Meinung

Warum sich Leistungssport trotz des Stresses lohnt

Unser Autor betreibt Fechten neben der Schule als Leistungssport.
Unser Jugendreporter betreibt Fechten als Leistungssport. Wenn selbst am Wochenende der Wecker früh klingelt, fragt er sich manchmal, warum er das eigentlich macht. Warum ihm der Sport trotzdem Spaß macht, erklärt er hier.
Von Hugo Salus, Klasse 8c, Berlin International School

Es ist fünf Uhr morgens und der Wecker klingelt. Am liebsten würde ich mich umdrehen und weiterschlafen, es ist schließlich Sonntag. Aber heute steht mal wieder ein Fechtturnier an, also muss ich mich wirklich beeilen. In solchen Momenten frage ich mich: “Warum mache ich das überhaupt?”

Wie ich betreiben viele andere Jugendliche Leistungssport und stellen sich bestimmt auch öfter diese Frage. Neben der Schule haben wir Leistungssportler anstrengende Training unter der Woche und Wettkämpfe am Wochenende. Da bleibt kaum noch Zeit für Freunde und Freizeit. Trotzdem nehmen die Leistungssportler den Stress in Kauf.

Die Wettkämpfe gleichen einem Adrenalinrausch

Heute früh fahre ich mit meinem Vater nach Dresden. Viele Namen und Gesichter kenne ich schon. In der Halle ist die Anspannung groß, schließlich möchte jeder gewinnen. Nach der Vorrunde und Zwischenrunde bin ich an Platz 5 gesetzt. Das ist eigentlich eine komfortable Position für die Hauptrunde/16er Finale. Doch gleich das erste Gefecht läuft gar nicht nach Plan. Schnell liege ich 2:5 im Rückstand. In der Pause versuche ich mich zu konzentrieren und mir etwas einfallen zu lassen. Ich hole auf 5:7 auf, trotzdem reicht es nicht. Nach drei Minuten ist schon die nächste Pause. Mein Trainer gibt mir Tipps und motiviert mich. Auch meine Fechtfreunde feuern mich an. Im letzten Drittel steht es dann kurz vor Schluss 8:13 für meinen Gegner. Ihm fehlen noch 2 Treffer zum Sieg, und ich bin raus. Schweiß, Tränen und das Adrenalin, das in meinen Adern pumpt, bringen mich zum 14:14. Die Zeit ist fast um und meine Herz rast wie wild, aber ich weiß, ich kann es schaffen.

Manchmal ist es schwer, mit Misserfolgen und dem Druck umzugehen

Das Glück und die Freude, die ich empfinde, nachdem ich den entscheidenden Siegtreffer gesetzt habe, sind unbeschreiblich. Nach einer kurzen Pause geht es mit dem nächsten Gegner weiter.  Am Ende eines langen Turniertages lande ich auf dem 3 Platz. Auf der Rückfahrt nach Hause bin ich glücklich und zufrieden, schlafe aber schon bald vor Erschöpfung ein. Der heutige Tag lief gut: ein Platz auf dem Treppchen und viele wichtige Ranglistenpunkte auf dem Weg zur Deutschen Meisterschaft. Leider geht es nicht immer so gut aus. Manchmal merke ich schnell, dass ich einen schlechten Tag erwischt habe, oder ich komme mit dem Druck nicht klar. Wenn dann mehrere Turniere hintereinander nicht gut laufen, ist der Frust groß und ich frage mich, ob sich der ganze Einsatz überhaupt lohnt.

Schlimm sind auch Verletzungen, die einen aufhalten, weil man weniger intensiv trainieren kann oder sogar gar nicht. So geht es gerade einem Freund, der für 3 Monate pausieren muss, was ihn sehr bedrückt. Er glaubt, dass er sich wahrscheinlich dieses Jahr deshalb nicht für die Deutschen Meisterschaften qualifizieren kann. Das beeinträchtigt uns alle, weil er ein wichtiger Teil unseres Teams ist.

Der Spagat zwischen Schule und Leistungssport ist schwer

Die langen und anstrengenden Trainingseinheiten unter der Woche belasten mich auch sehr. Morgens bin ich oft erschöpft vom Training am Abend davor. Nach der Schule geht es gleich wieder los; die Hausaufgaben erledige ich teilweise im Auto, den Rest dann spät abends nach dem Training. Manchmal habe ich keine Lust aufs Training, weil ich müde bin, viele Hausaufgaben aufhabe, oder weil ich weiß, dass meine Schulfreunde sich am Nachmittag verabreden oder einfach entspannen. Meistens gehe ich trotzdem zum Training und die Lust ist wieder da, sobald ich in der Halle stehe und mich mit meinen Fechtfreunden einfechte. Dann spüre ich: das ist mein Sport und der Stress lohnt sich.

Natürlich habe ich Träume und Ziele. Ob sie sich verwirklichen lassen, weiß ich nicht. Vielleicht muss ich irgendwann aufhören oder mich mehr auf die Schule konzentrieren. Solange es geht, möchte ich aber weitermachen. Denn bei allem Stress, macht mir mein Sport immer noch Spaß.

Von Reinickendorf bis Bochum, von Fulda bis Ottensen – überall schreiben Schülerinnen und Schüler Artikel über das, was um sie herum passiert. Jeder und jede aus ihrer eigenen Sichtweise, mit eigener Meinung und eigenem Schwerpunkt. Bei all den Unterschieden eint sie, dass sie mit ihrer Klasse an MEDIACAMPUS teilnehmen, dem medienpädagogischen Projekt der Funke Mediengruppe. Das erlernte Wissen wenden sie dann praktisch an, indem sie erste journalistische Texte schreiben. Auf funky können sie die Früchte ihrer Arbeit präsentieren.