Interview

Inselbloggerin Hanna Eschenhagen: „Es ist wichtig, sein eigenes Ding zu machen“

Hanna Eschenhagen ist Inselbloggerin auf Norderney. Im Interview spricht sie darüber, wie es dazu gekommen ist, was ihr am Inselleben besonders gefällt und worauf es beim Bloggen ankommt.

Zwölf Monate Blogger sein auf Norderney, einer ostfriesischen Insel in der Nordsee, und dafür auch noch bezahlt werden? Klingt für Leute, die mal etwas ganz anderes machen wollen und denen bloggen und schreiben Spaß macht, eigentlich perfekt.

Hanna Eschenhagen hat diesen Traumjob, der einmal jährlich an eine*n neue*n Bewerber*in vergeben wird, im letzten Jahr ergattert und lebt nun schon seit über 11 Monaten auf der Insel. Während der Corona-Pandemie hat sie eine ganz besondere Seite von Norderney kennengelernt. Wir haben sie in ihren letzten Wochen auf der Insel zu einem Interview getroffen, wo sie von ihren Aktivitäten und Zukunftsvisionen berichtet sowie davon, wie so ein Blogger-Leben wirklich ist.

Hanna, wie kam es dazu, dass du dich als Inselbloggerin beworben hast?
Hauptsächlich haben mich meine Freunde darauf aufmerksam gemacht. Sie haben von dem Bewerbungsverfahren mitbekommen und dachten sofort, der einjährige Job wäre perfekt für mich. Was mich angeht, klang das Ganze dann auch ziemlich verlockend. Ich hatte Ausland, ich hatte Großstadt und jetzt Norderney.

Deine Zeit hier endet bald – welche drei Dinge wirst du am meisten vermissen?
Vor allem die kurzen Wege auf der Insel. Jeder von meinen Freunden wohnt maximal fünf Minuten entfernt – das ist super. An meinem Job als Inselbloggerin werde ich aber auch vermissen, dass ich hier unglaublich viel Zeit habe, zum Beispiel um Dinge auszuprobieren oder mit meinem Hund spazieren zu gehen. Und das dritte, was ich vermissen werde, ist ohne Frage der Strand und das Meer.

Auf Norderney ist die Gerüchteküche ziemlich groß, jeder weiß etwas von jedem.

Bloggerin Hanna über die Nachteile des Insellebens.

Und welche drei Dinge nicht?
Ganz klar die Gerüchteküche. Die ist hier auf Norderney ziemlich groß, jeder weiß etwas von jedem. Dann noch die kurzen Öffnungszeiten. Ich freue mich einfach darauf, dass ich um elf Uhr abends noch sagen kann „ich gehe jetzt einkaufen“. Und auch ein richtiges Gehalt habe ich vermisst. Hier kriege ich 450 Euro und die Wohnung gestellt, aber wenn ich meine gesamten Ausgaben hochrechne, war es schon ein Minusjahr. Nicht erfahrungsmäßig, aber finanziell.

Wenn du jetzt noch eine einzige Sache auf der Insel machen könntest, was wäre es?
Auf jeden Fall möchte ich das Meeresleuchten noch einmal miterleben, eine Art Glitzern auf dem Meer. Bisher habe ich es nur leicht gesehen, doch in den letzten Tagen soll es wohl intensiver gewesen sein. Meistens entdeckt man es nach einem starken Wetterumschwung und dann muss es auch wirklich stockdunkel sein. Ansonsten kann ich aber sagen, dass ich ziemlich viele Dinge gemacht habe, die ich mir vorgenommen hatte.

Zum Beispiel? Wenn du einen Moment nochmal erleben könntest, welcher wäre es?
Das Beste, was ich erlebt habe war, als ich mir meinen Hund Peppa gekauft habe. Ich war total unvorbereitet, hatte weder etwas geplant noch eingekauft und anfangs war ich echt skeptisch, ob wir uns wirklich so gut verstehen würden. Doch als ich sie endlich kennenlernte, war es wie Liebe auf den ersten Blick und sie war, oder ist immer noch, total unkompliziert. Sie an meiner Seite zu haben schätze ich sehr und mit einem Hund die Insel zu erkunden, macht sowieso viel mehr Spaß.

