keinesfalls wird mit dem Thema nun leichtsinniger umgegangen: Bevor eine Frau abtreiben darf, muss sie nach wie vor Beratungsgespräche durchlaufen. Diese sind eine Bedingung für eine Abtreibung. Diese sind seit Beginn der Pandemie online und telefonisch möglich und sollen es in Zukunft nun auch weiterhin sein. Vorher schrieb Paragraf 219a vor, dass die Gespräche in einer Beratungsstelle vor Ort stattzufinden haben. Genau das stellte sich jedoch als problematisch dar, da viele Frauen sich nicht trauten, persönlich eine der Beratungsstellen aufzusuchen. Mit dem Online-Angebot wird nun eine wesentliche Hürde überwunden. Abtreibungen sollen zukünftig übrigens auch Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung werden.

Die Abschaffung des Paragrafen 219a war lange überfällig und bitter nötig, damit Frauen sich die Unterstützung holen, die sie brauchen. Sie ist schlicht und einfach Teil einer vollständigen Gesundheitsversorgung. Jedoch ist das immer noch nicht genug. Es müsste deutlich mehr Aufklärungsarbeit zum Thema geleistet werden – vor allem unter jungen Menschen. Neben einer gründlichen Aufklärung über Verhütungsmethoden sollte es ebenfalls Teil der schulischen Bildung sein, Informationen zum Schwangerschaftsabbruch, den möglichen Methoden und Risiken vermittelt zu bekommen. Nicht zuletzt muss endgültig mit dem Tabu um das Thema gebrochen werden – schließlich ist es anmaßend in die Selbstbestimmtheit einer Person einzugreifen. Das versteht auch die SPD, die das „Selbstbestimmungsrecht von Frauen“ laut Koalitionsvertrag in Zukunft stärken möchte.

funky-instagram-banner

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.