Zoom-Meeting statt Campus-Feeling

Goethe Universität Frankfurt Campus
Was bedeutet es für die Erstsemester, Universität und Kommilitonen nur virtuell kennenzulernen? Ein Bericht über Chancen und Herausforderungen.
Felix Fromm, funky-Jugendreporter

Endlich raus aus der Schule und rein in die Freiheit: Die Studienzeit wird in Filmen und Büchern oft als beste Phase des Lebens beschrieben – als ein Mix aus wilden Partys, voll besetzten Hörsälen und der einen oder anderen romantischen Begegnung. Nicht jedoch in Zeiten einer globalen Pandemie. Beispielsweise für die neuen Studenten, die ab diesem Semester Politikwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt studieren, sieht der Uni-Kosmos anders aus. Statt Campusführung, Kneipentour und Eröffnungsfeier stehen Zoom-Meetings und ein digitales Pub-Quiz auf dem Programm. Wie reizvoll ist der Start ins digitale Semester? Wie erleben die Erstis ihre virtuellen Tage an der Uni? Daumen hoch oder runter, Like oder Dislike? Darüber habe ich mit vier Studenten gesprochen, die ich in ihren ersten Tagen an der Uni begleiten durfte.

Online-Angebote als Chance wahrnehmen

„Für mich fühlt es sich nicht falsch an, alles digital zu machen“, sagt Lena Stephan. Die 19-Jährige kommt aus Erfurt und ist vorerst nicht nach Frankfurt gezogen, da nicht nur die Orientierungstage, sondern auch alle Lehrveranstaltungen digital abgehalten werden. Ihr gefällt es, im Rahmen dieser Zoom-Meetings in kleineren Gruppen zusammenzukommen mit „Leuten, mit denen man sich in einer typischen Gruppenbildung vielleicht nicht unbedingt unterhalten würde“. Auch Anselm Göhring ist überrascht, wie glatt bisher alles gelaufen ist. Dem 17-Jährigen gefällt es, dass die Universität ihr Online-Angebot erweitert hat. Er könne sich in den digitalen Veranstaltungen besser konzentrieren, weil er alleine in seinem Zimmer nicht abgelenkt wird.

Melda Gündem findet in der neuen  Situation vor allem den Faktor Zeit wichtig. So bestehe ein Vorteil der digitalen Angebote für sie darin, zeitlich flexibler zu sein und ihr Studium besser mit dem Nebenjob in Einklang zu bringen. Auch dass sie sich den Weg zum Campus sparen kann, findet sie nicht wirklich schlimm. „Ich habe morgens mehr Zeit, wenn ich mich nur zu Hause ins Meeting einloggen und nicht noch zur Uni fahren muss. Das ist bequemer so und in Zeiten von Corona auch absolut richtig.“

Digitale Semester? Ja, aber bitte nicht für immer

Luca Groß arbeitet ebenfalls nebenher und findet es daher ganz hilfreich, dass er sich die digitalen Angebote zum Studienstart anschauen kann, wann er möchte. Der 20-Jährige ist in Berndroth, seiner Heimat in Rheinland-Pfalz, geblieben, auch wenn er eigentlich hätte ausziehen wollen. Doch das ergab für ihn nur wenig Sinn: „Hier daheim habe ich ja noch meine ganzen Freunde um mich herum. In einer neuen Stadt könnte ich momentan nur schwer neue Leute kennenlernen.“ Für ihn hat sich der Semesterstart über Wochen gefühlt „eingeschlichen“, ebenso wie für Lena Stephan: „Mir fehlt der Schnitt, der Neuanfang.“ Sie empfindet das Angebot der digitalen Erstiwoche nicht wie einen Start in einen neuen Lebensabschnitt. „Man sitzt zu Hause vor seinem Computer und hat immer noch denselben Tagesablauf und dieselben Wände um sich herum. Der offizielle Start in einer neuen Stadt, neue Leute kennenzulernen, das fehlt mir.“

Die Zeit zu Hause kann sich psychisch bemerkbar machen

Anders ergeht es Anselm Göhring. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass sich der Studienstart so langsam einschleicht, weil ich vor einer Woche von Hamburg nach Frankfurt gezogen bin.“ Er mache sich keine Sorgen, neue Leute zu treffen, sondern versucht, digital Kontakte zu knüpfen. Aber auch er wäre gerne mehr am Campus, würde gerne viel mehr das Unileben erkunden. „Die ganze Zeit zu Hause zu hocken, das schlägt auch auf die Psyche.“

Dem stimmt Melda Gündem zu. Ihr fehle der direkte Kontakt zu anderen Kommilitonen, mit ihnen gemeinsam in einem Seminar, beim Mittagessen oder in der Bibliothek zu sitzen und sich zu unterhalten. „Erst dann merkt man doch, dass das Studium wirklich angefangen hat.“ So sieht sie momentan keinen großen Unterschied zum vergangenen Schuljahr, dessen letzte Hälfte für sie ebenfalls nur digital und von zu Hause aus stattgefunden hatte.

Und alternativ erst im nächsten Jahr mit dem Studium zu beginnen? Das sei für die beiden Jungs keine Option gewesen, sie wollten direkt an die Uni. Bei Lena und Melda sieht es anders aus: Sie hatten eigentlich vorgehabt, ins Ausland zu gehen, doch sie mussten ihre Pläne coronabedingt ändern. So möchten sie die „klassische“ Reihenfolge umdrehen: erst studieren und danach (hoffentlich) ins Ausland weiterziehen.

Für ihr Studium wünschen sich alle trotz der positiven Resonanz auf die ersten digitalen Angebote an der Uni vor allem eins: dass das digitale Semester nicht zum Regelfall werden wird.

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.