In der Coronazeit haben viele Insulaner Norderney noch einmal besonders schätzen gelernt.

Den besonderen Umständen der Pandemie auf Norderney konnte Hanna auch etwas Positives abgewinnen.

Und wie sieht es mit deinen Freunden auf der Insel aus? Wohnen die hier fest oder auch nur auf begrenzte Zeit?
Ganz unterschiedlich. Eine vermietet auf der Insel Ferienwohnungen, wohnt hier also das ganze Jahr über. Eine andere arbeitet als Kellnerin und ist nur über eine Saison hier, wie viele es machen. Da merkt man dann auch an den Einheimischen, dass die sich bei Freundschaften auf begrenzte Zeit eher etwas zurücknehmen, was meiner Meinung nach aber auch verständlich ist.

Du hast Norderney in der besonderen Corona-Situation erlebt. Wie war das für dich?
Auf jeden Fall erfahrungsreich. Die Insel war zu Beginn sowieso noch ruhiger wegen des Winters, doch als zu Ostern nicht wie gewohnt die Leute die Insel belebten, war es schon etwas ungewöhnlich. In einer gewissen Weise war es aber auch schön. In dieser Zeit waren nur die Insulaner zu sehen – dann wusste ich auch endlich, wer hier fest wohnt oder nur jedes Wochenende kommt – und ich denke jeder von ihnen hat Norderney noch einmal besonders schätzen gelernt.

Könntest du dir vorstellen für immer hier zu leben?
Für immer eher nicht. Ich kann mir vorstellen, dass man hier schnell hängenbleibt, einfach weil es so gemütlich ist. Doch im Bezug auf meine beruflichen Perspektiven, zieht es mich dann doch eher aufs Festland. Sonst hätte ich bestimmt nochmal ein Jahr drangehängt.

Man sollte sich für nichts schämen und unbedingt neue Sachen ausprobieren.

Als Inselblogger*in darf man nicht schüchtern sein, findet Hanna.

Welchem Rat würdest du denen geben, die auch Inselblogger/in werden möchten ?
Wichtig ist es, sein eigenes Ding zu machen und das zu tun, worauf man selbst Bock hat. Man sollte sich für nichts schämen und unbedingt neue Sachen ausprobieren, was man vorher vielleicht eher nicht getan hätte. Dazu ist es auch ganz wichtig, dass man sich Kontakte sucht und aufbaut, denn es gibt hier mehr Personen als man denkt, die Ideen und Angebote für dich haben. Deswegen einfach die Zeit genießen, nicht zu viel nebenbei noch arbeiten und vor allem deine Freiheit, dein eigenes Ding machen zu können, ausnutzen!

Und wie sieht jetzt dein Plan für die Zukunft aus? Möchtest du weiter einen Blog schreiben?
Einen Blog zu führen war für ein Jahr schön, aber weiterführen möchte ich das nicht. Zum Bloggen gehört ja immer dieses „In-der-Öffentlichkeit-Stehen“ und auch gerade hier auf Norderney bekomme ich von Touristen Unmengen von Anfragen, ob man sich nicht mal treffen könnte. Auf Dauer wird mir das zu viel. Genauso wenn Leute denken, ich hätte nichts anderes zu tun als mit ihnen durchgehend Small Talk über Social Media zu führen. Am Anfang ist es ja nett, doch man kann es auch übertreiben.

Und bezüglich meines Zukunftsplans: ich weiß auf jeden Fall, dass ich in der Medienbranche bleiben möchte und habe mich auch bereits bei verschiedenen Fernseh-Produktionsfirmen für Redaktionsjobs beworben. Von trashig bis anständig sind alle Formate dabei. Mal sehen, was für Rückmeldungen kommen und wohin es mich treibt.