Meinung

Warum Altersdiskriminierung ein Zeichen von Schwäche ist

Ylva geht der Altersdiskriminierung von Jugendlichen nach. Was sie dabei feststellt: Wer zu solchen Mitteln greift, dem gehen die Argumente aus!

Ylva Immelmann, funky-Jugendreporterin

Vor einigen Wochen führte ich eine angeregte Diskussion mit einer Person Mitte fünfzig. Dann aber beendete mein Gegenüber die Auseinandersetzung abrupt mit dem Satz: „Du bist sowieso erst siebzehn. Als Minderjährige kann man so etwas noch gar nicht beurteilen.“ Zack, und schon hatte ich keine Lust mehr zu diskutieren.

Ob es nun Sätze sind wie: „Diese Aussage steht deinem Alter gar nicht zu“, Begründungen wie: „Weil wir nun mal deine Eltern sind“ oder auch: „Ich bin eben der Lehrer und ihr seid nur die Schüler“ – das Alter ist für ältere Personen im Zweifelsfall oft das Totschlagargument. Vermutlich kennt jeder diese Situation. Dabei verhält es sich mit Altersdiskriminierung wie mit jeder anderen Diskriminierung auch: Sie baut auf Voreingenommenheit und Vorurteilen auf und ergibt also keinen Sinn. Jemanden aufgrund eines Faktors schon von vornherein zu beurteilen, der gar nichts mit dem eigentlichen Gesprächsthema zu tun hat, nimmt ausnahmslos jeder Debatte die sachliche Grundlage. So hören Kinder bei Nachfragen häufig: „Weil ich das sage“. Dabei handelt es sich um einen sogenanntes Autoritätsargument, also die Begründung einer Aussage durch die Autorität der Person, die es vorbringt. Im Umkehrschluss heißt das für das Kind, dass es nicht nachfragen oder diskutieren darf, weil es eben ein Kind ist. Das wirkt extrem verunsichernd – bei Jugendlichen hat Altersdiskriminierung übrigens die gleichen Effekte.

Obwohl es manchmal logisch erscheinen mag, dass eine Person mit weniger Lebenserfahrung auch weniger weiß – ob sie recht hat oder nicht, wird dadurch nicht entschieden. Denn die Richtigkeit des aufgestellten Satzes und das Alter der Person, die ihn vorbrachte, stehen in keinerlei Verhältnis zueinander. Das Alter des Debattierenden definiert nicht die Gültigkeit seiner Aussage.

Oftmals ist einfach das Bedürfnis, recht zu haben, der Grund für Altersdiskriminierung. Arthur Schopenhauer nannte dieses Bedürfnis die natürliche Eitelkeit des Menschen: Wir wollen lieber mit einer falschen Annahme eine Diskussion gewinnen, als unseren Fehler einzusehen und die Diskussion zu verlieren. Die Reduzierung des jüngeren, angeblich weniger mündigen Debattierenden auf sein Alter ist daher häufig nur das Mittel zum Zweck. Es zeugt doch eher von Schwäche und dem Mangel an Argumenten, sich so zu verhalten – vor allem, da man als Älterer den Jüngeren ein Vorbild sein sollte. Viel „erwachsener“ wäre es doch, wenn der Ältere seinen Fehler eingestehen würde – oder die Diskussion, wenn sie nirgendwo hinführt, auflösen, da keine Einigung in Sicht ist. Denn selbst wenn er vorher im Recht gewesen wäre, katapultiert er sich mit dem Scheinargument des Alters selbst ins Unrecht. Und das eigene Falschliegen einzugestehen, würde doch von weit mehr Größe zeugen, als darauf zu beharren. Schließlich wusste schon Johann Wolfgang von Goethe: „Es irrt der Mensch, solang er strebt.“ Und das zuzugeben, ist auch eine Erfüllung der Verantwortung gegenüber den Jüngeren.

Wir haben genug davon, dass die Geschichten immer nur von den Alten erzählt werden. Deswegen haben wir den Stift selbst in die Hand genommen, sind durch die Lande gezogen, haben Geschichten und Menschen gesucht, gefunden und alles aufgeschrieben, was uns untergekommen ist. Wir haben unsere Smartphones und Kameras gezückt und Fotos und Videos gemacht. Auf funky zeigen wir euch die Ergebnisse unserer Recherchen.